Conte, Giuseppe
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Politik | Referendum des M5S

Rousseau - das grosse Fragezeichen

In einem Referendum soll die Fünf-Sterne-Basis am Dienstag über die Koalition mit dem Partito Democratico entscheiden. Dabei steht die Zukunft des M5S auf dem Spiel
Es ist ein Termin, der im ohnedies zerrissenen Lager der Fünf-Sterne-Bewegung für heftige Kontroversen sorgt. Auf ihrer umstrittenen Internet-Plattform Rousseau soll die Basis der Grillini am morgigen Dienstag über die kontroverse Koalition mit dem Partito Democratico entscheiden.  Von 9 bis 18 Uhr haben die eingeschriebenen Mitglieder die Möglichkeit, auf folgende Frage mit ja oder nein zu antworten: "Sei d'accordo sei il M5S faccia partire un governo assieme al Partito Democratico ?" 
 
Surreal genug, dass diese Befragung stattfindet, noch bevor Giuseppe Conte den Auftrag zur Regierungsbildung bestätigt hat.  
 
Stimmberechtigt sind auschliesslich eingeschriebene Aktivisten, nach Angaben der Bewegung 115.327 Personen - 0,23 Prozent der italienischen Wahlberechtigten.  
Auf der offiziellen Webseite der Bewegung geraten sich Befürworter und Gegner zunehmend in die Haare: "Vorrei sapere come posso, premesso che sono d'accordo con Conte 2, eventualmente votare ?", so Maria Rossella. Marco Madonia erregt sich über das Vorhaben: " Ma scherziamo? Un governo col PD? Dovete essere fuori testa solamente per pensarla, una bestialità simile."  Rosaria: "Non perdiamo questa occasione di un Conte bis, altrimenti siamo fuori dai giochi e consegnano l'Italia alla Lega."  
Das Referendum wirft viele Fragen auf. Welchen Einfluss hat der plötzlich auf die politische Bühne zurückgekehrte Gründer Beppe Grillo? Und wie sicher ist die von Davide Casaleggio betriebene Plattform, in die vor einem Jahr ein Hacker eingedrungen war und die Passwörter und Telefonnummern von Luigi Di Maio veröffentlicht hatte? Die Betreiber der Plattform wurde bereits zweimal vom nationalen Datenschutzbeauftragten Antonello Soro wegen mangelnder Sicherheit an den Pranger gestellt. Und wie wirkt sich das hartnäckige Beharren Di Maios auf das Amt des Vizepremiers  in einer Bewegung aus, in dem ein Begriff wie poltrona schon als unappetitlich gewertet wird?
 
 
Fraglich ist weiter, ob sich die Fünf-Sterne-Parlamentarier an das Verdikt der Basis halten würden. Laut Verfassung sind sie frei und ungebunden. Nicht wenige könnten es als überflüssig empfinden, ihren Sitz zu riskieren in der Gewissheit, ihn bei Neuwahlen zu verlieren. Ein Hasardspiel, denn seit den Parlamentswahlen im Vorjahr ist die Bewegung in Umfragen von 33 auf 19 Prozent abgesackt. Nicht unbedigt vertrauenswürdig klingt, was der offizielle Fünf-Sterne-Notar Valerio Tacchini über dias Votum sagt: "E' un po' come il televoto di Ballando, ballando e X-Factor."
Für Giuseppe Conte und seine Verhandlungen zur Regierungsbildung wird dieses Referendum zum entscheidenden Faktor. Fraktionssprecher Stefano Patuanelli: "Se dovessero prevalere i No, il presidente del consiglio dovrà sciogliere la riserva di conseguenza: in modo negativo. Non vedo alternative".
Dann könnte sich vor allem einer wieder die Hände reiben: Matteo Salvini.

 

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Karl Trojer Di., 03.09.2019 - 10:37

Es ist schon absurd, dass Di Maio das Schicksal Italiens von ein paar 10.000 Mausklicks auf der M5S-Plattform Rousseau abhängig gemacht hat. Hier liegt bei M5S ein Missverständnis über "Direkte Demokratie" vor. Trotzdem erscheint mir dies eher akzeptabel, als ein Duce-Salvini, der alle Macht für sich beansprucht, der allen die Regierungssessel abspricht und nur seinen einzigen "vom Volk gewollten" Thron bewirbt und dem Staatspräsidenten vorschreibt, was er zu beschließen hat.

Di., 03.09.2019 - 10:37 Permalink