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Bedingungsloses Grundeinkommen: Die Revolution der Möglichkeiten

Hört, hört – oder besser gesagt lest, lest: Die liberal-konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht in ihrem Feuillleton ein Plädoyer für das Bedingungslose Grundeinkommen. Warum wir mehr Muße brauchen, um nicht zu verblöden.

Am Tag, an dem die deutsche SPD grünes Licht für eine Große Koalition in Deutschland gibt, hält das konservative Blatt Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Überraschung bereit: In einer Besinnung auf die Vordenker des Liberalen Grundeinkommens zeigt die FAZ auf, warum eine leistungsunabhängige Grundversorgung aller BürgerInnen weder rechts noch links, sondern vor allem nützlich sein kann.

Versteht man das Grundeinkommen nicht als Sozialleistung, sondern als Grundrecht, dann sind vor allem Thomas Paines Gedanken aus seiner Schrift „Agrarische Gerechtigkeit“ (1796) aufschlussreich: Weil nicht jedem mit der Geburt ein Stück Land zur Verfügung gestellt werden könne, da dies durch das Privateigentum unmöglich geworden sei, müsse ein Grundeinkommen für diesen Verlust entschädigen – und zwar jeden, „ob arm oder reich“, weil „alle Personen darauf gleichermaßen ein Anrecht besitzen, ungeachtet ihres selbst erarbeiteten, ererbten oder anderweitig geschaffenen Vermögens“.

Was zu Paines Zeiten galt, gilt heute, in einer arbeitsteiligen, globalisierten, hochtechnisierten Kapitalwirtschaft erst recht: Ein Stückchen Land hilft keinem weiter, weil wir die agrarische Selbstversorgerökonomie längst hinter uns gelassen haben. So gesehen, ist das Grundeinkommen ein Grundeigentum, um im einundzwanzigsten Jahrhundert sein Leben zu unternehmen.

Interessant auch die Argumentation des Autor, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen weder einem sozialistischem Realexperiment noch der neoliberalen Vorhölle auf Erden entspricht, sondern einen dritten Weg darstellt.

 

Es ist sozialistischer als jeder Sozialismus, da es jedem Bürger einen Mindestbetrag unabhängig von seiner Leistung garantiert, ohne dabei auf die marktwirtschaftliche Wertschöpfung samt der ihr innewohnenden Kraft der Innovation und Rationalisierung zu verzichten. Damit ist das Grundeinkommen zugleich kapitalistischer als jeder Kapitalismus, da es jeden Bürger mit einer Konsumpauschale ausstattet, durch die sich der ökonomische Wettbewerb erst wirklich frei – weil sozial schonend – entfalten kann.

Klar ist: Das Grundeinkommen fordert nicht nur einen  Systemwechsel im Kopf, es würde auch einen anderen Umgang mit Zeit erlauben.

"Gilt heute ausschließlich die Arbeitszeit als funktional sinnvoll verbrachte Zeit, würden in der nachhaltigen Moderne sowohl die mit Eigenarbeit verbrachte Zeiten als auch die des Nichtstuns gleich hoch bewertet werden können, da die Zeithoheit mehr auf die einzelne Person und ihre Bedürfnisse und Präferenzen verlagert würde.“ ... Zeit könnte in viel höherem Maße als heute zur eigenen Zeit werden, so Harald Welzer. Glaubt man dem Schweizer Philosophen Stefan Brotbeck, ist das dringend nötig: „Wir brauchen mehr Muße, um nicht zu verblöden.“

Kurzum: So, wie die Einführung des Grundeinkommens eine mögliche Revolution ist, so ist das Grundeinkommen selbst eine Möglichkeitenrevolution, schreibt der Autor. 

Denn es maximiert die Entfaltungsmöglichkeiten jedes einzelnen. Es will zwar den ganzen Menschen, aber es will nirgends hin mit ihm. Das Grundeinkommen überlässt jedem seine individuelle Planwirtschaft und uns allen die soziale Marktwirtschaft.

