Politik | Standseilbahn Meran

Alles noch offen

„Fortsetzung folgt“, hieß es bei der gestrigen Meraner Gemeinderatssitzung zum umstrittenen Thema Standseilbahn Meran – Schenna.
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Foto: Stadtgemeinde Meran

Den gesamten Tag über hatten Martin Vallazza, Direktor des Ressorts Mobilität, und Alexander Alber vom Landesamt für Infrastruktur und nachhaltige Mobilität gestern (15. Februar) die Bevölkerung über das Projekt Standseilbahn Meran – Schenna informiert. Über 500 interessierte Bürger und Bürgerinnen waren zum Infoday gekommen, der in Meran, Schenna und Dorf Tirol vom Land, der STA Südtiroler Transportstrukturen AG sowie den drei betroffenen Gemeinden organisiert wurde. Nach dem Diskussions-Marathon sollten die beiden Techniker auch noch auf der Gemeinderatssitzung den Mitgliedern der Oppositionsparteien Rede und Antwort stehen. Aus Respekt ihnen gegenüber ersuchte Bürgermeister Dario Dal Medico zu fortgeschrittener Stunde die Anwesenden um die Genehmigung für eine Vertagung der Sitzung, die in wenigen Wochen fortgesetzt werden sollte. Die Gemeindeverwaltung hatte die Sitzung auf Antrag von 13 Gemeinderäten und Gemeinderätinnen von den Liste Rösch/Grüne, dem PD und der Fraktion Ökosoziale Linke mit der Begründung einberufen, dass sie am Prozess der Verbesserung des in Rom eingereichten Projekts mitwirken wollten. Dementsprechend lang und umfangreich waren auch die Fragen der Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, wobei Madeleine Rohrer von der Liste Rösch/Grüne nicht umhin konnte zu bemerken, dass es anscheinend keine Fragen aus den Reihen der Stadtregierung gebe, was der Ratsvorsitzende Christoph Mitterhofer (SVP) allerdings mit der Bemerkung quittierte: „Das ist ja das schöne, wenn man an der Regierung ist: Man hat einen etwas besseren Draht.“

 

 

„Das Projekt sieht eine Straßen unabhängige Verbindung zwischen Meran und Schenna vor“, erklärte Martin Vallazza. Der Ressort- und Abteilungsdirektor für den Bereich Infrastrukturen und Mobilität erläutere dabei den Kontext des Projektes, das in Zusammenhang mit dem Klimaplan des Landes steht. Dieser sieht unter anderem vor, die Personenkilometer, sprich die genutzten/gefahrenen Kilometer um 70 Prozent bis zum Jahr 2030 und 100 Prozent bis 2037 im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu erhöhen. Gleichzeitig soll eine Reduktion des Individualverkehrs um 40 Prozent bis zum Jahr 2040 erreicht werden. Auch hinsichtlich des touristischen Verkehrs hat man sich weitreichende Ziele gesteckt, so sollen ab Eröffnung des BBT künftig 25 Prozent der Gäste mit der Bahn anreisen. Gleichzeitig wird an der Fertigstellung des Landesmobilitätsplanes gearbeitet, wo konkrete Lösungs- und Mobilitätskonzepte zum Erreichen der im Klimaplan festgelegten Ziele aufgezeigt werden.

 

Das Land kann die Angebote und Anreize für ihre Nutzung geben, letztendlich müssen wir alle sie jedoch auch annehmen, um diese Wende zu vollziehen.

 

„Das Land kann die Angebote und Anreize für ihre Nutzung geben, letztendlich müssen wir alle sie jedoch auch annehmen, um diese Wende zu vollziehen“, so Vallazza, der in diesem Zusammenhang die Elektrifizierung der Vinschger Bahn und den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Bozen – Meran nannte. Noch nie seien so viele Geldmittel in den Ausbau der Bahn investiert worden, erklärte Vallazza und betonte, dass dies ein sichtbares Zeichen für die Mobilitätswende sei. Auf Basis von Verkehrszählungen konnte festgestellt werden, dass in Meran rund 200.000 Bewegungen registriert werden, wobei rund 45 Prozent innerhalb der Gemeindegrenzen stattfinden, aber rund 55 Prozent von Außerhalb kommen. Deshalb dürfe man Mobilität nicht unabhängig von den umliegenden Gemeinden betrachten, ein Gesamtkonzept sei deshalb gefragt. „Auch das Seilbahnprojekt muss Teil eines Gesamtkonzeptes sein, das Bus- und Fahrradmobilität miteinschließt“, so Vallazza. Während mit der Nord-West-Umfahrung eine Entlastung für das Stadtzentrum geschaffen wird und eine bessere Erreichbarkeit für Dorf Tirol und das Passeiertal erzielt wird, sind die Verkehrsprobleme in den Mobilitäts-Hotspots Ober- und Untermais damit noch nicht gelöst. „Gerade hier kann die neue Standseilbahn einen effizienten Beitrag leisten“, so der Ressort-Direktor. Im letzten Sommer hat sich die Gelegenheit ergeben, im Rahmen der PNRR-Fördermaßnahmen an finanzielle Mittel für Projekte im Mobilitätsbereich zu gelangen. Entsprechende Projekte mussten jedoch bereits bis 31. August 2022 im zuständigen Ministerium eingereicht werden.

