Umwelt | Greenpeace

Ein bisschen zu viel Pestizid-Cocktail

Neues Futter für die Diskussion um Pflanzenschutzmittel: Eine Studie von Greenpeace weist in 83% konventionell angebauter Äpfel Pestizid-Rückstände nach. Und Südtirol?

„Ein bisschen ist zu viel“, findet Greenpeace – und bezieht sich dabei auf das große Streitthema Pestizide. Ein bisschen an Pestizidrückständen jeglicher Art ist laut einer aktuellen Studie der Umweltorganisation auf fast allen konventionell produzierten Äpfeln in Europa zu finden. Darin wurden in 11 europäischen Ländern, darunter auch in Südtirols Hauptabsatzgebieten Italien und Deutschland, 126 Apfelproben auf 500 Pestizidrückstände untersucht. Während das Bio-Obst frei von Pflanzenschutzmitteln war, konnten bei 83 Prozent der konventionell angebauten Äpfel Rückstände nachgewiesen werden. 60 Prozent der untersuchten Äpfel waren sogar mit zwei oder mehr Substanzen belastet. Den Rekord unter den deutschen Äpfeln hielt beispielsweise ein Exemplar, das sieben Wirkstoffe auf einmal aufwies.

Zwar lagen alle gefundenen Rückstände deutlich unter den gesetzlich zugelassenen Höchstmengen. „Doch die Grenzwerte gelten nur für die einzelne Substanz. Über die Wechselwirkung von mehreren Wirkstoffen ist wenig bekannt“, warnte Herwig Schuster, Chemiker bei Greenpeace in Österreich in einer Presseaussendung der Organisation. Auch in der Schweizer Greenpeace-Zentrale wird unterstrichen, dass etliche der gefundenen Pestizide ein hohes Bioakkumulationspotenzial aufweisen oder Einflüsse auf die Reproduktion haben können. „Der hohe Pestizideinsatz der industriellen Landwirtschaft reduziert die Biodiversität, gefährdet unsere Gesundheit und hinterlässt einen Chemie-Cocktail in unseren Lebensmitteln", warnt Philippe Schenkel, Agrarexperte bei Greenpeace Schweiz. „Es ist höchste Zeit an einem Pestizid-Ausstiegsplan zu arbeiten und den KonsumentInnen nachhaltig produzierte, gesunde Lebensmittel anzubieten.“

Wie gesund sind Südtirols Äpfel?

Wohl nicht gerade die Hintergrundmusik, die man sich im Haus des Apfels wünscht. Dort steht am Donnerstag Abend bei der Vorstellung des Projekts „Apfel-fit“ die Frage nach der Gesundheit von Äpfeln ebenfalls im Mittepunkt. Statt um Pestizide geht es dabei aber um molekulargenetischer Profile alter und neuer Apfelsorten, die Forscher des Versuchszentrums Laimburg in einem ESF-Projekt auf ihre gesundheitliche Wirkung untersuchten. Wie Südtirols Äpfel dagegen im Greenpeace-Ranking abschneiden, ist angesichts der Probenentnahme in Supermärkten in ganz Europa schwierig zu sagen. Nachdem zehn bis zwölf Prozent der europäischen Apfelernte aus Südtirol kommt, ist anzunehmen, dass auch heimische Äpfel unter den gezogenen Proben waren. Rund die Hälfte der Ernte bleibt in Italien, das im Greenpeace-Test im Mittel mit 1,3 Rückständen pro konventionellem Apfel sehr gut abschneidet. In Deutschland, wohin ein knappes Drittel der Südtiroler Äpfel geht, wurden dagegen durchschnittlich 2,0 Rückstände auf jedem Apfel gefunden.

Zumindest zwei der italiensichen Proben aus Südtirol

Auf Nachfrage von salto.bz bestätigt Greenpeace Österreich, dass zumindest zwei der zehn italienischen Proben sicher aus Südtirol kommen, bei einer dritten fanden sich ebenfalls deutschsprachige Zusatzinformationen. Rekordhalter unter den Südtiroler Proben, ist die Probe Nr. 5, auf der sich Rückstände der drei Wirkstoffe THPI (Matabolit Captan/Captafol), Boscalid und Bupirimat fanden.