 

 

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Profil für Benutzer Maria Theresia Christandl
Maria Theresia… So., 15.12.2013 - 04:39

Bis dieses Denken in die Köpfe der westlichen Leistungsgesellschaft Einkehr halten wird, fließt noch viel Wasser die Etsch runter...Sind es bisher nicht nur gewiefte Lebenskünstler, die sich die Freiheit nahmen ihre Zeit unabhängig von einer regelmäßigen Arbeit zu gestalten? Indem sie sich freiem Denken und Schaffen widmeten? Kassierten sie dafür nicht wenig Anerkennung? Jedenfalls verstehe ich persönlich durch diesen Artikel erstmals welche große Chance hinter einem bedingungslosen Grundeinkommen stehen würde...Zeit, Zeit zu haben-welch kostbares Gut in der heutigen stressigen westlichen Welt...Wieviele Menschen gestalten ihr "leistungsfähiges Lebensalter"mit eintönigen Arbeiten untertags..arbeiten, essen, schlafen -das Muster wiederholt sich gezwungenermaßen um das nötige Geld einzukassieren, vergessen die Muse, die eigene Kreativität, Kultur- verblöden geistig?

So., 15.12.2013 - 04:39 Permalink
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gorgias So., 15.12.2013 - 13:25

>Ich sehe da ein moralisches Problem: Wenn wir jedem Menschen ein BGE auszahlen, muss das Geld doch irgendwo her kommen. Ich muss es vorher jemandem wegnehmen, um es dann nach dem Gießkannenprinzip umzuverteilen. Es gibt also immer noch Nettozahler und Nettoempfänger.<
Was sind dann Steuern?
>Ein BGE kann nur dann funktionieren, wenn wir die Lohnnebenkosten drastisch senken, sonst zahlt es sich nicht mehr aus, zu arbeiten bzw. jemanden einzustellen.<
Das ist klar. Ich sehe aber nicht wo hier das Problem liegt? Die Sozialabgaben falles sowieso weg, weil es keine Rente oder Pension mehr gibt.
>Ich finde das Konzept BGE interessant, zweifle aber an der Sinnhaftigkeit. Wenn sich aber eine Region findet, welche freiwillig den Selbstversuch macht, so wäre ich sehr gespannt auf die Entwicklungen<
Es fehlt leider ein Feldversuch um das wirklich in der Praxis festzustellen. So wie ich das von dir weiss, hast du dich hauptsächlich aus zweitklassigen Quellen informiert. Ich würde dir zumindest empfehlen diesen Film anzusehen. Er hat bei mir nicht alle offenen Fragen beantwortet. Er wird dir aber sicher zu mehr Klarheit zum Thema verhelfen:
http://grundeinkommen.tv/?p=263
Interessant ist zu unterstreichen, dass ein ähnliches Modell vom neoliberalen Nobelpreisträger Milton Friedman propagiert und in den USA fast eingeführt wurde.

So., 15.12.2013 - 13:25 Permalink
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gorgias So., 15.12.2013 - 14:18

>Was sind dann Steuern? Da kaum jemand freiwillig Steuern zahlt, trifft der Aspekt des Wegnehmens und Umverteilens auch auf Steuern zu. Idealerweise würde man für die Dienstleistungen des Staates ja freiwillig bezahlen. Ich wäre beispielsweise bereit, für gute Landstraßen eine Form der Maut zu bezahlen, dann müssten sie aber auch gut sein. Dann zahlen jene mehr, die diese Infrastruktur stark benützen, was fair und gerecht wäre. Doch hier hört der Gerechtigkeitssinn für viele auf - interessanterweise.<
Tut mir leid, das ist aber leider wirklich naiv. Was machst du wenn die Landstrasse nicht gut ist? Dann weigerst du dich diese zu benutzen und läufst zu Fuß über Wanderwege von dir zu Hause zu deinem Studienplatz? Wo es sowieso zu natürlichen Monopolbildungen kommt ist es sicher besser man Überlässt sie nicht dem Markt. Und das Gesundheitssystem, möchtest du so was wie in den Vereinigten Staaten haben? Oder möchtest du dass hier jeder soviel Bezahlen muss wieviel er dieses Beansprucht? Außerdem setzt du dich nicht wirklich mit den Fragestellungen die mit der Diskussion zum BGE anfallen richtig außeinander sondern blockst ab wenn sie mit deinen libertinären Einstellungen kollidieren.
>Ich denke einfach, wenn wir unsere Finanzpolitk und Steuerpolitik verändern, könnten wir auch ohne BGE Teilhabe und Lebensqualität garantieren. Für mich ist das BGE nur eine von mehreren Optionen für eine umfassende Finanz- und Steuerreform.<
Ich gebe dir recht dass unabhängig von der BGE-Debatte eine andere Finanz- und Steuerpolitik notwendig wären. Doch es gibt große Zweifel dass wir es noch schaffen werden Vollbeschäftigung zu erreichen. Wir hatten in den 50-70 Jahren ein Goldenes Zeitalter der Vollbeschäftigung, aber damals gab es auch den notwendigen Wirtschaftswachstum. Auf diese Problematiken gibt es keine Antwort und der steigende Stellenabbau durch Rationalisierung und Automatisierung durch veringerung der Lohnnebenkosten, was ich voll zustimme, kann dies nur abmildern aber nicht stoppen.
Ich habe den Eindruck dass du schon eine Vorgefasste Meinung hast und dich nur als offen Zum Thema miemst es aber verabsäumst dich wirklich gut zu informieren. Hast du dir diesen Film schon angesehen den ich hier Verklinkt habe oder glaubst du schon alles essentielle zum Thema zu wissen?

