Politik | Landtagswahlen

Der Sammler in der Mitte

Paul Köllensperger präsentiert seine Landtagskandidaten: 12 Frauen und 23 Männer “aus der Mitte der Gesellschaft” treten für die “sozial-liberale Sammelbewegung” an.
Team Paul Köllensperger
Foto: Salto.bz

Inszenieren kann sich Paul Köllensperger. Jeden der Namen liest er höchstpersönlich vor, während sich die Kandidaten, einer nach dem, anderen demonstrativ hinter ihm aufstellen. Viele der 32, die an diesem Vormittag in den Garten von Schloss Maretsch gekommen sind, bedanken sich bei Köllensperger. Er erwidert den Dank an die Personen, “die mir zur Seite stehen werden”.
Man merkt: Paul Köllensperger ist der Dreh- und Angelpunkt der neuen politischen Bewegung, die er nicht umsonst nach ihm benannt hat. 35 Namen stehen auf der Liste, mit der das Team Paul Köllensperger (TPK) am 21. Oktober bei den Landtagswahlen antritt.

33 der Kandidaten stellen sich gegen Mittag für das Gruppenfoto vor den Schlossmauern auf. Nicolas Monese hat sich entschuldigen lassen, den Namen des Ladiner-Kandidaten will Köllensperger erst in den kommenden Tagen zusammen mit dem Wahlprogramm preisgeben. Inzwischen wurde bekannt: Stefan Planker, Direktor des Museum Ladin in St. Martin in Thurn wird auf dem zweiten Listenplatz hinter dem Spitzenkandidaten antreten.

“Aus der Mitte der Gesellschaft”, “mit beiden Beinen im Leben”, mit dem Willen, “mitzugestalten”, “zu verändern”, “eine nachhaltige Politik auf Augenhöhe mit den Menschen zu machen” – so präsentiert Köllensperger seine Liste. Nicht links, nicht rechts. “Sozial-liberal” definiert er die Ideologie seiner “Sammelbewegung”. 12 Frauen und 23 Männer sind es.

Einige Namen sind in den vergangenen Wochen verkündet worden. Doch am Montag wartet Köllensperger noch “mit einigen Überraschungen auf”. So wird etwa Francesca Schir – die Meraner Gemeinderatspräsidentin ist inzwischen auch aus dem Movimento 5 Stelle ausgetreten – hinter ihm und dem Ladiner-Kandidaten auf dem dritten Listenplatz für das Team Köllensperger kandidieren. Der Bürgermeister von Freienfeld Peter Faistnauer (Freie Liste Freienfeld) sitzt ebenso im Boot wie der ärztliche Leiter des Krankenhauses Sterzing, Franz Ploner und sein Namensvetter, der Journalist und Event-Unternehmer Alex Ploner.

Auch der Begründer des Global Forum Südtirol, Christian Girardi, der Lananer Unternehmer Josef Unterholzner (Ex-Autotest) und die Meraner Fachärztin für Frauenheilkunde Sabine Kiem finden sich auf der Liste. Darüber hinaus Vertreter diverser Gemeinderäte, aus dem Sanitätsbereich, Tourismus, Wirtschaft, Landwirtschaft und Kultur. Und noch jemand sitzt zwischen den Sympathisanten, die den Kandidatenreigen beklatschen, im Publikum: Renate Holzeisen. Die Bozner Wirtschaftsanwältin war bereits bei den Grünen politisch engagiert und tritt nun als Vize-Vorsitzende (allerdings nicht als Kandidatin) des Team Köllensperger auf.

“Wir wollen Politik anders machen”, lautet der rote Faden, der sich durch die kurzen Vorstellungsrunde der Kandidatinnen und Kandidaten zieht. Politik “mit Hausverstand”, “effizient und bürgernah”, “weitsichtig und nachhaltig”, für Familien, Arbeitnehmer, Rentner, den Mittelstand – und das Zusammenleben.

Das detaillierte Wahlprogramm will man wie erwähnt in den kommenden Tagen vorlegen. “Ein Schwerpunkt wird die Sanität sein”, kündigt Paul Köllensperger an. Nach dem Wahlziel gefragt, antwortet er: “Darüber haben wir nicht diskutiert, uns geht es nicht um Mandate, sondern darum, ein Angebot für die Wähler bereitzustellen. Sie entscheiden dann.” Und die Frage danach, wie die Beziehung zum Movimento 5 Stelle aussieht, beantwortet der Ex-Grillino mit einem einfachen: “Es gibt keine.”

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Marcus A. Mo., 27.08.2018 - 14:38

Sehr gut!

Als treuer SVP-Wähler hoffe ich wirklich, dass hier etwas Nachhaltiges entsteht. So paradox es klingen mag, ist diese Liste langfristig positiv und wichtig für unser Land und auch für die SVP selbst.

