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Wie ich mir Bitcoins kaufte

Bitcoins, eine seltsame Währung mit seltsamer Geschichte. Eine Person veröffentlicht 2008 unter dem Pseudonym “Satoshi Nakamoto” eine Open Source Software die digitales Bargeld schafft. Und dabei keine Zentralbank braucht. Wie kann das gehen?

Ich habe die Bitcoin Sache immer aus weiter Entfernung verfolgt. der kleine Hype 2010 zu 30$ pro Coin und der Crash 2011. Irgendwann im Herbst letzten Jahres tauchte das Ding wieder in den Tech-Nachrichten auf. Zu Weihnachten dachte ich mir, das sollte ich mir mal genauer anschauen. Die Trägheit des Körpers und des Geistes überwindend, kaufte ich mir schließlich Anfang März ein paar Coins bei bitcoin.de. Dann stieg der Wert und ich kaufte nach. Zwanzig Tage später haben sich meine Investitionen im Wert verdoppelt.

Wenn der Wert eines Geldes steigt will es niemand ausgeben, wer z.B. ein Fahrrad kaufen will wartet lieber ab, den in einem Monat kriegt man es noch billiger. Das nennt man Deflation oder Geldaufwertung. Man sieht schon: Deflation hemmt den Handel, und Inflation bringt ihn in Schwung.

Bitcoin ist deflationär, zumindest jetzt. Das könnte gewollt und ein kluger Schachzug von Satoshi Nakamoto sein, der nicht nur technisch sondern auch ökonomisch einiges auf dem Kasten hat. Nun ist Bitcoin ein ideales Spekulationsgut und bald in aller Munde. Jeder Bitcoin Investor glaubt dass in Zukunft noch mehr Menschen Bitcoins kaufen wollen. Darum horten Sie Coins,  der Preis steigt  und immer mehr Menschen glauben das der Kurs weiter steigt und werden zu Anlegern. Das wirkt Selbstverstärkend, wie eine sich selbsterfüllende Prophezeihung, eine spekulative Blase. Vielleicht eine geniale PR Operation, wenn diese Blase platzt wird sogar meine Oma Bitcoins kennen. Dann kann sich der eigentliche Vorteil der Coins durchsetzen, ein einfaches anonymes Zahlungsmittel für das Internet zu sein, bei dem die unfairen Konditionen von Paypal und Kreditkartenfirmen ausgehebelt werden.

Je mehr Menschen Bitcoins verwenden umso besser wird dieses digitale Geld. Bitcoin braucht keine Zentralbank weil jede Bitcoin Anwendung teil eines Netzes ist, Peer-to-Peer wie damals Napster. Jeder Knoten prüft Bitcoin Transaktionen und bestätigt dass die echt sind. Um zu verstehen wie das geht muss man die Mathematik der Kryptographie verstehen. Es ist schon eher kompliziert. Aber machen wir es einfach. Bits und Bytes können beliebig oft kopiert werden, kann man also Bitcoins beliebig oft kopieren? Nicht solange mehr als 50% aller Teilnehmer am Peer-to-Peer Netz nicht zur Geldfälscherbande gehört. Dann haben die Guten mehr Rechenpower und wickeln die Transaktionen fälschungssicher ab. Darum wird Bitcoin immer sicherer je mehr Menschen mitmachen.

Was viele an Bitcoins fasziniert ist die Vorstellung eines Geldes aller Völker, das keine zentrale Macht kontrolliert. Hier treffen sich linke Hochfinanzkritiker mit den Neoliberalen Techno-Utopisten in Sillicon Valley. Oder soll ich sagen Helsinki? Finnland ist laut Google Trends die Nation mit den meisten Suchen nach “Bitcoin” in 2013. Einige Medien behaupten dass der Süden Europas verstärkt Bitcoins kauft um den staatlichen Zugriff auf das Vermögen zu limitieren. Aber das scheint nur ein guter Schmäh zu sein, in Wirklichkeit greifen die Tschechen und Slowaken gerade verstaerkt zu. Bissl die Spanier, um der Story noch etwas abzugewinnen

Die Geldmenge in Bitcoins entspricht zur Zeit einer Milliarde US Dollar, es geht also um was. Die Börsen wie bitcoin.de, bitcoin-24.de und MtGox wurden in den vergangenen Wochen ständig attackiert um Panik unter den Anlegern auszulösen. Dann könne man einen Informationsvorsprung nutzen und unermesslich reich werden, so der Plan der Angreifer der allerdings bislang nur mässig aufging. Bei MtGox kommt man mit der Anzahl der Neuregistrierungen nicht mehr nach, die Warteschlange stieg von 8000  zu 14000 Personen in nur einer Woche. Die Blase wird also immer größer.

