Gesellschaft | Kommentar

Schamloses Abschreiben

Die Salto-Enthüllungen zum BBT-Streit erlauben auch einen tiefen Einblick in Südtirols Medienwelt, wo journalistische Redlichkeit eher dünn gesät ist.
Jeder echte Journalist und jede echte Journalistin kennen das. Der bei uns gebrauchte italienische Terminus umschreibt sowohl die Aktion, als auch den Gemütszustand am besten: „buco“. Auf deutsch übersetzt „gelöchert“, klingt es bei weitem nicht so gut. 
Den buco bekommt man. Es ist die Enthüllung oder die Exklusivmeldung eines Konkurrenzmediums, die man selbst nicht hat. Der buco ist wie eine Watschen, er kommt völlig unerwartet, aus heiterem Himmel und vor allem tut er weh.
Es sind jene Momente, wo wirklich Neid aufkommt. Neid, dass die anderen schneller und besser waren als du selbst. Wer seinen Beruf aus Leidenschaft ausübt, der ärgert sich auch über die Kollegin oder den Kollegen, die einen gelöchert haben.
Gleichzeit schwingt im Zorn aber auch Respekt vor der Leistung der Konkurrenz mit. Diese Anerkennung drückt man damit aus, dass man dann, wenn man selbst die Nachricht übernimmt, die Urheberschaft der Meldung zitiert.
So ist es jedenfalls weltweit. Außer in Südtirol.
 
Der buco ist wie eine Watschen, er kommt völlig unerwartet, aus heiterem Himmel und vor allem tut er weh.
 
Deutlich wird das – wieder einmal - an der Enthüllung zur Abberufung der beiden Vorstände der BBT SE, Konrad Bergmeister und Raffaele Zurlo. Salto.bz hat die Exklusivstory am Montag früh gebracht. Die Meldung hat weit über die Grenzen Südtirols hinaus Widerhall gefunden und für Aufsehen gesorgt.
Als erstes übernahm die Tiroler Tageszeitung online die Story. Dabei wird – wie es sich gehört – auch die Quelle der Nachricht salto.bz zitiert. Auch RAI-Südtirol zitierte ausführlich woher die Nachricht kommt. Ebenso der Wiener Standard, der ORF, der Kurier und die APA. Dort heißt es überall „das Südtiroler Onlineportal Salto.bz hat berichtet“.
 
 
Schaut man sich aber Südtirols Medienlandschaft an, so sieht das Ganze etwas anders aus. Dort liefert man sich ein Rennen, wer es schamloser schafft, die Quelle der Story zu verstecken und von der eigenen journalistischen Zerstreutheit abzulenken. Südtirols Medien schreiben die Salto-Enthüllung ab und winden sich dabei floskelreich, um ja nicht das kleinste Pflänzchen im Südtiroler Medienkosmos erwähnen zu müssen.
 
 
Bei der Tageszeitung „Dolomiten“, die am Dienstag die Nachricht als Titelgeschichte bringt, ist diese Haltung Programm. Dass für den Athesia-Konzern und dessen Besitzer, der Autor und das Medium, das er leitet, ein No-go sind, ist eine Tatsache, die durchaus nachvollziehbare Gründe hat. Jedenfalls wundern braucht man sich hier nicht.
Der „Alto Adige“ gehört inzwischen ebenso der Familie Ebner. Er gebraucht die wunderbare Floskel: „La notizia conferma....“ Woher die notizia allerdings kommt, dürfen die Leserinnen und Leser nicht wissen. Dafür schreibt man den gesamten salto-Artikel schön übersetzt ab. Aber auch das gehört zum Programm. Fast täglich erscheinen in der größten italienischen Tageszeitung Südtirols Artikel, die eins zu eins aus salto.bz abgeschrieben sind. Natürlich ohne Hinweis auf die Quelle. Ich könnte Ihnen eine ganze Mappe vorlegen.
Südtirols Medien schreiben die Salto-Enthüllung ab und winden sich dabei floskelreich, um ja nicht das kleinste Pflänzchen im Südtiroler Medienkosmos erwähnen zu müssen.
 
