Gesellschaft | Impfung

Bin i als Lehrer*in iatz der Depp?

Seit einiger Zeit schießen sich die Politik und die Medien auf die Impfung der Lehrpersonen ein. Eine kurze Replik.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Den Ausschlag für diese Zeilen hat die Kolumne von Fabio Marcotto hier auf salto.bz gegeben. Vorangegangen ist die Entwicklung der letzten Wochen, die Lehrerschaft bezüglich Durchimpfung politisch und medial ins Visier zu nehmen. Der einheitliche Tenor der Meldungen: die Impfbereitschaft der Lehrpersonen ist zu gering; der Präsenzunterricht im Herbst ist dadurch gefährdet; die Impfplicht dieser Berufsgruppe steht bereits im Raum.

Die Lehrpersonen wurden bei den Impfungen bereits im Winter durch das staatliche Impfprogramm vorgezogen. Verimpft wurde dabei auf dem ganzen Staatsgebiet ausschließlich der Impfstoff von Astrazeneca. Bereits nach wenigen Wochen zeichnete sich ab, dass die Impfbereitschaft der Berufsgruppe sehr groß ist. Die Lehrpersonen sind regelrecht zu den Impfzentren geströmt. Es hat dann nicht lange gedauert, bis die ersten Meldungen über schwere Nebenwirkungen und Todesfälle durch den Impfstoff von Astrazeneca kursiert sind. Die EMA hat geprüft, die EMA hat Empfehlungen abgegeben und die nationalen Gremien sind entsprechend gefolgt. Der Impfstoff, der ursprünglich nur der jüngeren Altersgruppe vorbehalten war, wurde nun nur mehr der älteren Gruppe verabreicht. Die Lehrer*innen sollten allerdings die zweite Dosis weiterhin mit dem selben Stoff bekommen. Zeitweise wurde auch eine Kreuzimpfung, also als Zweitdosis ein mRNA-Impfstoff diskutiert. Aufgrund der fehlenden Datenlage wurde das Vorhaben aber nicht weiter forciert. Das Missmanagement um den Impfstoff hat jedenfalls dazu geführt, dass der Ruf von Astrazeneca in den Keller ging und weit schlechter wurde, als es die Qualität des Präparats meines Erachtens zulassen würde. Alles in allem eine sehr unglückliche Situation für jene Lehrpersonen, die auf ihre Zweitdosis gewartet haben. Es gab in der Lehrerschaft große Verunsicherung und viele generell impfbereite Personen wurden abgeschreckt.

Nun gibt es in Südtirol seit geraumer Zeit die Möglichkeit, über die Auswahl des Termins auch den Impfstoff zu wählen. Dies hat mit Sicherheit dazu geführt, dass weitere Lehrpersonen zur Impfung gegangen sind. Diese Impfungen wurden in der Statistik für die Berufsgruppe bisher nicht erfasst, da sie abseits des staatlichen Impfprogrammes erfolgten.

Derzeit gibt es also keine definitiven Zahlen zur Durchimpfungsrate der Lehrpersonen in Südtirol. Mit 16. Juli wurden die Zahlen des Impfprogrammes für das gesamte Staatsgebiet erhoben. Daraus geht hervor, dass 61% des Schulpersonals zumindest eine Dosis erhalten hat und 51% den Impfzyklus abgeschlossen hat. Italienweit liegen die Impfraten bei den Lehrpersonen deutlich höher. Durchschnittlich haben 84% die Erstimpfung erhalten und ca. 78% den Zyklus abgeschlossen. Damit zählt die Provinz Bozen zu den Schlusslichtern Italiens. Wie groß die Dunkelziffer ist, kann derzeit nur vermutet werden. Sie dürfte aufgrund der frühzeitigen Impfstoffwahl in Südtirol allerdings deutlich höher als in anderen Provinzen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass die Durchimpfungsrate beim Bildungspersonal bis zum Herbst über 70% liegen wird. Dies ist eine rein persönliche Einschätzung, die ich aufgrund fehlender Daten nicht belegen kann, die mir aber durch viele Gespräche mit Lehrpersonen als plausibel erscheint.

In der Gesamtbevölkerung lag die Durchimpfungsrate in Südtirol zum 16. Juli bei 50% für die Erstdosis und bei 41% bei der zweiten Dosis. Auch hier zählt Südtirol zu den Schlusslichtern. Die durchschnittliche nationale Impfrate liegt in etwa um 10% höher. Also die ähnliche Tendenz wie bei dem Vergleich des Bildungspersonals unter wager Einschätzung der Dunkelziffer.

