Gesellschaft | Hofburggarten

Geburtstagsgrüße aus Brixen

André Heller soll den neuen Hofburggarten in Brixen gestalten, der seit 14 Jahren kaum zugänglich ist. Einige BürgerInnen fordern nun, das Millionenprojekt zu überdenken.
Hofburggarten Heller
Foto: André Heller

Die Initiativgruppe für einen offenen Hofburggarten wendet sich mit einem Geburtstagswunsch an den Wiener Künstler André Heller. Sie fordern das Millionenprojekt, das der Künstler im Brixner Hofburggarten gestalten soll, zum Wohle der einheimischen Bevölkerung und im Bewusstsein der Werte, die Heller selbst vertrete, zu überdenken:

 

Sehr geehrter Herr Heller,

auch aus Brixen in Südtirol erreichen Sie beste Glückwünsche zu Ihrem 75. Geburtstag. Ihr Oeuvre, ihre Vielseitigkeit als Autor, bildender Künstler, Musiker und Multi-Media-Wizard über so lange Zeit hinweg sind international anerkannt und werden auch von uns gewürdigt. Sie pflegen in den letzten Jahren eine besondere Beziehung zu unserer Stadt, in der sie auf Wunsch der Mehrheit im Gemeinderat Brixen den bischöflichen Hofburggarten im Ausmaß von 2,3 ha neu gestalten sollen. Die Diözese Bozen-Brixen hat ihn seit 2008 der Gemeinde zur Miete anvertraut, in bald 14 Jahren war er nur ein Jahr lang zugänglich.

Die Gemeinde hat sich mit der Bürgerschaft auf partizipativem Weg zunächst darum bemüht, für den Garten eine passende Nutzung zu finden und glaubte 2015 eine möglichst allen dienliche Lösung gefunden zu haben: Einen Obst- und Pflanzengarten von Nutz- und Erholungswert, passend zu Geschichte, aktuellen Erfordernissen und Auflagen der Denkmalpfleger, offen für Bürger und Gäste. Ein ansprechender Entwurf zu überschaubaren Kosten, den aber die neue Gemeindeverwaltung ab 2017 versenkt hat. Denn neue Besen kehren gut: Und so fanden der neue Bürgermeister und der Stadtrat, im Verein mit Landeshauptmann, Bischof und Tourismusgenossenschaft, im Juni 2017 einen neuen Garten-Gestalter: Sie, Herr Heller.

 

Sie kamen, sahen, und gewannen die Herzen vieler, wenn auch nicht aller Brixner*innen.

 

Sie kamen, sahen, und gewannen die Herzen vieler, wenn auch nicht aller Brixner*innen. Im Spätherbst 2017 präsentierten Sie Vertretern aus Gemeinde, Politik, Wirtschaft und Kirche und einem ausgewählten Publikum von ca. 250 Personen Ihre Ideenskizze: Inmitten eines Apfelgartens ein innerer Kern von einem knappen Hektar, konzipiert als Wunderkammer von Kunst und Installationen, die Erweckung und Spiritualität, Überraschung und Erbauung versprach. Die meisten Anwesenden waren fasziniert von Ihrem Auftritt und von der Aussicht, eine bleibende Attraktion zu gewinnen. Auch der Gemeinderat war beeindruckt: So wurde vor bald viereinhalb Jahren, am 14. Dezember 2017, Ihre Garten-Skizze mit großer Mehrheit und nur drei Enthaltungen vom Rat angenommen.

Seither, sehr geehrter Herr Heller, ist viel Zeit vergangen und die Öffentlichkeit Brixens weiß kaum mehr über Ihren Entwurf als bei der Vorstellung Ende 2017. Wohl aber wissen Bürgerinnen und Bürger, was der Garten kosten soll - rund 10 Miillionen Euro, darunter 1,2 Millionen Euro Honorar für Ihr Büro. Dabei handelt es sich um erhebliche Steuermittel. Bürgerinnen und Bürger wissen auch, dass sie den Garten, falls er kommt, nicht kostenfrei betreten dürfen. Sie werden Eintritt berappen müssen, zwar moderat, aber immerhin.