So., 15.12.2013 - 14:18 Permalink
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Henrik Wittenberg So., 15.12.2013 - 20:10

Kaum eine Idee bewegt die Menschen in den letzten Jahren so sehr wie das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Das lässt sich leicht an der Vielzahl von Modellen ablesen, die mittlerweile die Diskussionen durchfluten. Je nach Modell und Finanzierungsansatz gibt es unterschiedliche Begriffe für im Prinzip Vergleichbares: »Gesellschaftsdividende«, »Negative Einkommensteuer«, »ausgezahlter Mehrwertsteuerfreibetrag«, »Teilhabeabgabe« sind nur einige davon. Überall wird diskutiert, theoretisiert – wie soll das gehen? Arbeitet dann noch einer? Was ist mit den Schmarotzern? Aber wie geht es denn nun wirklich? Wie wäre es endlich mal mit Praxis statt mit Theorie?!

Im Netzwerk BGE-Kreise besteht die Möglichkeit, eigene Erfahrungen in einem geschützten Rahmen mit dem Grundeinkommen zu machen. Elemente von Tauschring, Komplementärwährung und Grundeinkommen wurden hier zu einer Einheit verschmolzen. Jeder Teilnehmer erhält dabei neben einem Startkapital ein monatliches Grundeinkommen in Form einer digitalen Währung. Dieses Geld kann eingesetzt werden, um z.B. Handel zu betreiben oder Dienstleistungen anzubieten. Über eine »Umlauf- und Umsatzsteuer« findet ein erneuter Rückfluss des Geldes in das BGE-Kreise-System statt. Das Geld ist zunächst als »Regionales Geld« vorgesehen, wobei nicht nur Einzelpersonen sondern auch Körperschaften an diesem System teilnehmen können.

http://bgekoeln.ning.com/profiles/blogs/bedingungsloses-grundeinkommen-…

So., 15.12.2013 - 20:10 Permalink
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gorgias Mo., 16.12.2013 - 19:09

