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Gatterers Ultimatum

Ingomar Gatterer setzt dem Land ein Ultimatum – und macht sich zum Schutzherren der kleinen Mietwagenunternehmer. Warum tut er das?

Die Mitteilung ging am Dienstag Nachmittag nicht nur an alle Medien, sondern auch an Landeshauptmann Arno Kompatscher, Mobilitätslandesrat Florian Mussner und seine führenden Beamten, alle Parteien des Südtiroler Landtags, die SVP-Parteileitung sowie einzelne Vertreter des Transportsektors. Der Absender: Ingomar Gatterer, CEO der SAD AG, wie er seine Funktion als geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied selbst in US-amerikanischer Manier beschreibt. Der Inhalt? Eine weiterer Schuss vor den Bug der Landesverwaltung, mit der der ehrgeizige Pusterer Unternehmer spätestens seit der Affäre um das Informationssystem im öffentlichen Nahverkehr im Clinch steht. Dieses Mal geht es dem SAD-Mehrheitseigentümer aber weder um den Informations- und Serviceprovider (SII) noch um visionäre Verkehrsprojekte wie eine Dolomiten-Bahn. Gatterers Message ist vielmehr ein Frontalangriff auf die im Mai verabschiedeten Landesrichtlinien für die Vergabe von Subkonzessionen und Unteraufträgen im öffentlichen Nahverkehr.

Demnach sollen Liniendienste fortan vornehmlich von Linienbussen bedient werden – und nur ausnahmsweise von Reisebussen, die ausschließlich dann zum Zug kommen sollen, wenn andere Linienkonzessionäre nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen. Eine längst überfällige Reglementierung einer bisherigen Spielwiese der SAD, die einzelne Dienste beliebig an genehme Busunternehmer vergeben bzw. nicht genehmen vorenthalten konnte, findet so mancher in der Branche. Und vor allem eine Entscheidung im Sinne des Fahrgastes, der einen Linienbus nicht nur sofort erkennen soll, sondern auch in den Genuss dafür geschaffener Merkmale kommen soll – wie dem flachem und breitem Einstieg, Stopp-Tasten für Ausstiege oder- bei neuen Bussen - auch Infomonitore, auf denen die nächsten Haltestellen angezeigt werden.

Anwalt der Kleinen

Kein Problem für einen der großen Player im heimischen Busgeschäft, mag man meinen. Doch CEO Gatterer sieht das ganz anders: „Ich teile mit, dass die SAD AG eine Vorgehensweise dieser Art nicht mittragen wird“, schreibt er in der Mitteilung. Als Begründung dafür gibt er einerseits an, dass die öffentlichen Beiträge zum Ankauf von Linienbussen in der Vergangenheit planlos vergeben wurden. Dadurch hätten einige Konzessionsunternehmer nun ungenutzte Busse in der Garage stehen; andere hätten zu wenige. Dazu zähle auch die SAD, die deshalb indirekt dazu gezwungen sei, Dienste an Dritte abzutreten, weil sie nicht genügend Fahrzeuge habe. Vor allem aber schwingt sich Gatterer in seinem Schreiben zum Schutzherren der Mietwagenunternehmer auf. „Tatsache ist, dass der Linienkonzessionär mit dieser Vorgehensweise im Rahmen seiner geschützten Position Dienste ohne Beschränkung aufstocken, sich die besten Linien im Vorfeld aussuchen und dem Mietwagenunternehmen damit kontinuierlich Marktanteile entziehen kann“, schreibt er. Der plötzliche und amtlich vorgegebene Auftragsentzug würde diese Betriebe, die in den vergangenen Jahren erhebliche Eigenmittel in Fuhrpark und Mitarbeiter investiert hätten, in erhebliche Existenzschwierigkeiten bringen.

