Gesellschaft | Schule

Freiheit auch ein christlicher Wert?

Nach den Äußerungen seines Direktors ist das Rainerum unter scharfe Kritik geraten. Jetzt meldet sich auch der Direktor des Bozner Franziskanergymnasiums zu Wort.

Gestern, am 30. Juli, erschien in der italienischen Tageszeitung Alto Adige ein Interview mit dem Direktor des Rainerums Don Dino Marcon, das Aufsehen erregte. Es geht um einen Vertrag, der ab dem kommenden Schuljahr zwischen Schule und Eltern gilt, und der beide dazu verpflichtet, die Schüler zu "guten Christen" zu erziehen. Obwohl von "guten Christen" die Rede ist, schließe das aber keine Andersgläubigen aus, meint Don Marcon. Die Schule wolle sich lediglich auf ihre Wurzeln zurückberufen.

Neben Andersgläubigen passt auch Homosexualität nicht ganz ins christliche Konzept, bemerkt der Interviewer Riccardo Valletti. Für diesen Fall hat das Gymnasium schon vorgesorgt, wie Don Marcon erklärt: Homosexualität und Ähnliches sei oft nur eine Phase der Orientierungslosigkeit der Heranwachsenden und bei schwachen Individuen mit mangelndem Selbstvertrauen häufiger zu beobachten. Deshalb will die Schule mit einem Orientierungsprogramm Hilfe leisten und je nach Fall einen "Spezialisten" zu Rate ziehen.  Diese Aussagen haben bei Schülern, Eltern und Politikern für Verwunderung und harte Kritik gesorgt.

Verwundert angesichts solcher Aussagen zeigte sich Wolfgang Malsiner, der Direktor des Franziskanergymnasiums in Bozen, auch einer konfessionellen Schule, die auf christliche Werte bedacht ist. Malsiner, der erste Direktor des Gymnasiums, der kein Franziskanerpater ist, meint, es sei selbstverständlich, dass die Schule nicht bei der sexuellen Orientierung der Schüler eingreift. Das sei ganz klar ihre eigene Angelegenheit.

Muss eine christliche Schule ihre konservativen - manche würden vielleicht auch sagen: rückständigen - Werte verteidigen? Malsiner verweist darauf, dass es streng genommen genauso unchristlich sei, seinen Partner häufig zu wechseln, und dass dies bei Schülern genauso zu beobachten sei. "Hier kann die Schule auch nicht ins Privatleben der Schüler eingreifen und das ist so auch in Ordnung", so Malsiner. Nur das Ausleben der sexuellen Präferenzen, das solle in der Öffentlichkeit innerhalb gewisser Grenzen stattfinden. Ob man christlich sei oder nicht.

Allerdings bleibt auch bei den Franziskanern der Religionsunterricht Pflicht, präzisiert Malsiner und trotzt den Aussagen des Sel-Abgeordneten Florian Kronbichler, der darauf hinweist, dass verpflichteter Religionsunterricht eine Straftat darstellt. Laut Kronbichler handle es sich dabei beinahe schon um eine Verletzung der Menschenrechte. Malsiner sieht das lockerer als das Gesetzbuch und meint dazu: "Es muss ja keiner diese Schule besuchen, wenn er nicht will."

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gorgias Fr., 01.08.2014 - 11:20

Die Eltern haben ja Erziehungsfreiheit und können Ihr Kind mit den Werten erziehen die sie möchten. Dazu gehört es auch die Kinder in einer weltanschaulich orientierte Privatschule zu tun. ----------------------------------- Wer sich jetzt aufregt dass in einer katholischen Privatschule man sich von dem Religionsunterricht nicht entschuldigen kann, ist wohl ganz daneben. ------------------
Was mich immer wieder wundert ist, dass es viele gibt die die eigene Weltanschauung in der Kirche wiedergespiegelt haben möchten. Ich finde man soll der Kirche als Wertegemeinschaft auch keine Werte vorrschreiben, das ist ja schon fast Totalitarismus. -------------------- Was aber nicht nötig ist, ist das staatlich zu subventionieren. Man sollte sich besser auf das konzentrieren, anstatt darüber zu diskutieren wie rückwärtsgewandt die Einstellungen der Kirche sind.

Fr., 01.08.2014 - 11:20 Permalink
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gorgias Sa., 02.08.2014 - 16:19

Antwort auf von Teseo La Marca

So weit würde ich auch nicht gehen. Das sind Weltanschauungen die offen gegen die demokratische Grundordnung gehen. Die römisch-katholische Kirche würde ich nicht auf diese Ebene stellen. Soweit sich eine Weltanschauung in einem demokratisch-republikanischen Rahmen bewegt, sollte man diese auch tolerieren. Wir wollen doch nicht, dass am Ende nur noch eine eng gerahmte politisch korrekte Einstellung möglich ist.

Sa., 02.08.2014 - 16:19 Permalink
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gorgias Sa., 02.08.2014 - 19:06

Niemand sagt, dass die staatlichen Schulen kostenlos sind. Diese werden aber nach einem politischen Konsens geführt bzw. durch staatliche Lehrpläne und Richtlinien gesteuert. So hat man sich in Italien bewußt und früh für eine Allgemeinschule mit Integrationsmodell entschieden, das ich persönlich die bessere Wahl finde als das System in Deutschland/Österreich wo Menschen nach der 4. Klasse in Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen und Sonderschulen aufgeteilt werden. Das führt zur Getthoisierung in einer Gesellschaft. Natürlich ist vieles zu ändern heutzutage, sowohl in Italien als auch in Deutschland, doch sehe ich die Finanzierung von Privatschulen skeptisch wenn sie weltanschaulich stark geprägt sind wie um nicht nur die kath. Kirche zu nennen, die Waldorfschulen, die die Steiner'sche Lehre so stark vedünnt haben dass man den Ethnorassismus nicht mehr herausschmecken kann.
Eine gut funktionierende Allgemeinschule ist auch wichtig, damit Menschen als Staatsbürger für die Gemeinschaft sozialisiert werden. Mich graut es vor dem Homeschooling und ähnliche Dinge wie sie vorwiegend in der U.S.A. stattfinden. Es könnte auch wünschenswert sein Privatschulen zu subventionieren, aber dann nicht um aus einer Marktlogik heraus Wettbewerbsverzerrungen zu korriegieren, sondern weil sie eine echte Bereicherung für eine demokratische Zivilgesellschaft darstellen.

Sa., 02.08.2014 - 19:06 Permalink