Cronaca | Justiz

Freispruch für Christian Troger

Der Gewerkschafter ist im Strafprozess, den Hotel Palace und HGV gegen ihn angestrengt hatten, in zweiter Instanz vom Vorwurf der Rufschädigung frei gesprochen worden.
Christian Troger
Foto: UILCA

“Ich bin sehr erleichtert.” Die Worte kommen Christian Troger am Donnerstag Nachmittag leicht über die Lippen. Der Vize-Sekretär der Gewerkschaft UIL-SGK hat eine Odyssee hinter sich, die heute (8. Juni) eine für ihn erfreuliche Wende genommen hat.

Begonnen hatte alles im fernen Jahr 2011. Damals war in der Gewerkschaftszeitung der UIL-SGK in der Rubrik “Demokratischer Dialog” ein Beitrag von Christian Troger erschienen, in dem der Gewerkschafter von arbeitsrechtlichen Missständen am Meraner Nobelbetrieb Hotel Palace berichtete. Es dauerte nicht lange bis sich die damalige Führungsriege des Palace, Massimiliano Sturaro und Henri Chenot, an die Bozner Staatsanwalt wandten und Anzeige gegen Troger erstatteten – mitgetragen vom inzwischen Ex-HGV-Präsidenten Walter Meister. Man fühlte sich von Troger verunglimpft und klagte wegen “angeblicher Rufschädigung”. “Dass auch der HGV auf den Anklage-Karren aufgesprungen ist, nährt bei mir den Eindruck, dass man mir das Wort verbieten will”, gestand Christian Troger damals.
Nach einem Verhandlungsmarathon, der sich über vier Jahre hinzog, wurde am 13. November das erstinstanzliche Urteil gefällt. Die Richter am Bozner Landesgericht sprachen Troger wegen Diffamierung schuldig. Große Enttäuschung beim Gewerkschafter: “Ich werde als Verbrecher abgestempelt, weil ich die Missstände in der Arbeitswelt aufgezeigt habe”, meinte er nach Verkündung des Urteils im November 2015 zu salto.bz. Und weiter: “Dieses Urteil bedeutet, dass das gewerkschaftliche Recht auf sozialpolitische Kritik untergraben wird und gleichzeitig eine Infragestellung der Demokratie.” Für ihn war klar: Er wird gegen das Urteil Rekurs einlegen.

Die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hätte bereits im März dieses Jahres stattfinden sollen. Doch Trogers Anwalt, Nicola Canestrini, beteiligte sich damals an einem Streik der Strafverteidiger. Daher wurde der Termin auf den 8. Juni verschoben. Um 11 Uhr begann die Verhandlung am Donnerstag Vormittag. Vor gut gefüllten Zuschauertribünen – vor allem Gewerkschaftsvertreter waren in den Gerichtssaal gekommen – verlas der dreiköpfige, ausschließlich weiblich besetzte Richtersenat gegen 14.15 Uhr das Urteil. Es lautet auf Freispruch für Christian Troger. “Die Richterinnen haben mich vom Vorwurf der Rufschädigung freigesprochen, weil dieser Tatbestand nicht besteht”, berichtet Troger am Telefon.

“Ich habe mich sehr gefreut, dass dieser eigentlich relativ politische Prozess mit derart großem Interesse verfolgt wurde.”
(Christian Troger)

Froh ist er nicht nur, weil er nun die geforderte Schadenersatzzahlung nicht leisten und auch die Prozessspesen nicht übernehmen muss – “dafür hätte ich ein Darlehen aufnehmen müssen” –, sondern auch, weil mit dem Urteil “das Recht auf gewerkschaftliche Kritik abgesichert wurde”. “Eine sehr gute Sache”, meint Troger hörbar zufrieden. Bestätigt sieht sich der Gewerkschafter auch von Staatsanwältin Donatella Marchesini: “Sie hat in ihrem Plädoyer eine Revision des erstinstanzlichen Urteils eingefordert. Das heißt, sie erachtet es als notwendig, dieses in Frage zu stellen.”

Das Oberlandesgericht hat nun 40 Tage Zeit, um die Urteilsbegründung vorzulegen. Danach besteht die Möglichkeit für die Anklage – Sturaro, Chenot und Meister lassen sich von der Kanzlei Brandstätter vertreten –, Einspruch vor dem Kassationsgericht einzulegen. Doch daran will Christian Troger am heutigen Tag nicht denken. “Derzeit verspüre ich einfach eine große Erleichterung nach einer langen, ungewissen Zeit.”

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alfred frei Gio, 06/08/2017 - 17:56

Jetzt nimmt sich die Kanzlei Brandstätter hoffentlich die Zeit, den arbeitsrechtlichen Mißständen eine neue gerichtliche Bedeutung zuzumessen. Für die Gewerkschaftsbewegung könnte sich eine interessante und erfolgreiche Zusammenarbeit anbahnen. Oder nicht ?

Gio, 06/08/2017 - 17:56 Collegamento permanente