Kultur | salto afternoon

Mathematik und Wirklichkeit

Oder Kultur im postfaktischen Zeitalter. Die neue Ausgabe der Zeitschrift Kulturelemente sucht nach Schnittmengen von Mathematik und Kultur.
Mathematik und Kunst.jpg
Foto: Pop-Up Galerie

Einerseits wissen Algorithmen was wir wollen und wünschen, andererseits ist der akademische Elfenbeinturm der Wissenschaften, so auch der Mathematik, abgeschieden wie eh und je. Die Herausgeber der Distel - Vereinigung stellen die Frage inwiefern mathematische und formalwissenschaftliche Erkenntnisse tatsächlich Eingang in unseren Alltag und in unsere Kultur finden.

Erhellende Antworten darauf finden Autoren und Autorinnen aus unterschiedlichsten Bereichen, die in ihren Beiträgen die weitverzweigten Beziehungen zwischen Kultur und Wissenschaft analysieren. Unter anderem untersuchen die Beiträge die Schnittmenge von Mathematik mit Kino, Theater, Musik und bildender Kunst. Weshalb finden beispielsweise Farben keinen Eingang in Formeln? Muss Logik schwarz auf weiß sein? Und lässt sich die schwarz-weiße Zahlenmaterie mit den Emotionen des Theaterspielens in Einklang bringen? Wo liegt der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Mathematik und Glauben? Ist es die 313, das Autokennzeichen von Donald Duck, oder sind es – frei nach Leibniz, dessen Tod sich 2016 zum 300. Mal jährte – zwei Paralleluniversen, die einander nie treffen aber auch nicht ausschließen?

Ein kunsthistorisch-philologischer Exkurs in die antike und mittelalterliche Zahlenmystik erhellt nicht nur, warum die magischen Zahlen 3 und 4 zu den ebenso magischen Zahlen 7 (3+4) und 12 (3×4) führen, sondern erklärt auch die gemeinsame semantische Herkunft der Begriffe Ziffer und Chiffre. Auf die große Frage: Woran glauben? findet der Mathematiker und Naturwissenschaftler Rudolf Taschner in seinem einleitenden Text Orientierungshilfen im Zwischenmenschlichen.

Muss Logik schwarz auf weiß sein?

In der Kulturelemente 130 wird auch der Frage nachgegangen, wo und wie seriös mathematisches Wissen im gegenwärtigen Kulturschaffen Anwendung findet. Welchen besseren Ort in Südtirol würde es derzeit geben um diese Ausgabe vorzustellen, als die Pop-Up Galerie Y–Contemporary in Bozen. Bis zum 19. Jänner ist hier die Einzelausstellung The Edge of the Edge von Paolo Bottarelli zu sehen. Nach einem Kunststudium in Venedig hat Paolo Bottarelli 10 Jahre lang professionell Schach gespielt. In dieser Zeit widmete er sich dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften. Wieder zum Kunstschaffen zurückgekehrt, versucht er nun gewonnene Erkenntnisse mit seiner Kunst zu vermitteln. Ein ausführliche Ausstellungsrezension, sowie ein Gespräch mit dem Künstler hat Salto bereits publiziert.


Vorgestellt wird die Kulturelemente 130 am Mittwoch, 11. Jänner um 19 Uhr in der Pop-Up Galerie Y–Contemporary in der Rosministrasse 48 in Bozen. Neben der Vorstellung der Kulturelemente 130 zu Mathematik und Wirklichkeit durch Haimo Perkmann, spricht Paolo Bottarelli über Mathematik und Kunst. Eva von Ingram Harpf, die Kuratorin und Betreiberin der Y–Contemporary wird anschließend durch die Ausstellung führen. 

Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Di., 10.01.2017 - 17:09

"Weshalb finden beispielsweise Farben keinen Eingang in Formeln?"
Mit was glauben Sie arbeiten Bildbearbeitungsprogramme? Intution? Eine Copmputerseele? ODER Algorithmen? :-))))
"Muss Logik schwarz auf weiß sein?"
Es gibt verschiedene Formen von Logik, außer der Aristotelischen/Booleschen, gibt es unter anderem die Fuzzy-Logik, die doch schon seit langem zumindest als Buzzword in den Mainstream gelagt ist. Es gibt aus diskrete polyvalente Logiken
"Und lässt sich die schwarz-weiße Zahlenmaterie mit den Emotionen des Theaterspielens in Einklang bringen?"
Was ist hier mit schwarz-weiße Zahlenmaterie gemeint? Es gibt jedenfalls schon Programme die Stimmungen von Personen feststellen können, zu schauspielenden Automaten die den Ansprüchen einies menschlichen Publikums erfüllen und das uncanny valley durchquert haben, ist nur ein gradueller Schritt.

"Wo liegt der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Mathematik und Glauben? Ist es die 313, das Autokennzeichen von Donald Duck,"
Hier ist aufzupassen Numerologie nicht mit zu Verwechseln. Das ist eine schwere Sünde!

" oder sind es – frei nach Leibniz, dessen Tod sich 2016 zum 300. Mal jährte – zwei Paralleluniversen, die einander nie treffen aber auch nicht ausschließen?"
Die Mathematik schöpft aus sich selbst und hat keinen Bezug zur realen Welt. Die Mathematik kommt aber zum Zug in den naturwissenschaftlichen Fächern als Hilfsmittel empirische Phänomene zu Beschreiben. Der Glauben hat auch den Anspruch Aussagen über die reale Welt zu machen. Hier sind Naturwissenschaften und Glauben teilweise unvereinbar.

Di., 10.01.2017 - 17:09 Permalink