 

Wir hatten knapp zweieinhalb Monate Zeit, ein Projekt einzureichen. Weil es zu einer Standseilbahn in Meran bereits eine beträchtliche Vorgeschichte gibt, haben wir uns für dieses Projekt entschieden.

 

„Wir hatten knapp zweieinhalb Monate Zeit, ein Projekt einzureichen. Weil es zu einer Standseilbahn in Meran bereits eine beträchtliche Vorgeschichte gibt, haben wir uns für dieses Projekt entschieden“, so Vallazza, der erklärte, dass man sich umgehend mit den betroffenen Gemeinden in Verbindung gesetzt habe und in Abstimmung mit ihnen ein Projekt eingereicht habe. Zwar habe man einen Tag vor Einreichen das Projekt im Rahmen einer Bürgerversammlung noch vorstellen können, allerdings sei nicht viel Zeit für eine Diskussion geblieben. Bereits damals habe man jedoch klargestellt, dass so ein Projekt ohne die staatliche Sonderfinanzierung nur schwer umsetzbar sei. Mit der Finanzierungszusage wollte man dann in die effektive Planung gehen und mit allen Beteiligten ins Gespräch kommen. „Diesen Prozess haben wir mit dem heutigen Infoday gestartet“, so der Ressort-Direktor. Auf Basis der Rückmeldungen seitens der Bevölkerung werde man das Projekt optimieren und mögliche Änderungen technisch überprüfen. „Innerhalb der nächsten drei Monate werden wir die Optimierungsphase durchführen und anschließend gemeinsam mit den Gemeinden eine Bewertung vornehmen, in welche Richtung das Projekt weiterentwickelt werden soll“, so Vallazza.

 

 

 

Konkreter auf das Projekt gingt Ingenieur Alexander Alber vom Landesamt für Infrastruktur und nachhaltige Mobilität ein und erläuterte eingangs die Problemfelder und Herausforderungen, zu denen starke Touristenströme während der Hauptsaisonen, viel Bus- sowie Individualverkehr im Zentrumsbereich gehören. „Wir müssen die Gemeinden verbinden und die wichtigsten Knotenpunkte wie Krankenhaus, Schulen und das neue Mobilitätszentrum am Bahnhof miteinander verbinden“, so Alber. Ziel sei es, im Stadtzentrum den Verkehr grundsätzlich zu reduzieren und konkrete Maßnahmen hinsichtlich Mobilitätswende zu setzen. In relativ kurzer Zeit haben Ingenieur Stefano Ciurnelli und Ingenieur Andrea Boghetto ein Vorprojekt über die technische und wirtschaftliche Machbarkeit ausgearbeitet, in welchem verschiedene Szenarien und Varianten berücksichtigt worden sind. So ist in der Variante B1 die Talstation in der Karl-Wolf-Straße eingeplant, in der Variante B2 hingegen in der Galileo-Galilei-Straße. Eine Version kam sogar ohne Untertunnelung des Küchelberg-Tunnels aus. Diese Varianten wurden laut Alber auch deshalb erstellt und durchgerechnet, um dem Ministerium gegenüber vermitteln zu können, dass es sich dabei, gemeinsam mit einer Schnell-Bus-Linie, um ein integriertes Gesamtkonzept handelt, das den gewünschten Effekt – nämliche eine Verkehrsentlastung von Meran – gewährleisten soll. So soll eine Haltestelle in der Handwerkerzone von Dorf Tirol eingerichtet werden, womit es den Pendlern bequem ermöglicht wird, innerhalb weniger Minuten von diesem Standpunkt aus das Meraner Stadtzentrum zu erreichen. Aber auch andere Knotenpunkte wie Meran 2000, die Gärten von Schloss Trauttmannsdorff sowie Ober- und Untermais finden darin ihre Berücksichtigung. Welche Variante dann schlussendlich umgesetzt wird, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten entscheiden. Auch Änderungen hinsichtlich der Trassenführung wie beispielsweise die Miteinbeziehung einer Station am Bahnhof oder der Standort der Station in Schenna seien möglich und würden geprüft – letztendlich alles eine Frage der Finanzierung.