Die Werte der Gesamtbevölkerung liegen in Südtirol somit sicherlich um mindestens 10% niedriger als bei der Lehrerschaft. Da die definitiven Zahlen der Berufsgruppe noch fehlen, kann aber von einem höheren Unterschied ausgegangen werden. Die Lehrpersonen Südtirols zeigen also eine deutlich höhere Impfbereitschaft als die Gesamtbevölkerung.

Viele Vertreter der Bildungspersonals fragen sich nun angesichts der derzeitigen Berichterstattung: „Bin i als Lehrer*in iatz der Depp?“. Wieso schießen sich viele Politiker und Medien auf diese Berufsgruppe ein? Wieso werden die Lehrer*innen als Impfmuffel dargestellt, obwohl sie eine deutlich höhere Impfbereitschaft als andere Gruppen haben? Sucht man jetzt schon einen schwarzen Peter für zukünftige Schulschließungen? Wie kommt es dazu, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der derzeitigen Durchimpfungsrate und der Möglichkeit des Präsenzunterrichtes hergestellt wird? Wieso werden ungeimpfte Lehrer*innen als Gefahr für die Schüler*innen deklariert? Wenn doch allgemein bekannt ist, dass die Impfung weder vor Ansteckung noch vor Weitergabe des Virus schützt und die Schüler*innen aufgrund ihres Alters nicht zur Risikogruppe zählen. Verständliche Fragen, wenn doch für solche Aussagen jegliche Evidenz fehlt.

Zurückzukommen auf die Kolumne von Fabio Marcotto, kann ich nur sagen, dass ich solche Beiträge nicht nur für überflüssig sondern auch für ungerechtfertigt und unfair halte. Es wird ein Bild der impffaulen Lehrerschaft generiert und mögliche zukünftige Schulschließungen werden suggestiv damit in Zusammenhang gebracht, obwohl dazu die entsprechende Evidenz fehlt. Dadurch kommt es schon vor Schulbeginn zu ungerechtfertigten Schuldzuweisungen, welche in der gegenständlichen Kolumne noch mit dem bekanntlich allseits lamentierenden Lehrer garniert werden.

Ich bin weder der Pflichtverteidiger der Lehrerschaft, noch bin ich ein Impfverweigerer. Berufsbedingt kenne ich jedoch viele Lehrpersonen, Schuldirektoren und Mitarbeiter der Bildungsdirektion. Insbesondere liegt mir die Südtiroler Bildungswelt sehr am Herzen und ich hoffe, dass sich die Redaktion in Zukunft auch weiterhin gut überlegt, welche Beiträge sie auf die Titelseite hebt. Ab und zu passiert eben ein kleiner Ausrutscher, wie in diesem Fall….pazienza!

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Elisabeth Garber So., 25.07.2021 - 13:26

Sorry, aber eine Kolumne ist und bleibt eine Kolumne, eben 'nuvole e finferli' - im Gegensatz zu einschlägigen Community-Beiträgen.
Jetzt schlägt's 13! Ich lass mir von Hinteregger nicht die Depp-Frage unterschieben.

So., 25.07.2021 - 13:26 Permalink
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Florian Hinteregger So., 25.07.2021 - 20:27

Antwort auf von Elisabeth Garber

Fr. Garber, bei Ihnen schlägt es aber schnell grundlos 13. Ich habe Ihnen weder was untergeschoben, noch habe ich Sie persönlich oder ALLE Lehrpersonen einbezogen. Ihre persönliche Aufregung verwundert nicht nur mich. Als Lehrerin können Sie auch weiterhin eine Kolumne die mit unvollständigen und somit falschen Daten hantiert und die Lehrpersonen unnötig ins schlechte Licht rückt, verteidigen. Aber nehmen Sie es doch nicht gleich so persönlich ;-)

So., 25.07.2021 - 20:27 Permalink
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Harry Dierstein So., 25.07.2021 - 20:44

Sie schreiben: "Diese Impfungen wurden in der Statistik für die Berufsgruppe bisher nicht erfasst, da sie abseits des staatlichen Impfprogrammes erfolgten. Derzeit gibt es also keine definitiven Zahlen zur Durchimpfungsrate der Lehrpersonen in Südtirol."

Nach meiner Auffassung ist Ihr Behauptung durch nichts zu belegen!

Als ich im April und Mai meine beiden Impfungen in der Messe Bozen erhielt, wusste das jeweilige Verwaltungspersonal automatisch, dass ich zum Schulpersonal gehöre, ohne, dass ich auch nur ein Wort gesagt hatte.