Ingemar Gatterer: "Die SAD akzeptiert das nicht"

Versprochen ist versprochen

Das Konsortium der Südtiroler Mietwagenunternehmer (KSM) mag es ihm danken. Doch warum stellt sich Big Gatterer, dessen Pfalzner Familienbetrieb auch durch die Übernahme mehrerer kleiner Betriebe zu einem der größten privaten Linienbusbetreiber des Landes geworden ist, so vor die kleine Konkurrenz? Die wahrscheinlichste Antwort findet sich in einem „Knebelvertrag“, wie ein Abkommen Gatterers bereits im heurigen Frühjahr in einem Artikel des Wochenmagazins ff bezeichnet wurde. Demnach mussten sich die rund 50 Mitglieder des KSM schriftlich verpflichten, bei der Neuausschreibung der Konzessionen im Jahr 2018 nicht gegen die SAD, sondern in einer Bietergemeinschaft mit ihr anzutreten. Im Gegenzug dafür sichert ihnen Ingemar Gatterer schon jetzt sichere Arbeit zu. Sollte die SAD die Konzession gewinnen, wurde den Mietwagenunternehmern laut ff-Bericht gar 10 % des Kuchens versprochen.

Den gilt es jetzt natürlich zu verteidigen – auch wenn der Vertrag, den drei Mitglieder nicht unterschrieben haben, mittlerweile an den Garanten für Wettbewerb weitergeleitet wurde. Doch Gatterer, der die Chancen der SAD bei der Ausschreibung durch ein Public-Private-Partnership-Projekt mit dem Land erhöhen will, scheint sich seiner Sache weiterhin sicher zu sein. "SAD akzeptiert nicht, dass das Amt für Mobilität vorschreibt, welchem Unternehmen Linien zu übertragen sind“, schreibt der selbstbewusste CEO. Sollte der Beschluss der Landesregierung deshalb nicht innerhalb August 2016 ausgesetzt werden, würde die SAD mit Eigenmitteln 65 neue Busse ankaufen und alle Dienste selbst erbringen, droht er. Damit würde sich das Kapitel Unterbeauftragung von selbst erledigen – „wodurch weder andere Linienkonzessionäre noch Mietwagenunternehmen in den Genuss von Fahrleistungen kommen würden“, so Ingemar Gatterer.

"Für uns als Libus gibt es keinen Grund dagegen zu sein"

Nun ist zu sehen, wie Politik und Verwaltung auf dieses Ultimatum reagieren. Eine erste Reaktion kam am Dienstag Abend von einem der drei Busunternehmer, die Gatterers Vertrag nicht unterschreiben haben: Markus Silbernagl, Chef des  gleichnamigen Seiser Busunternehmens und Präsident des Konsortiums der Linienbusunternehmer (Libus), in dem sich 19 Konzessionäre (darunter auch das Unternehmen Gatterer) zusammengeschlossen haben. „Sollte die SAD die Linienbusse selber kaufen und die Dienste künftig selber abwickeln, gibt es für uns als Libus keinen Grund dagegen zu sein“, nimmt er Gatterer Wind aus den Segeln. Denn die Libus-Mitglieder, die vor allem in der östlichen Landeshälfte operieren, hätten zumindest vorerst ihre eigenen Konzessionen und ohnehin nicht ausreichend Kapazität, um die Nachfrage der SAD auch nur zu Hälfte bedienen zu können. Macht Gatterer seine Drohung also war, würde laut Silbernagl nur die Qualität im öffentlichen Nahverkehr steigen. Das allerdings wird wohl niemanden das Fürchten vor Ingomar Gatterers Ultimatum lehren. 

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Christoph Moar Mer, 08/10/2016 - 20:28

In risposta a di Susanne Pitro

Nein, Ingemar/Ingomar nutzt beide Schreibweisen. In der entfernteren Vergangenheit findet man Herrn Gatterer meist als Ingomar firmiert, in den jüngeren Pressemeldungen und Aussendungen als Ingemar. In seinem eigenen Lebenslauf schreibt er sich Ingemar. http://www.ingomargatterer.it/pdf/LebenslaufIngomarGatterer.pdf

Damit hat Salto.bz sogar alles richtig gemacht. In einem einzigen Artikel beide Schreibweisen ;)

Mer, 08/10/2016 - 20:28 Collegamento permanente