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Peter Rabanser So., 07.04.2013 - 14:29

Die existentielle Krise ist vorbei,-so zumindest lauteten die Worte von
José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission.
Na ja,diese Meldung wird meinem kleinen aber feinen Weinlager wohl die beste Flasche Wein kosten. Das muss wirklich gefeiert werden.
Wobei die Realität etwas anders aussieht,sehen wir uns doch um,was verkehrt läuft braucht man ja nicht lange zu erklären.
Ob der Crash mit einem plötzlichem Knall,durch politische Aufstände,oder in einem schrittweisen sozialen Fäulnisprozeß erfolgt ist dabei eher nebensächlich,er wird kommen.
Bitcoinblase oder welche Blase auch immer,die grösste Blase ist das bestehende Falschgeldsystem das eigentlich durch nichts gedeckt ist,es steht nur das Vertrauen der Bürger dahinter,aber dieses Vertrauen schwindet,tja, kein Wunder bei den ganzen Playern im Internationalen Finanz-Spiel-Kasino,vor an die großen Banken,die ja ständig von uns gerettet werden müssen,uns will man dann weiß machen ,der Staat rettet die Banken,und wer ist der Staat,natürlich wir,jeder einzelner Bürger. Wie dem auch sei,rette sich wer kann,die Euro-Titanic versinkt so langsam. Ab in die Rettungsboote,bevor uns das Monster mit in die Tiefe reist. http://www.krisenrat.info/index.html

So., 07.04.2013 - 14:29 Permalink
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gorgias Do., 11.04.2013 - 04:19

Bitcoin wird früher oder später verboten werden, weil sich mit dieser Zahlungsart der Fiskus aushebeln lässt. Wenn bitcoin einmal groß genug ist, dass die G20-Staaten darauf aufmerksam werden dann ist es damit vorbei. Bis dahin ist es ein interessantes Spekualtionsgut mit dem man auch mal 100 € verzocken kann. Jetzt gerade nicht, aber wenn die Blase platzt kann oder einmal wieder bitcoin von hacker geknakt wird und die Einheit unter 10 Euro geht, kann man es sich ja überlegen.
Im Moment auf alle Fälle würde ich verkaufen. :-)

Do., 11.04.2013 - 04:19 Permalink
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Roland Kofler Do., 11.04.2013 - 07:42

Antwort auf von gorgias

Hallo Gorgias, ich bin nach den Panikverkaeufen gestern Nacht immer noch nicht kuriert, es heisst ja seit Wochen das das kommen muss. Letzte Woche allein hat sich der Bitcoin Markt von 1 Mrd. auf 2.7 Mrd Dollar aufgeblasen. Ich stecke mittlerweilen tiefer drinn wie BTC funktioniert: informatisch, krypotgraphisch, oekonomisch, organisatorisch.
Die G20 koennten Bitcoin sicher bannen (Fuer die Insider, meine Strategie dazu waere: in die Blockchain etwas hoechst illegales reinschreiben und dann den Vorwand nutzen um zu bannen), damit allein ist es aber nicht getan. Als reines P2P Netz kann man Bitcoin nicht einfach abschalten, es wird halb-illegal weiterleben. Haendler in den Entwicklungslaendern haben keinen Zugang zu Kreditkartenservices, einen Bitcoin Bezahldienst aufzubauen ist aber kostenlos (siehe Kenias SMS Geld). Die nehmen aus Mangel an Alternative sicher auch die Waehrungsschwankungen in Kauf. Der Spekulationsanreiz kann nur wachsen, die Market Cap ist noch unter dem Potential. Wie lautet die Definition eines Hackers vom 1. Sept 2011, also noch vor der Bubble?
"Bitcoin is a startup currency with a deflationary bootstrapping economy."
http://bitcoin.stackexchange.com/questions/336/what-is-a-good-way-to-co…

