Economy | Kommentar

Bitte kein Happy End

Der Film zieht sich. Showdown am Mittwoch, 25. Juni. Ein Spektakel läuft ab, das längst langweilig geworden ist. Und doch mit Spannung verfolgt wird.

Da stehen wir also, schauen zu, und erwarten ein Showdown. Doch sitzen wir nicht schon mitten drin, im Spektakel? Der Regieplan schon längst vorgezeichnet? Und während Worte wie Bahnhofspark, Kubaturdichte, Handel und Virgl auftauchen. Stellt sich die Frage: Wer hat im Hintergrund für wen seine Strippen ordentlich gezogen? Wer rettet wen, weshalb? Und wer wird wovor bewahrt?

Die Hauptrollen
René Benko,
"The good speculator" ist zwar Nordtiroler, doch von Euregio will in diesen Tagen niemand etwas wissen. Daheim ist eben daheim, das Geld soll von Boznern für Bozner bereitgestellt werden. Auf der Bühne, Georg Oberrauch "The honest Southtyroler" samt vielen ehrlichen und geldkräftigen, einheimischen Kräften - viele auf der Warteliste. Der "wise Major" Spagnolli bemüht um Ausgleich, den es nicht geben kann.

Die Nebendarsteller oder Soffleure
Die Bühne ist groß und die Komparsen machen sich breit. Politische Grenzen, Verbandsfronten werden aufgelöst. Der Handels- und Dienstleistungsverband hat Angst vor einer "irrsinnigen Handelsfläche", Grüne und SVP mögen sich gerne in diesen Tagen. Vereint gegen Benko sein, macht stark. Öffentliches, vor privatem Interesse ist die Devise. Bozen muss geschützt werden. Vor wem, das wissen wir nicht so genau. Und die Frage taucht auf: Ist das Öffentliche Interesse wirklich das Bessere?

Gemeinderat Rudi Benedikter ist zuversichtlich und schreibt: "Nach ausführlicher Diskussion hat sich heute (24. Juni) Mittag die Bozner Ratsmehrheit auf eine reduzierte, “stadtverträgliche” Dimension des sog. “Plans für die Städtebauliche Umgestaltung des Areals zwischen Südtirolerstraße, Perathonerstraße, Bahnhofsallee und Garibaldistraße” (kurz: Planquadrat Bushof) verständigt. Neben den Vorgaben der SVP (maximal 20.000 mq Handelsfläche, was ich begrüße) wurden auch die wesentlichen Punkte meiner Position berücksichtigt:  Der Bahnhofspark bleibt voll erhalten und wird aufgewertet, Gebäudehöhen und Baufluchtlinien gemäß Bestand und Bauleitplan (zwischen 19 und 25 Meter); großzügige Ausweitung der Fussgängerzonen,  Minimum an neuen Parkplätzen Verkehrsstrukturen gemäß Gutachten Prof. Hüsler. Nicht Teil des Rahmenplans soll hingegen die „verkehrstechnische Anbindung des Virgls durch eine Seilbahn“ werden: Jedoch soll sie zeitgleich und unter Ausnützung der  technischen und finanziellen Synergien mit der „Operation Planquadrat Bushof“ durchgeführt werden."

Zurechtgeschneidert könnte man sagen, um den auszustechen, der die Idee, Bozen aufblühen zu lassen zuerst hatte? Doch auch darüber wird gestritten, und es geht wohl darum: Wer soll, wer darf der Retter Bozens werden?

Dazwischengeschoben
Auf der Bühne mit Benko wollen sich die Grünen nicht mehr sehen lassen. Das könnte sich unschön ausnehmen. Präsentiert habe er schon alles, der Immobilienmogul, seine Privatinteressen eben. Warum noch mal dasselbe Spiel? Ausladung aus dem Koordingierungsausschuss am 23. Juni für den Käufer, Einladung von Bürgermeister Luigi Spagnolli am selben Tag. Verständnis hatte der erste Mann aus Bozens Ratsstube schon früh gezeigt. Am 17.Mai sagt Spagnolli zu salto.bz: "Ich kann Benko durchaus verstehen, er hat sein Gesuch um die Verbauung am Busbahnhof bereits vor 6 Monaten bei uns eingereicht und damals hieß es, die Frist beträgt 30 Tage, dann wird der Wettbewerb ausgeschrieben. Wir haben jetzt Mai und es sind mehrere Fristen verstrichen, ein Unternehmer kann nicht nur zuwarten." Last but not least und vielleicht überhaupt alles entscheidend (doch wie sollte es anders sein in Südtirol) gibt es einen medialen Zwischenrufer. Der Benko ausstechen will um nicht selbst unter die Räder zu kommen?

Die Ferne - die Nähe
Klaus Ladinser, der Vizebürgermeister weilt in Kanada, aus der Ferne beobachtet er das Bozner Spektakel. Juni ists, die Zeiten verstreichen. Der Film zieht sich. Unwissenheit von Luigi Gallo, Assessor für öffentliche Arbeit in der Gemeinde Bozen. Wofür er steht, will er nicht sagen, eines ist fix: "Non so nulla nemmeno della posizione ufficiale del PD, a dire il vero. Al di là della posizione personale del sindaco non mi pare che il partito si sia mai espresso in merito." Heimlich und leise tasten sich die Zu- oder Gegenspieler zueinander, aneinander vorbei? Guido Margheri von der SEL stellt düstere Zeiten in Aussicht. Das Areal rund um die Handelskammer werde durch René Benkos Projekt abgewertet, das Grüne im Bahnhofspark, der Verkehr zu wenig beachtet.

Show oder Realität?
Man tut sich schwer, mit der Ehrlichkeit. Als ZuschauerIn mein ich, als BürgerIn. Ein Ping-Pong Spiel wird irgendwann ermüdend. Einschläfernd fast. Zeiten scheinen nicht mehr zu gelten, Drohungen lösen sich ins Nichts auf. Doch wie beim Ping-Pong können ungeahnte Schläge einen plötzlich aufreißen. Warten wir darauf? Auf den Showdown?

Das Ende
"Wir wissen aus Studien, dass rund 80 Prozent der Bevölkerung unser Projekt befürwortet und für gut befindet", schreibt Heinz Peter Hager. Welche Studien, die wer, wann gemacht hat? Benko gibt sich im Gespräch mit der Südtiroler Tageszeitung gelassen. "Neues bedeutet auch immer Unbekanntes", sagt er. Und ein bisschen gelangweilt warten wir auf das Ende des Films oder den richtigen Anfang. Gelangweilt, gemischt mit einem Kribbeln im Bauch. Denn ein Happy End kann es nicht für alle geben.