P.S. Wenn ich mich an die erschreckend rückständigen Diskussionen der vielen Impfverweigerer im Südtiroler Lehrerzimmer erinnere, dann halte ich persönlich den Anteil des dortigen ungeimpften Anteils in Höhe von rund 40 % für sehr plausibel.

So., 25.07.2021 - 20:44 Permalink
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Harry Dierstein Mo., 26.07.2021 - 06:40

Antwort auf von Florian Hinteregger

Ihre Annahme mag wahlweise naiver Zweckoptimimsus oder systembedingte Unterwürfigkeit sein, F. Hinteregger?

Sogar das extrem Zerzer/Widmann/Falkensteiner freundliche "Tagblatt der Südtiroler" schrieb am 23.07.2021 auf Seite 14 im Artikel "Fast Schlusslicht bei den Impfungen der Lehrer":

=> "Allerdings können weder der Sanitätsbetrieb noch der Arbeitgeber Land bestätigen, dass bereits mehr Lehrer geimpft sind, als die ausgewiesenen 61,85 %."

Wie erklären Sie sich das?

Mo., 26.07.2021 - 06:40 Permalink
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Florian Hinteregger Mo., 26.07.2021 - 10:05

Antwort auf von Harry Dierstein

Sie können Ihre Zweifel auch formulieren, ohne mir Naivität oder Unterwürfigkeit zu unterstellen. Ich persönlich würde mir weder das eine noch das andere zuordnen, eigentlich will ich nur eine Lanze für die Lehrerschaft brechen. Ich hoffe, dass Sie mit Ihren Schüler*innen sachlicher umgehen.
Ich gehe auch davon aus, dass Südtirols Lehrer*innen schlussendlich zu den Schlusslichtern Italiens gehören werden, auch mit den definitiven Zahlen. Allerdings erwarte ich einen geringeren Abstand wie in der derzeitigen Statistik. Ich sehe die im nationalen Vergleich geringere Impfbereitschaft nicht als Problem der Lehrerschaft, sondern als Südtiroler Eigenschaft. Dass seitens SABES oder Land nichts bestätigt wird, kann einfach daran hängen, dass die Daten noch nicht zur Verfügung stehen bzw. nicht ausgewertet wurden. Auch der Kommissar Figliuolo hat die Regionen aufgefordert, die Anzahl der nicht geimpften Lehrpersonen dem Staat zu melden, damit sie einen Überblick haben, d.h. es gibt derzeit eine Dunkelziffer. Als nicht naiver Systemkritiker gehe ich weiterhin davon aus, dass Fr. Falkensteiner richtig informiert ist und dass die Tendenz bei der Südtiroler Lehrerschaft im Vergleich zum restlichen Staatsgebiet ähnlich sein wird wie in der Durchschnittsbevölkerung. Irgendwo bei den Schlusslichtern, aber mit weniger Abstand als es bisher scheint.

Mo., 26.07.2021 - 10:05 Permalink
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Elisabeth Garber So., 25.07.2021 - 21:55

Keineswegs...mag keine Bevormundungen, that's it. (PS: Frau, mit richtigem Namen, mit Rückgrat und sogar *mit* Kopf)
@so sehe ich es

So., 25.07.2021 - 21:55 Permalink
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gorgias Mo., 26.07.2021 - 06:03

Als Geimpfter ist die Wahrscheinlichkeit jemand anderen anzustecken geringer. Auch deswegen macht es sinn sich zu impfen.
Auch macht es sinn sich zu impfen, so dass die Intensivstationen nur noch Menschen sind, die trotz Impfung einen schweren Verlauf haben. Was anscheinend fast niemand ist. Würden alle 30 Jährigen sich aufgrund einer geringen Wahrscheinlichkeit entscheiden sich nicht impfen zu lassen, würden die Intensivbetten schneller voll.

Mo., 26.07.2021 - 06:03 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 26.07.2021 - 08:36

Und schon wieder der gleiche Käse. Daher nochmals: Studien belegen, dass das Risiko, dass Geimpfte sich anstecken und damit ansteckend sind, um 64% geringer ist als bei Ungeimpften (und das bezogen auf die hochansteckende Delta-Variante). Ein Geimpfter schützt also nicht nur sich selbst.