Das Schützenportal „unsertirol24“ darf ein „bilinguisches Linksportal" (O-Ton des Herausgebers und des im Hauptberuf vom Land bezahlten Pressesprechers Georg Dekas) natürlich nicht zitieren. Dort schielt man chronisch ins Vaterland und zitiert stolz die „Tiroler Tageszeitung“.
Dasselbe perfide Spiel liefert aber auch die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ ab. Auch dort schreibt man heute auf einer ganzen Seite die Salto-Enthüllung ab. Ohne auch nur einmal salto.bz zu nennen. Dafür zitiert man auch hier die Tiroler Tageszeitung.
Der Autor dieser Zeilen gehörte vor 23 Jahren zur Gründungsmannschaft der „Neue Südtiroler Tageszeitung“, für die er danach 16 Jahre lang als Redakteur tätig war. Damals wollten wir eine Zeitung machen, „die anders und eine echte Alternative zu Dolomiten sein sollte“. Davon scheint heute wenig übriggeblieben zu sein.
 
Journalisten sind von Natur aus eitel. Und es ist für uns eine echte Genugtuung, wenn salto.bz in Wien, Rom und Hamburg zitiert wird.
Dass man im eigenen kleinen Land anscheinend damit Bauchweh hat, sagt einiges über die Güte des Südtiroler Journalismus aus.
Und noch mehr über die Redlichkeit der Journalisten.
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Harald Knoflach Di., 13.08.2019 - 12:27

Antwort auf von Michael Kerschbaumer

ich finde es gut, dass franceschini diese machenschaften aufzeigt. das hat nichts mit wehleidigkeit zu tun. diese praxis der erwähnten südtiroler medien ist nicht nur lächerlich und respektlos, sondern m. e. ein schwerwiegender verstoß gegen die journalistische ethik. das zeigt auch die tatsache, dass sämtliche medien außerhalb südtirols die geschichte mit anstand und wie es sich gehört übernommen haben (wobei sich die tt gegenüber markus wilhelm ja ähnlich lächerlich verhalten hat). und gratulation auch zur bbt-geschichte.

Di., 13.08.2019 - 12:27 Permalink
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Marcus A. Di., 13.08.2019 - 13:11

Sehr schwach.....
Verwundert allerdings nicht.
Besonders von den Schreiberlingen vom daily paper (von Journalisten kann man besten Willen nicht sprechen) kann man außer irgendwelchen Berichten von Sonntagsreden und Festumzügen nicht viel erwarten.

Es ist gut, dass diese Sachen aufgezeigt werden

Di., 13.08.2019 - 13:11 Permalink
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Hans Tsrigauner Di., 13.08.2019 - 13:53

Wirklich ein Wahnsinn was die Athesia Blätter sich alles erlauben!

Interessant ist auch was s*ol.it getitelt hat: "Bergmeister ist der Mister BBT"
Nicht nur die Schlagzeile, auch darunter wird versucht Bergmeister ja nicht negativ darzustellen.
Wahrscheinlich gibt es hier auch eine geldbringende Verbindung?

Di., 13.08.2019 - 13:53 Permalink
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Papi llon Di., 13.08.2019 - 23:25

Antwort auf von Hans Tsrigauner

Da Bergmeister nicht nur Ingenieur ist sondern mit 2 DDR Titel auch anderweitig in Südtirol in Erscheinung tritt ist Er offensichtlich auch beim „Tagblatt der Südtiroler“ in jeder Hinsicht willkommen.
Da viele „Südtiroler“ in Wien ihr Studium machten liegt es auf der Hand dass so Mancher von Denen glaubt dass ihre Ebene des Daseins einem Gelübde gleich Alles in Linie passieren muss.