Nach über 60 Jahren an der Macht fehlt leider die Fähigkeit, sich von innen zu reformieren.
Die "Reformen" der letzten Jahren waren nur Kosmetik. Neuer Wein in alten Schläuchen, junge Gesichter im alten Verein, mehr nicht. Der Filz ist tief. Leider werden viele Entscheidungen rein aus machtpolitischen Spielchen getroffen oder nicht getroffen, Posten besetzt und andere blockiert.
Ich kenne sehr viele hoch kompetente und engagierte Leute, die sich nicht mehr politisch engagieren wollen, weil sie keine Lust haben in innerparteilichen Machtspielchen der SVP aufgerieben und zu werden und nach den Prinzipien der Macht Kompetenz verhindert statt gefördert wird.
Wenn jemand etwas verändern will, wird er gebremst und nicht gefördert.
Gleichzeit ist die SVP inzwischen mehr Sammelbecken als Sammelpartei. Sammelbecken für Eigeninteressen, Verbände und Lobbyisten.
Ein Herr Köllensberger hätte innerhalb der SVP nicht den Hauch einer Chance gehabt, sich zu bewähren. Zu gefährlich, zu intelligent. Selber denken und unabhängig handeln ist in einer Partei mit über 60 Jahren an der Macht ist gefährlich, zu gefährlich vor allem für die wahren Strippenzieher im Hintergrund.

Die SVP war und ist extrem wichtig für unsere Land, davon bin ich wirklich überzeugt.
Es ist falsch, alles vermeintlich Schlechte der SVP in die Schuhe zu schieben und gleichzeitig falsch, wenn sich die SVP alles Gute auf die Fahnen schreibt.

Für das Wohle des Landes braucht es Alternativen, wählbare und gemäßigte Alternativen.
Wenn man es nicht schafft, sich von innen zu reformieren, entsteht hier (hoffentlich) Druck von außen.
Der SVP würde es gut tun, dem Land Südtirol sowieso.

Mo., 27.08.2018 - 14:38 Permalink
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rotaderga Mo., 27.08.2018 - 15:18

Antwort auf von Marcus A.

Interessante Sichtweise. Alles auf dieser Welt hat einen Anfang und ein Ende.
Das ist bei mir so und die Regeln und Abläufe in der Natur bestimmen dies auch für alle anderen Abläufe mit unterschiedlicher Verweildauer. Das gilt auch für die SVP, das gilt für die Kirche, für jede Religion und jede Art von Politik. Wenn es nicht ein Krebsgeschwür ist so ist es Abnutzung , Verschleiß aber alles und alle sind endlich.

Ich habe das Vertrauen in die SVP aufgegeben, die sollte man sterben lassen und in die Geschichte einreihen.

Ich wünsche diesem Team Köllensperger viel Erfolg und eine zielgerichtete zukunftsorientierte Arbeitsweise für die Menschen in Südtirol.

Mo., 27.08.2018 - 15:18 Permalink
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Christian Mair Mo., 27.08.2018 - 20:24

Antwort auf von Marcus A.

Diese Partei wird den Rechtsruck, wie er derzeit in den Nachbarländern ausgenommen Nordtirol passiert, bei den Landtagswahlen verhindern. Viele Gegner des SVP- Establishments werden Team Köllensperger wählen.
Auch das ist gut für Land und Leute. Und es zeigt, dass das Autonomiestatut Normalität in die politische Landschaft bringt.
So sollte es eigentlich sein:
Wenn politische Ziele erreicht werden, dann macht das eine Partei arbeitslos.

Trotzdem:
Für welche Inhalte diese Partei eigentlich steht bleibt unklar.
Auch die strenge Ausrichtung auf eine Person muss zumindest hinterfragt werden.

Mo., 27.08.2018 - 20:24 Permalink
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Christian Mair Mo., 27.08.2018 - 20:29

Gibt es eine echte alternative Regierungskonstellation:
Grüne + Team Köllensberger + Sinistra/die Linke + PD + Südtiroler Freiheit?

Mo., 27.08.2018 - 20:29 Permalink
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Martin B. Mo., 27.08.2018 - 21:43

Ein wenig befürchte ich das diese in wenigen Wochen aus dem Boden gestampfte Bewegung bei entsprechendem Erfolg an denselben Menscheleien wie der M5S ziemlich kräftig auseinanderbrechen wird, da wie auch C. Mair andeutet:
- Stark verbindende Inhalte/Ziele fehlen;
- Unklar ist wie gut die aussichtsreichsten bzw. aktivsten Kandidaten harmonieren;
- Es erstaunlich wäre, wenn alle Köllensperger dauerhaft als Beppe-Papa akzeptieren und voll unterstützen;

Mo., 27.08.2018 - 21:43 Permalink
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Ludwig Thoma Di., 28.08.2018 - 20:08

Ach ja: Die Mitte der Gesellschaft, nicht rechts und nicht links. Hausverstand. Als Bollwerk gegen die Rechtspopulisten und das verfilzte Establishment. Das kommt mir alles irgendwie bekannt vor. Das gibts doch diese italienische Partei die das alles auch versprochen hat und sich nach den Wahlen mit den übelsten Faschisten verbündet hat, um an die Macht zu kommen.

Di., 28.08.2018 - 20:08 Permalink
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Ludwig Thoma Mi., 29.08.2018 - 20:47

Antwort auf von Pietro Fischer

Ach deshalb sind die ausgetreten. Als Grillo erklärte, dass die Jungs von Casapound auf seiner Liste willkommen seien, sofern sie die Voraussetzungen (nicht vorbestraft und nicht Mitglied einer Partei) erfüllen, wo waren sie denn da, die integeren Damen und Herren?
Und wo, als die Gemeindeabgeordneten von 5s in BZ zusammen mit der Rechten protestiert haben, weil der Gemeinderat "Casa Italia" nicht als Kultureinrichtung anerkannte?
Was einige deutsche Oppositionsparteien machen, rechtfertigt doch nicht, was andere machen....

Mi., 29.08.2018 - 20:47 Permalink