Ich weiss jetzt nicht wo du dann hinauswillst mit deiner vorher getätigten Aussage über die Finanzierung und Qualität von Straßen. Das ist meines erachtens eine Grundsatzdiskussion ob etwas vom Staat oder vom Markt übernommen werden soll. Straßen werden von der Allgemeinheit finanziert und unabhängig vom gebrauch. Allgemeine Mobilität wird im Moment als öffentliches Interesse betrachtet. Ich sehe aber nicht wo du mit dieser Kritik hinausmöchtest und wo der direkte Zusammenhang mit dem BGE liegt.
Ich weiss jetzt nicht was du mit dem Wort freiwillig meinst? Ich finanziere auch nicht freiwillig mit meinen Steuern den Brennerbasistunnel und was sonst noch. Das sind politische Prozesse und strukturen wie Finanzierungen über den Staat laufen, das ist aber ein anderes Thema.
>Dass man sich sehr scharf überlegen muss, was für Umverteilungsmechanismen wir anwenden ist doch logisch. Solche Eingriffe können massive wirtschaftliche und kulturelle Folgen haben, siehe HarztIV.<
Da gebe ich dir gerne Recht. Aber dann wünsche ich mir auch gute Kritik zum Thema.
1. Das BGE hat nichts mit dem Gießkannenprinzip zu tun. Das Gießkannenprinzip sind zweckgebundene Beträge die einfach wahllos verteilt werden und einen bestimmten Zweck dann nicht erfüllen. Da sie durch andere Beträge neutralisiert werden oder auch ein Tropfen auf dem heissen Stein sind oder das System sich einfach anpasst.
So führt z.B. der Mietbeitrag dazu führt dass die Mieten steigen, weil man den Mietbeitrag ja nur erhält wenn man in Miete geht und der Vermieter diese abschöpft. Beim BGE gibt es diesen Effekt nicht, weil es kein zusätzliches Geld ist, das man bei einem Mietverhältnis bekommt.
2. Der Bürger steht so und anders im Verhältnis mit dem Staat. Wenn du von Symbiose zwischen Staat und Bürger sprichts denke ich eher an totalitäre Systeme. Vieleicht ist das auf dem ersten Blick nicht sichtbar, aber ich sehe das BGE als Grundrecht so wie das Recht als Eigentumsrechts als Abrenzungsmöglichkeit und die Schaffung von Unabhängigkeit vom Staat und Behörden. In Westeuropa sehe ich am meisten Symbiose das Beitragssstem in Südtirol, wo man zu einer Morgenaudienz geht und beim Frohnherrn um ein Spende zu betteln. Oder auch HarzIV und 1-Euro-Jobs das ich auch als Sackgasse sehe, da Individuen Entmündigt werden und ihnen jede Lust an Eigeninitiative genommen wird und gleichzeitig auch noch bezahlte Arbeitsplätze vernichtet werden.

Ich weiss nicht wo du eine Symbiose aus Staat und Bürger herausliest, aber ich sehe das BGE mehr als Rückzuck des Staates.

Mo., 16.12.2013 - 19:09 Permalink
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gorgias Mo., 16.12.2013 - 21:56

>Ich wollte damit eigentlich zum Ausdruck bringen, dass ICH als Bürger für gute Dienstleistungen gerne bezahle.<
Wenn es sich am Ende herausstellt, dass es nicht funktioniert, dann bin ich sicher auch nicht dafür bezahlen möchte, deswegen wäre es gut herauszufinden ob das BGE etwas gutes ist oder nicht. Es gibt viele in den USA die meinen ein allgemeine Krankenversicherung wird für jene die jetzt eine private Versicherung haben teurer, aber wenn man die Kosten mit Europa vergleicht stellt sich das Gegenteil heraus. So kann ich mir auch Vorstellen dass das so auch mit dem BGE sein könnte. Dass das BGE soviele positive sozialen direkten und indirekten Wirkungen hat, dass dadurch andere Kosten nicht entstehen, wie z.B. Personen die psychisch Erkranken weil sie mit 55 in Arbeitslosigkeit sind, aber nicht mehr in der Arbeitsgesellschaft integriert werden können und sich sozial Isolieren. Auch könnte es sein dass die effizienz Steigt weil Menschen mehr mut haben sich neu zu orientieren und nicht 15 Jahre bis zu Pensionierung Arbeit nach Dienst machen.
Außerdem gibt es auch Dinge für die man selbst aus weltanschaulichen Gründen nicht gerne bezahlt: So gibt es Menschen die nicht für Abtreibungskliniken, Kinderkrippen, "Herdprämie", Kindergeld, hohe Pensionen und anderes gerne bezahlt, das ist Teil des politischen Prozesses dass nicht genau das herauskommt was einem PERSÖNLICH am besten passen würde.
>Mit freiwillig meine ich: Es sollte nicht so sein, dass beispielsweise Letta hergeht und sagt: Wir probieren jetzt in Kalabrien oder Umbrien das BGE aus, sondern die Menschen sollten sich dort selbst dazu entschließen und man sollte jenen Menschen, die an einem solchen Experiment nicht teilnehmen wollen (wie z.B. mir) die Möglichkeit geben, nicht mitzumachen.<
Ich weiss jetzt nicht warum du nicht an dem Experiment mitmachen möchtest. Auch bei einem Experiment gehe ich davon aus dass eine Region durch los ausgewählt wird und dann alle die zum Zeitpunkt x dort ansässig sind das BGE erhalten. (Ist jetzt ein Beispiel) Wenn du auf dein Recht auf ein BGE verzichten möchtest, dann kannst du das gerne tun. Wärst aber einer der wenigen. Auch wird es nicht sein dass von einem Tag auf dem anderen einer Region das BGE "aufgezwungen" wird. Das braucht auch Vorarbeit und Aufklärung. Und ich kann mir kaum Vorstellen dass jemand kein BGE möchte. Es gibt auch Menschen die der Meinung sind: "Ich brauche keine Sozial- und Krankenversicherung ich habe einen Superjob und werde wahrscheinlich nicht Krank und wenn ist es meine Schuld ich will für das Gesundheitssystem keine Abgaben zahlen." Diese Person wird aber trotzem mitzahlen müssen, weil es sich um ein System handelt wo einzelne nicht Ausgenommen werden können und es trotzdem gut funktionieren kann. Wenn so was dann endgültig eingeführt wird geschieht das nach einer breiten Öffentlichen Diskussion auf einer informierten Basis. So was wird nicht von morgen auf heute eingeführt.

