Gesellschaft | Reaktion

"Ein Schlag ins Gesicht"

Der Meraner Bürgermeister Paul Rösch antwortet in einem offenen Brief auf die Vorwürfe der Organisatoren der Protestveranstaltung am Meraner Sandplatz und ihrer Anwälte.
Paul Rösch
Foto: Stadtgemeinde Meran

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachrichten. Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht auf jede einzeln antworten kann und erlaube mir, dies in diesem zusammenfassenden Schreiben zu tun. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Ich habe in all meinen Stellungnahmen die Veranstaltung auch nie inhaltlich kritisiert. Es ist in dieser Sache vollkommen gleichgültig, ob es sich um Impfgegner gehandelt hat oder um Impfbefürworter, ob die Regierung kritisiert werden sollte oder gelobt, ob die Grundaussage positiv oder negativ war. Es ist auch kein Argument, dass die Veranstaltung vollkommen friedlich abgelaufen ist. All das habe ich nie zum Thema gemacht oder kritisiert, und ich werde es auch nicht zum Thema machen. Meran ist eine liberale Stadt, die von verschiedenen Meinungen und Perspektiven lebt. Was ich verurteilt habe und weiterhin für inakzeptabel halte, sind die offensichtlichen Regelverstöße, die auf dem Sandplatz stattgefunden haben.

Ich habe in all meinen Stellungnahmen die Veranstaltung nie inhaltlich kritisiert. Es ist in dieser Sache vollkommen gleichgültig, ob es sich um Impfgegner gehandelt hat oder um Impfbefürworter, ob die Regierung kritisiert werden sollte oder gelobt, ob die Grundaussage positiv oder negativ war.

Auch wenn den Veranstaltern zugute zu halten ist, dass sie offenbar mehrfach an die Regeln (Mund- und Nasenschutz, Abstand halten) erinnert haben, zeigen Fotos und Videos, dass sich sehr viele TeilnehmerInnen eben nicht an diese Regeln gehalten haben. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis; und das habe ich verurteilt.

 

Wir alle durchleben gerade eine schwierige Zeit. Viele Menschen werden von den direkten und indirekten Auswirkungen des neuartigen Coronavirus hart getroffen. Für alle, die in den letzten Wochen mit aller Kraft in den Krankenhäusern des Landes um das Leben von an Covid-19 Erkrankten gekämpft und diesen Kampf manches Mal leider auch verloren haben, sind diese offensichtlichen und öffentlichen Regelübertretungen ein Schlag ins Gesicht.

Was ich verurteilt habe und weiterhin für inakzeptabel halte, sind die offensichtlichen Regelverstöße, die auf dem Sandplatz stattgefunden haben.

Für alle, die in den letzten und auch noch in den nächsten Wochen unter den Folgen der zur Eindämmung der Infektionen notwendigen Einschränkungen leiden, ist sie eine Verächtlichmachung ihrer eigenen Bemühungen und Entbehrungen, weil sie die im Kampf gegen die Epidemie erzielten Erfolge unterminieren und gefährden.

 

Für alle, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen größeren Risiken ausgesetzt sind als gesunde Menschen, und für alle, die durch ihre Pflegebedürftigkeit bestimmte Sicherheitsregeln nicht einhalten können, sind sie eine Gefahr für ihr Leben, gegen die sie sich nicht wehren können. In manchen Zusammenhängen kann man darüber diskutieren, ob eine Regelübertretung nicht einfach eine individuelle Entscheidung ist, deren Konsequenzen man als Individuum dann eben selbst zu tragen hat. In diesem Fall ist es nicht so. Eine mögliche Verbreitung des Coronavirus betrifft nicht nur eine Einzelperson, sondern hundertausende und Millionen von Menschen, die sich infizieren und sterben könnten.

Als Bürgermeister sehe ich es als meine moralische Pflicht an, vor allem für die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft einzustehen und sie zu schützen.

Sie können anderer Meinung sein und den Expertinnen und Experten weltweit, die sich mit überwiegender Mehrheit für die getroffenen Maßnahme ausgesprochen haben, widersprechen. Doch wer in diesem Fall die gemeinsam und von den demokratisch gewählten Institutionen beschlossenen Regeln ignoriert, weil er oder sie glaubt, es besser zu wissen, spielt mit dem Leben und der Gesundheit anderer, die sich nicht wehren können und sich nichts zuschulden haben kommen lassen.

Als Bürgermeister sehe ich es als meine moralische Pflicht an, vor allem für die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft einzustehen und sie zu schützen. Das habe ich in diesem Fall getan und das werde ich in allen Belangen, mit denen ich befasst bin, auch in Zukunft tun.

Mit freundlichen Grüßen Paul Rösch