Mo., 26.07.2021 - 08:36 Permalink
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Peter Gasser Mo., 26.07.2021 - 21:32

Da nicht eine Meinung wiedergegeben wird, sondern eine Information: objektiv und fachlich falsch.
(Aber das wissen Sie ja:
wie gewohnt ignorieren Sie zusätzliche Fakten - machen Sie das absichtlich, den Leser dauernd zu verschaukeln?
Was ist das Ziel? Persönlich? Politisch?)

Mo., 26.07.2021 - 21:32 Permalink
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Peter Gasser Do., 29.07.2021 - 10:19

Antwort auf von Cille Goss

Ich bin der Ansicht, dass die, die richtig Gegenwind machen, der Kern der seit jeher allgemeinen Impfgegener sind, welche dies auch schon vor Corona waren.
Nun sehen diese ‘klassischen’ Impfgegner durch Corona ihren “Status”gefährdet, müssen also - für ihr Credo - massiv Corona leugnen und/oder die Impfung diskreditieren.
Leider ziehen sie viele poltikmüde, skeptische, unsichere Mitmenschen mit in diesen - wieder meiner Ansicht nach - unseligen Sog.

Do., 29.07.2021 - 10:19 Permalink
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Stefan S Do., 05.08.2021 - 11:39

Antwort auf von Peter Gasser

"klassischen’ Impfgegner"
Gibt es in der Größenordnung von ca. 10%, diese wird man eh nicht im significanten Bereich umstimmen können. Wichtig ist die Gruppe der Unentschlossenen mit der Größenordnung 20% + X
Wenn ich mir aber derzeit den Diskurs in D zur Impfung von Kindern betrachte wird man viele in der kritischen Masse verlieren.
Dazu ein aufschlussreicher Artikel der Zeit

https://www.zeit.de/2021/32/corona-impfung-kinder-jugendliche-stiko-pol…

Do., 05.08.2021 - 11:39 Permalink
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Stefan S Di., 27.07.2021 - 11:40

"DER SPRINGENDE PUNKT"
Es gibt in der Pandemie nicht einen springenden Punkt sondern sehr viele.
Impfquote, Wirksamkeit der Impfung, Mutationen, Bewegungsraster europäisch und global, etc. Und alle Punkte haben in sich und untereinander etliche Komplexizität. Es wird ein heißer Herbst wenn in unseren Breitengraden das Immunsystem in den Winterschlaf geht...
"Privilegien für Geimpfte" und Impfzwang werden auf das Pandemiegeschehen keine wesentliche Auswirkung haben aber leider auf den Zusammenhalt der Gesellschaft

Di., 27.07.2021 - 11:40 Permalink
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Manfred Klotz Do., 29.07.2021 - 07:53

@Frei - Jetzt nehmen Sie mal Papier und Bleistift und schreiben mit: Dass die Impfung nicht zu 100% schützt war von Anfang an klar, das ist daher nicht der springende Punkt. Der springende Punkt - falls Sie die wirklich leicht verständliche Erklärung von Herrn Lechner nicht verstanden haben - ist, dass das Ansteckungspotential von Geimpften und Ungeimpften vollkommen verschieden ist. Neueren, im New England Journal of Medicine veröffentlichen Studien zufolge, schützt der Impfstoff von Biontech beispielsweise zu 88% vor einer Infektion und damit vor der Ansteckungsgefahr für Dritte. Ungeimpfte haben überhaupt keinen Schutz. Von den Ersten geht ein 12%iges Risiko aus von den Ungeimpften ein 100%iges. Verstehen Sie den Unterschied wirklich nicht? Daher ist auch die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften schlüssig. Einfach weil Geimpfte weit weniger gefährlich sind. Privilegien, wie Sie behaupten, gibt es nebenbei gar nicht, denn auch ein Ungeimpfter kann den grünen Pass erhalten.

Do., 29.07.2021 - 07:53 Permalink
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Peter Gasser Sa., 31.07.2021 - 19:36

Hier erkennen auch Sie - empirisch - den “SPRINGENDEN PUNKT”:

“Erstmals seit vielen Tagen vermeldet der Südtiroler Sanitätsbetrieb wieder die Aufnahme Corona-Intensivpatienten.
In den vergangenen 24 Stunden wurde somit die Covid-Intensivabteilung für drei Patienten wieder geöffnet.Medienberichten zufolge sollen sie zwischen 40 und 50 Jahre alt sein und nicht an Vorerkrankungen gelitten haben.
Neben ihrem Alter haben sie noch etwas gemeinsam: Sie waren ungeimpft”.

https://www.suedtirolnews.it/chronik/die-drei-neuen-intensivpatienten-s…

Sa., 31.07.2021 - 19:36 Permalink