Auf Interesse stößt der Greenpeace-Test auch bei PAN Italia. „Wir haben Greenpeace bereits eine Kooperation bei künftigen Studien angeboten“, sagt der Südtiroler Vertreter des Anti-Pestizid-Netzwerks Koen Hertoge. Die Ergebnisse der Studie weisen laut PAN Italia in eine ähnliche Richtung wie eine weitere Greenpeace-Studie im Trentino. Eindeutig lokal zuordenbare Ergebnisse liefert dagegen eine Studie von Legaambiente aus dem Jahr 2014, für die in Südtirol 64 Stichproben gezogen wurden. Nun sechs davon oder 9,4 Prozent waren ohne Pestizid-Rückstände. Knapp 19 Prozent waren mit nur einem Wirkstoff, die restlichen 72 Prozent mit mehren Wirkstoffen belastet. Zumindest was die Zahl der unbelasteten Äpfel betraf, liegt Südtirol in dieser Studie unter dem italienischen Durchschnitt, wo immerhin ein Drittel der untersuchten Äpfel frei von Rückständen waren. Dafür lag in Südtirol keine der Proben über den erlaubten Grenzwerten; im restlichen Italien waren es laut der Legaambiente-Untersuchung immerhin zwei.

„Da die festgelegten Grenzwerte für Lebensmittel nicht auf toxikologischen und unabhängigen wissenschaftliche Studien basieren, sondern auf den von den Herstellern vorgelegte Studien, kann man nicht sagen, ob Rückstände unterhalb den gesetzlichen Grenzwerte für die Gesundheit ungefährlich sind“, unterstreicht auch Koen Hertoge. „Auch die Cocktail-Wirkung zwischen den verschiedenen Wirkstoffen kann zu einem zusätzlichen Risiko führen.“

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Martin B. Do., 22.10.2015 - 18:24

Schon wieder diese Polarisierung bzw. Panikmache. In den 60ern (DDT) wären dann wohl alle gestorben. PS: ich unterstütze Bio aber nicht indem konventionell schlecht gemacht wird. Kaufe lieber einen konventionellen Apfel (direkt) vom Bauern in Südtirol als einen Bioapfel der mehr als 300 km transportiert wurde.

Do., 22.10.2015 - 18:24 Permalink
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DervomBerge Tratzer Do., 22.10.2015 - 20:03

Antwort auf von Martin B.

Von DDT sind nicht alle gestorben! Viele sterben heute noch davon!
Grade in Südlichen Ländern war es usus, dass Kinder vor dem Zubettgehen ihre Schlafzimmer und die ihrer Eltern gegen Stechmücken mit DDT vollsprühen "durften". Diese Generation leidet leider heute an Krebs.

Die Folgen von DDT waren nicht absehbar. Die Folgewirkungen von den heutigen Pflanzenschutzmitteln sind leider auch nicht völlig absehbar.

Ich unterstütze deine Haltung regional zu konsumieren! Das Beispiel mit den Äpfeln war aber schlecht gewählt, Bioäpfel gibt es zur genüge in Südtirol.

Do., 22.10.2015 - 20:03 Permalink
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DervomBerge Tratzer Fr., 23.10.2015 - 19:13

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Konventioneller Anbau ist schlechter als Bioanbau. Grob gesagt!
Bsp.: Es wird viel mehr CO2 emmittiert. Die Herstellung von mineralischen Düngemitteln (Haber-Bosch Verfahren für N) braucht eine Menge an Energie.
Hier schneidet der Bioanbau durch die Verwendung hofeigener Düngemittel oder der Verwendung organischer Düngemittel (Meist Reste aus der Nutzpflanzenverwertung) viel besser ab!

Es gäbe noch viel mehr Beispiele.

Fr., 23.10.2015 - 19:13 Permalink
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Sepp Bacher Do., 22.10.2015 - 21:28

Wir sollten über ein "Südtiroler Reinheitsgebot für Obst" analog dem "Bayrischen Reinheitsgebot für Bier" nachdenken!

Do., 22.10.2015 - 21:28 Permalink