Di., 13.08.2019 - 23:25 Permalink
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Peter Gasser Di., 20.08.2019 - 19:25

Antwort auf von Brenner Flo

Das ist eine ganz einfache Sache: in Italien schliesst man ein Universitätsstudium mit dem dottore ab.
Läßt man sich nun das in Österreich mit dem Magister oder DiplomIngenieur abgeschlossenen Studium so wie es das Gesetz verlangt, von einer italienischen Uni anerkennen, was wird auf dem italienischen Diplom stehen? ... eben dottore.
Da kann niemand was dafür, dass das so ist.

Di., 20.08.2019 - 19:25 Permalink
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Karl Egger Di., 13.08.2019 - 16:14

stol.it steht für mich seit jeher für journalistisches Dilettantentum. Die Paar Artikel die nicht von der dpa oder irgend einer anderen Presseagentur übernommen werden, haben bestenfalls Schülerzeitungs-Niveau... Von der furchtbaren App ganz zu schweigen... Ich kann mich nicht erinnern jemals einen interessanten, oder auch nur kritischen Artikel dort gelesen zu haben.

Di., 13.08.2019 - 16:14 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Mi., 14.08.2019 - 07:39

Für mich ist SALTO,der professionellste,wahrheitsgetreueste,neutralste Berichterstatter in der gesamten Südtiroler Medienwelt.Danke an Herrn Franceschini und das gesamte Schreiberteam! Athesia ist dazu nur ein armes "Würstchen"

Mi., 14.08.2019 - 07:39 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 14.08.2019 - 08:46

"Der Autor dieser Zeilen gehörte vor 23 Jahren zur Gründungsmannschaft der „Neue Südtiroler Tageszeitung“, für die er danach 16 Jahre lang als Redakteur tätig war. Damals wollten wir eine Zeitung machen, „die anders und eine echte Alternative zu Dolomiten sein sollte“. Davon scheint heute wenig übriggeblieben zu sein."
Herr Franceschini, eine Alternative zur Dolomiten ist sie doch und zwar insofern: Je weniger die Dolomiten dem Landeshauptmann zu Wort kommen lässt, um so mehr versucht die Tageszeitung, das auszugleichen. Zum Beispiel widmet sie ihm heute ein ganzseitiges Interview. Die Tageszeitung ( Arnold Tribus) hatte schon bei Durnwalder ein eher unterwürfiges Verhältnis. Aber auch salto.bz (Franceschini) tut sich bei der Kritik der Landesregierung und speziell des Landeshautmannes nicht sonderlich hervor. Das war auch bei Durnwalder schon so!?

Mi., 14.08.2019 - 08:46 Permalink
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Paolo Florio Do., 22.08.2019 - 09:28

Caro Christoph, nulla di nuovo sotto il sole purtroppo, potrei citarti decine di precedenti di "furti" di notizie - riguardanti miei articoli ma anche di altri colleghi - ai quali si aggiunge l'altro vezzo delle "grandi" testate che disdegnano di citare quelle ritenute più piccole: il furto di foto. Con sommo sprezzo del lavoro fatto da qualcun altro. Ma in questo mestiere non dovrebbe esistere ancora quella cosa chiamata deontologia?

Do., 22.08.2019 - 09:28 Permalink
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S. Bernhard Mi., 28.08.2019 - 14:25

Dass das "Bauernblatt" journalistisch wenig bzw. gar nichts zu bieten hat ist doch seit jeher bekannt. Internationale Meldungen werden von den diversen Presseagenturen übernommen, auf Landesebene berichtet man stolz über diverse Dorffeste und irgendwelchen uninteressanten Krims-Krams. Lächerlich. Der Zielgruppe wird's genügen. Hauptsache man lobt die Bauern, wettert gegen den Wolf und versucht mit komischen Kommentaren den LH zu diffamieren, indem man den vorbestraften (verurteilten) Vorgänger in den Himmel lobt und den Lehrbub auf ein Podest stellt. Das sagt eigentlich schon alles. Danke Herr Franceschini, Ihr Medium ist mittlerweile das einzig lesbare in unserem (schein)-heiligen Land.

Mi., 28.08.2019 - 14:25 Permalink