 

 

Was die Kosten betrifft, sind diese auf zwei Baulose aufgeteilt. Der Bau der Standseilbahn wird dabei mit rund 90 Millionen Euro ins Gewicht fallen, das Bussystem wird an die 17 Millionen Euro kosten, in Summe also in etwas 107,6 Millionen Euro, wobei 37,5 Millionen Euro aus den Mitteln für den staatlichen Wiederaufbaufond (PNRR) fließen werden, so Vallazza, der abschließend betonte, dass es sich nicht um ein Projekt des Landes handle, sondern ein Projekt für alle Bürger und Bürgerinnen der betroffenen Gemeinden.

 

Es ist ein aufwändiges und teures Projekt. Die Realisierung hat nur einen Sinn, wenn es auch einen Mehrwert für die Bevölkerung bringt und die Gemeinden dahinter stehen.

 

Fragestunde

Den Anfang der Fragestunde machte Madeleine Rohrer, die ein ganzes Konvolut an Fragen vorbrachte: angefangen bei der fehlenden Anbindung von Dorf Tirol bzw. die Zukunft des Sessellifts innerhalb des Mobilitätskonzeptes über die Trassenführung und das Depot für die neuen Elektro-Busse bis hin zur Finanzierung. Auch die Gemeinderäte Daniela Rossi vom PD, Olivia Kieser und Johannes Ordner von der Liste Rösch/Grüne hatten zahlreiche Fragen vorbereitet, welche ebenfalls die Finanzierung betrafen sowie die Auswirkungen einer möglichen Talstation auf das sogenannte Musikerviertel, die Busverbindung von und nach Schenna sowie nach Ober- und Untermais, Auslastungsanalysen der Standseilbahn und mögliche Szenarien hinsichtlich der Pendlerfrequenz in der Karl-Wolf- und Galileo-Galilei-Straße, die Auswirkungen auf die letzten Auwaldreste in Meran bzw. deren Erhalt und die Anbindung an das Naherholungsgebiet Lazag.

 

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Josef Fulterer Do., 16.02.2023 - 19:13

Wenn PNRR-Gelder / Beiträge in Aussicht sind, setzt bei der Obrigkeit anscheinend der Verstand aus.
Für derartige Untergrund-Lösungen ist die Stadt Meran, wohl um rund 1 Mio. Einwohner zu klein.
Warum verbindet man nicht Schenna und auch Tirol mit mit kurzen deutlich günstigeren Pendelbahnen,
die nach Bedarf fahren,
+ beide Orte in wenigen Minuten verbinden,
+ zudem noch viel weniger Strom verbrauchen,
+ deutlich geringere Wartungskosten verursachen.
Die mit der Standseilbahn nicht gelösten sehr wichtigen Anbindungen zum Zugbahnhof, können die Städtischen Ringbuslinien viel flexibler erledigen.

Do., 16.02.2023 - 19:13 Permalink
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Karl Trojer Fr., 17.02.2023 - 11:42

Effizienter, zukunftsfähiger, landschaftsschonender und kostengünstiger wäre eine Lösung mit dem SKYBUS-System. Dabei handelt es sich um ein in Südtirol entwickeltes Seilbahnsystem, bei dem selbstfahrende 35-Personen-Seilbusse vollautomatisch auf fixen Tragseilen im Minutentakt verkehren. Die Stationen können bedarfsgerecht beliebig positioniert werden (z.B. vom Zugbahnhof Meran, zum Kursaal, weiter nach Obermais, zum Gewerbegebiet mit Abzweigungen im 2-Minutentakt nach Dorf Tirol bzw. nach Schenna, und retour.) Förderleistung 2.100 Personenn/Stunde. Stützenabstand nach Bedarf, im Mittel 350m.

Fr., 17.02.2023 - 11:42 Permalink