Do., 11.04.2013 - 07:42 Permalink
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salt & pepe Do., 11.04.2013 - 08:53

Antwort auf von Roland Kofler

Bon jour Roland,
spricht etwas dagegen, dass bei Bitcoin momentan einfach nur eine totale Blase entsteht?
Begrenzte Anzahl von Bitcoins bei steigender Nachfrage (lies Über-Hype) ergibt rasant steigenden Preis solange die Käufer glauben dass nach ihnen noch jemand kaufen wird... bis die Sache dann platzt, odr?

Do., 11.04.2013 - 08:53 Permalink
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Roland Kofler Do., 11.04.2013 - 09:58

Antwort auf von salt & pepe

Bitcoin hat eine begrenzte Anzahl von 21m BTC die im Jahre 2140 erreicht sein werden. Allerdings besteht ein Bitcoin aus 100 millionen Satoshis. Der Satoshi ist die kleinste Einheit der Währung. Man sieht da ist noch Platz und mit dem Erfolg handeln wir bald in Centi-Bitcoins (cBTC). Das hyperdeflationäre Bootstrapping versucht also das Geld immer so knapp zu halten das es an Wert gewinnt und sich rasch ausbreitet. In dieser Phase geht es um die Angebotsseite, Haendler und Institutionen sollen bewegt werden Bitcoins anzunehmen. Fuer die gerade ein Nobrainer: Der Wert steigt und die Installation ist fast kostenlos. Die Käufer und Spender wollen natuerlich ihre wertsteigernden Bitcoins behalten, aber sollte die Deflation abkühlen ist die Infrastruktur ready.
Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber das ist fuer mich plausibles Szenario.

Do., 11.04.2013 - 09:58 Permalink
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gorgias Do., 11.04.2013 - 14:09

Antwort auf von Roland Kofler

Der große Reiz und der Pferdefuß von bitcoin ist die beschränkte Anzahl der Einheiten. Der Reiz, weil man keine Angst haben muss dass eine Zentralbank Anfängt das Volumen schlagartig zu erhöhen. Der Pferdefuß dass es nicht möglich ist die Geldmenge zu erhöhen und sinnvolle Geldpolitik zu betreiben. So wäre die Aufgabe eine Zentralbank bei einer wachsenden Wirtschaft das Geldvolumen zu erhöhen um Deflation zu erhöhen und bei schrumpfender Wirtschaft das Geldvolumen zu verkleinern um einer Inflation entgegenzuwirken.

Aber bei einer fix vorgegebenen Menge von Einheiten, (auch wenn noch nicht alle im Umlauf sind) wird es notgedrungen immer wieder Deflation geben und Spekulationsblasen

Do., 11.04.2013 - 14:09 Permalink
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Roland Kofler Do., 11.04.2013 - 14:16

Antwort auf von gorgias

Achtung: Genau umgekehrt - bei schrumpfender Wirtschaft 'druckt der Staat Geld' das ist Keynsianismus. Man finanziert damit Infrastrukturprojekte. Bitcoin ist IMHO ein (neo-)liberales Projekt. Die liberale Theorie sagt das die Druckerpresse des Staates die Konjunkturzyklen erzeugt und alle besser dastehen wuerden wenn dieser 'Vizio' der Politik entzogen wuerde.

Do., 11.04.2013 - 14:16 Permalink
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gorgias Do., 11.04.2013 - 14:27

Antwort auf von Roland Kofler

Im Keynsianismus ist es nicht notwendig dass der Staat mehr Geld druckt, er kann sich auch einfach verschulden. Aber ich habe hier nicht von Keynsianismus gesprochen. Ich habe mich mehr der Geldpolitik der EZB angelehnt, die versucht Preisstabilität zu erhalten (zumindest bis 2008) .