Mo., 16.12.2013 - 21:56 Permalink
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gorgias Di., 17.12.2013 - 00:09

Ihr Modell ist eine Komplementärwährung kombiniert mit einer Umverteilung auf die Mitglieder dieser Komplementärwährung über "Steuern" und die Umlaufsicherung. Ich finde es aber nicht seriös dies als BGE zu bezeichnen, weil dieses Modell nicht die allgemein anerkannte Definition des Netzwerks für Grundeinkommen erfüllt:
https://www.grundeinkommen.de/die-idee

Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt. Es soll
die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
ohne Bedürftigkeitsprüfung und
ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.

1. Mit Ihrer Komplementärwährung wird nicht die Existenz gesichert, die zu einem echten BGE gehören würde, da nicht garantiert wird dass mit den 400 Währungseinheiten die man monatlich erhält die eigene Existenz sichern kann, da weder die Kaufkraft dieser WE stabil unbedingt stabil ist, noch einen Anahmezwang besteht wie für die offizelle Währung Euro. Somit ist auch die gesellschaftliche Teilhabe nicht gesichert, da ich nicht mit dieser Komplementärwährung sicher sein kann, dass ich damit eine Kino- oder Theaterkarte kaufen kann.
2. Auch ist fraglich ob ich diesen individuellen Rechtsanpsruch durchsetzen kann, wenn das System zusammenbricht oder alle aussteigen ist diese praktisch nicht mehr vorhanden, eine gesetzlich gesichertes Grundeinkommen ist etwas ganz anderes.

Ansonsten finde ich die Kombination von diesem "Umverteilungsmechanismus" mit einer umlaufgesicherten Komplementärwährung nicht uninteressant, aber dies als BGE zu bezeichnen ist meines erachtens schon grenzwertig zu einem Etikettenschwindel.

Di., 17.12.2013 - 00:09 Permalink
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Henrik Wittenberg Di., 17.12.2013 - 15:42

Die BGE-Kreise zahlen natürlich kein staatliches BGE an alle Bürger – was auch gar nicht gewollt ist, denn unser Netzwerk ist als ERGÄNZUNG zum derzeitigen System gedacht und soll es nicht ersetzen. Daher wird auch nur ein BGE in Höhe von 400 Euro ausgezahlt, da genau dieser Betrag unserer Meinung nach im heutigen System fehlt (dort beträgt die Grundsicherung knapp 700 Euro), damit man von einem rechten Soziokulturellen Existenzminimum sprechen kann (entspräche dann einem BGE in Höhe von ca. 1.100 Euro exklusive KV). Deshalb muss unser BGE auch nicht den Kriterien des Netzwerk Grundeinkommen entsprechen, wobei die existenzsichernde Höhe als 4. Kriterium auch nur in Europa anerkannt ist, Weltweit (BIEN) gilt auch ein die Armut abschaffendes Grundeinkommen als »UBI«. Innerhalb der BGE-Kreise wird es schließlich an jeden, ohne Bedürftigkeitsprüfung und Zwang zu Gegenleistung ausgezahlt – das ist sonst in keinem Tauschring und auch nur in einem Regionalgeldsystem (»Lindenthaler«) in Deutschland der Fall (wobei wir ja überregional – demnächst mit Wien auch europaweit – tätig sind). Deshalb sehen wir die BGE-Kreise auch nicht als »Etikettenschwindel« an, denn hier darf jeder freiwillig mitmachen, um das Grundeinkommen in einem Erfahrungsfeld auszuprobieren. Und solange es noch kein BGE in der von uns geforderten Höhe (s.o.) gibt, werden die BGE-Kreise in Zukunft für viele Menschen auch noch notwendig bleiben …