Zudem: Der von Ihnen angedachte Garten dient leider nicht primär uns Einheimischen, sondern als Attraktion für Gäste unserer Stadt. Besucher sollen einen Zaubergarten vorfinden, der einen Pflichtbesuch lohnt, ein Must-See für jährlich zehntausende Gäste. Unsere Begeisterung darüber hält sich in Grenzen: Die Menschen unserer Stadt benötigen keinen weiteren Magneten für Ströme von Tagestouristen, wohl aber mehr Öffentliches Grün. Wir sind besorgt, lieber Herr Heller: Wir Bürgerinnen und Bürger, der demokratische Souverän und Financier Ihres Projekts, wissen nicht, was geplant ist. Wir wissen nur, dass das Ganze teuer zu werden verspricht und der Lebensqualität unserer Stadt nur begrenzt dient.

Sie aber sollten wissen, dass der Enthusiasmus, den Sie im Gemeinderat 2017 erfahren haben, unter vielen Bewohnern Brixens längst abgeklungen ist. Die anfänglich breite Zustimmung ist stark geschrumpft. Denken Sie bitte an Ihre Bemerkung „Wir werden diesen Garten nur dann in höchster Güte verwirklichen können, wenn eine große Mehrheit der Brixner ihn energetisch mitträgt.“ Die erhoffte Energie ist im Schwinden, eine von uns initiierte Unterschriftenaktion hat bereits 2018 deutlich gemacht, dass Tausende Bürger:innen ihrem Projekt skeptisch begegnen und einen offenen Garten wünschen.

 

Bürgerinnen und Bürger wissen auch, dass sie den Garten, falls er kommt, nicht kostenfrei betreten dürfen.

 

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir uns weiterhin zur Wehr setzen werden: Es geht um unseren Lebensraum und unsere Steuermittel, aber auch um demokratische Transparenz, die wir bislang nicht vorgefunden haben. Und nicht nur wir wehren uns, auch die Südtiroler Architektenkammer ist gegen das Projekt vor Gericht gezogen: Bis jetzt mit Erfolg, die nächste Verhandlungsrunde steht Mitte Juni 2022 an. Sie, werter Herr Heller, sind gebeten, darüber nachzudenken, ob Ihr Projekt für Brixen nicht genau jene Grundsätze gefährdet, für die Sie eintreten: Spiritualität, Nachhaltigkeit, Verfeinerung und Tiefe. Es steht nicht nur die Lebensqualität unserer Stadt auf dem Spiel, sondern ein wenig auch Ihre Glaubwürdigkeit. Aber das soll nicht unsere Sorge sein. Wir sehen vielmehr, dass in Brixen ein kleines Lehrstück spielt, mit dem Thema, um das es weltweit geht: Um Nachhaltigkeit, um maßvollen Umgang mit Ressourcen und ja - ein wenig auch um das Klima.

Die angeführten Beweggründe veranlassen uns, die wir in dieser Stadt leben, sie kennen und lieben, zu entschiedenem Widerstand. In respektvoller, aber entschlossener Gegnerschaft. Diese Haltung soll auch an Ihrem Geburtstag nicht unerwähnt bleiben. Abschließend sei Ihr Landsmann Wolfgang Ambros zitiert, der jüngst in einem „Falter“-Interview zu seinem 70. Geburtstag über das Verhältnis zu Ihnen bemerkt hat: „Ich komme aus einer anderen Welt und ich glaube wir passen nicht so recht zusammen.“ Dem schließen wir uns an.

Wir wünschen eine stimmungsvolle Feier und unsere guten Wünsche begleiten Sie: Besonders der eine, Sie als Gast in Brixen zu sehen, aber nicht als Projektant unseres Hofburggartens.

 

Barbara Fuchs, Oberschullehrerin

Mariapaola Asson, Lehrerin i.R.

Hermann Barbieri, Rentner

Paolo Cattoi, Lehrer i.R.

Susanne Elsen, Hochschullehrerin

Marlies Gasser, Architektin

Michael Gasser, Biologe

Hans Heiss, Historiker

Hans Hofer, Obmann heimat BBP

Clara Kerschbaumer, Krankenpflegerin i.R.

Walter Kircher, Euregio Guide

Hans Knapp, Künstler

Franz Linter, Systemanalytiker i.R.

Simon Messner, Landschaftsgärtner

Jörg Oschmann, Fotograph & Filmemacher

Barbara Plagg, Wissenschaftlerin

Martina Stanek, Oberschullehrerin i.R.

Maria Stockner, Künstlerin

Edith Verginer, Erzieherin

Klaus Vontavon, Industrial Designer