Außerdem finde ich es grundsätzlich wichtig sich über Geld mehr Gedanken zu machen und eventuell zu überlegen ob man nicht eine Währung mit Umlaufsicherung etablieren soll. Diese würde endlich die keynsianische Idee auf dem Kopf stellen und eine stabiele Marktwirtschaft etablieren. Die Umlaufsicherung ist eine periodische Nominalentwertung des Geldes das Deflation verhindert und Inflation überflüssig macht. Die Idee wurde bis jetzt nur in Regionalwährungen umgesetzt ( best practice: www.chiemgauer.info )

Do., 11.04.2013 - 14:27 Permalink
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Roland Kofler Sa., 13.04.2013 - 00:43

Antwort auf von gorgias

Ok, ja der Schutz vor Inflation ist ein festgeschriebenes Ziel der EZB (oder wars, habe die letzten 2 Jahre geschlafen).
Umlaufsicherung interessante Sache, habe schon davon gehoert. Ich werde vermutlich zu Bitcoins bald ein Update schreiben. Ich weiss jetzt mehr und es ist viel passiert. Silicon Valley ist jedenfalls jetzt ziemlich auf den Geschmack gekommen und wir werden einige Crypto-Waehrungsstartups sehen, demnaechst...

Sa., 13.04.2013 - 00:43 Permalink
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gorgias Do., 11.04.2013 - 14:02

Antwort auf von Roland Kofler

Ich frage mich ehrlich gesagt, wer mit bitcoin wirklich mehr tut als zu Spekulieren. Als ich gestern den Post verfasste, habe ich noch nichts von den Panikverkäufen mitbekommen, aber solange hinter einer Währung nicht eine stabile Wirtschaft steht, also wirtschaftende die kaum mehr alternativen haben mit dieser Währung zu zahlen wird sie ein Spekulationsobjekt bleiben.

Die G20 braucht sicher keine solchen Vorwände bitcoin zu verbieten, sondern braucht nur sagen dass sie eine Gefahr für die Volkswirtschaften werden kann, was im Grunde ja brechtigt ist. Wird dieses Zahlungsmittel dann als illegal zu erklärt und somit würde man es mit Leichtigkeit aus vielen Wirtschaftbereichen verdrängen und sie als Sekundärwährung uninterressant machen.

Für Menschen die sie als Primärwährung gebrauchen ist sie durch die hohen Schwankungen unbrauchbar, es werden sich dort andere Systeme etablieren die auf lokale Ebene beschränkt sein werden und nicht unter diesen hohen Schwankungen leiden.

Do., 11.04.2013 - 14:02 Permalink
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Roland Kofler Do., 11.04.2013 - 12:03

Kurze Antwort: Die Erhöhung der Geldmenge ist im System festgelegt und erfolgt asymtotisch hin zu 21m BTC
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/54/Total_bitcoins_over_…

Das geht so:
Es gibt Bitcoin Miner die neue Bitcoins erzeugen.
Die Bitcoin Miner führen einen wichtigen Dienst in der BTC ökonomie aus: sie berechnen Zertifikate die die letzen Transaktionen als echt beglaubigen (Hashes mit besonderen Merkmalen). Dafuer brauchen sie ordentlich Rechenpower und werden dafür mit neuen Coins belohnt. So entsteht das neue Geld. Was ausbezahlt wird, ist im Jahr fix. Die Miner bekommen aber automatisch immer weniger ausbezahlt, biss sie schliesslich nur mehr von den sehr geringen Gebühren einer Transaktion leben muessen (eine Art Tobin Tax).

Ich bin kein Ideologe und sage ohne Wertung, das ist eine zutiefst neoliberale Idee, Milton Friedmann's Sager ist bekannt und lautet in etwa: 'Die Geldmenge soll ein Computer steuern und jedes Jahr um 4% erhöhen'[1]. Der Unterschied ist das hier die Rate abnimmt, sie halbiert sich alle 5 Jahre wie aus obigen Bild erkenntlich [2].

[1] http://www.econlib.org/library/Columns/y2006/Friedmantranscript.html
[2] https://en.bitcoin.it/wiki/Controlled_supply

Do., 11.04.2013 - 12:03 Permalink