Weitere Fragen werden übrigens in diesem Vortrag geklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=59ykcjurCNQ

Di., 17.12.2013 - 15:42 Permalink
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gorgias Di., 17.12.2013 - 17:36

So interessant ich auch die Verwendung dieses Verteilungsmechanimus für Komplementär/Regionalwährungen finden kann, ist die Bezeichnung BGE nicht korrekt, weil es wesentliche Elemente des BGE nicht erfüllt und zwar:
---->DIE EXISTENZ SICHERN UND KULTURELLE TEILHABE ERMÖGLICHEN

Di., 17.12.2013 - 17:36 Permalink
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Henrik Wittenberg Mi., 18.12.2013 - 22:55

Das Projekt »BGE-Kreise« hat weder etwas mit »E« noch mit »Trittbrettfahrerei« zu tun. Es ist einfach ein überregionales Praxisprojekt mit aktuell 400 Teilnehmern, ähnlich wie die regionalen Praxisprojekte in Namibia, Brasilien und Indien:

http://bgekoeln.de/055be19c390caa434/index.html

Auch dort wird das BGE nicht im Rahmen eines staatlichen Grundrechts an die Teilnehmer ausgezahlt sondern es wird aus Zuwendungen und privaten Spenden gespeist. Des Weiteren sind diese Auszahlungen auch nicht in einer Höhe, welche die Existenz und kulturelle Teilhabe der Teilnehmer sichern sondern verhindern gerade mal die absolute Armut. Trotzdem gelten sie bei in der weltweiten Grundeinkommensbewegung – egal ob BIEN oder den Grundeinkommens-Netzwerken in Deutschland und Österreich – als vorbildliche »BGE-Pilotprojekte«. Der Unterschied zu den anderen BGE-Projekten liegt nun darin, dass die BGE-Kreise überregional laufen und dass hier das BGE innerhalb des Projektes in Form einer Komplementärwährung an die Projektteilnehmer ausgezahlt wird (beides hat seine Vor- und Nachteile gegenüber regionalen BGE-Projekten mit Landeswährungen).

Es ist deshalb nicht zu erkennen, warum durch ein weiteres (überregionales) BGE-Pilotprojekt nun plötzlich »die Aufklärungsarbeit erschwert« oder gar »die Begriffe verwässert« werden.

Wenn es einen Glaubenssatz gibt, der mich und meine Mitstreiter seit Jahren begleitet, dann ist es die folgende Erkenntnis: »Grundeinkommen – nicht so schnell wie möglich sondern so gut wie möglich!«. Wann das BGE in Deutschland eingeführt wird ist also nicht nur kaum vorhersehbar – es kann auch nicht das Ziel sein, eine solche gesellschaftliche Entwicklung künstlich zu beschleunigen um einen Zustand, der einem selbst vielleicht schon als selbstverständlich erscheinen mag, möglichst rasch herbeizuführen.

Dabei müssen sich eine geduldige Aufklärung mit der Zielsetzung, möglichst alle Bürger umfassend über die Idee des BGE aufzuklären, und eine spielerische Heranführung, in dem ich das Grundeinkommen als Erfahrungsfeld für alle Interessierten bereitstelle, überhaupt nicht ausschließen – im Gegenteil: durch die Praxis des erlebten Grundeinkommens in der Gemeinschaft lassen sich gerade die Menschen für das Thema begeistern, die man durch theoretische Ausführungen (z.B. in Form von juristischen und mathematischen Traktaten) niemals erreicht hätte.

Mi., 18.12.2013 - 22:55 Permalink