Politica | Covid-Krise

Neues Hilfspaket abgesegnet

Der Südtiroler Landtag billigte gestern angekündigtes 500-Millionen-Hilfspaket. Die Opposition fordert rasche Umsetzung. Finanzierung ist laut Kompatscher gesichert.
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Foto: Landtag/GNews

Dem Landtag oblag gestern die Behandlung des Gesetzesentwurfs zur Änderung des Haushalts, der unter anderem zusätzliche Hilfsmaßnahmen im Umfang von 500 Millionen vorsieht. Mit dem kürzlich von der Landesregierung vorgestellten Hilfspaket sollen, neben den bereits laufenden staatlichen Hilfen und den bestehenden Maßnahmen des Landes, zusätzliche Gelder an Arbeitnehmer, Familien und Unternehmen ausgeschüttet werden. Trotz planmäßiger Verabschiedung mit 19 Ja und 15 Enthaltungen, sowie grundsätzlicher Billigung von weiteren Hilfsmaßnahmen seitens der Opposition, gab es eine rege Debatte über die Herkunft der Mittel, deren Verteilung und die fehlende Einbindung des Landtages.

Insgesamt 500 Millionen Euro, 435 Millionen davon zur sofortigen Verwendung und 65 Millionen in Form eines Reservefonds für weitere Maßnahmen, will die Landesregierung laut den verlautbarten Plänen locker machen, um den von der Krise gebeutelten Südtirolern unter die Arme zu greifen. Begrüßt wurde dieses Ansinnen von der breiten Mehrheit der Fraktionen im Landtag. Seven Knoll, Abgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit, bezeichnete die Haushaltsänderung als unterstützenswert, forderte aber gleichzeitig, dass man sich Gedanken über weitere Hilfspakete machen müsste: 500 Millionen Euro seien in Relation zu den von Pleite und Arbeitslosigkeit bedrohten Betrieben und Menschen viel zu wenig. Für Andreas Leiter Reber von den Freiheitlichen wird die Qualität der Hilfen hingegen wesentlich davon abhängen, „wann die Beträge auf den Konten der betroffenen Menschen landen.“ Dem pflichtete auch Diego Nicolini (M5S) bei - viele wüssten schlicht nicht mehr weiter.

Breiter Unmut herrschte über die fehlende Transparenz und Einbeziehung der parlamentarischen Minderheit, sowie der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung des Hilfspakets. Die Grünen in Person Hanspeter Stafflers kritisierten die fehlenden Details bezüglich der Vergabe der Gelder, die zudem eine klare Schieflage zugunsten der Wirtschaft erkennen ließen. Insgesamt fast 400 Millionen Euro, davon 280 Millionen an Fixkostenzuschüssen und 100 Millionen an Kapitalbeiträgen, stünden 55 Millionen für Bürger und Familien entgegen. Sozial ausgeglichen sei das nicht, meint Staffler, es müsse eine Arbeitsplatzgarantie geben. Zuspruch dafür gab es auch aus den Reihen der SVP-Arbeitnehmervertreter. Helmuth Renzler sprach von der Gefahr, dass viele Betriebe die Krise als Gelegenheit nutzen könnten, Personal abzubauen. Das Team K hingegen begrüßte es, dass durch die Anpassung der Kriterien, wie der Anhebung des maximal förderungswürdigen Familienvermögens auf 60.000 Euro, nunmehr auch der Mittelstand verstärkt bedacht würde.

 

Wer begleicht die Rechnung?

 

Noch nicht abschließend geklärt dürfte indes die Finanzierung der Hilfsmaßnahmen sein. Die neue Regierung um Mario Draghi hatte nämlich im Februar noch beschlossen, das Stabilitätsgesetz 2021 und jenes zum Haushaltsvorschlag 2021-2023 anzufechten. „Uns fehlen schlicht die Mittel, unsere Ausgaben zur Gänze zu bestreiten und unseren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes zu leisten. Formalrechtlich hat die Regierung also recht,“ gesteht Landeshauptmann Arno Kompatscher. Allerdings bestehe für das Land die Möglichkeit, jene Beiträge in den Haushalt einzutragen, die der Staat in Form von Einnahmen aus Akzisen auf Treibstoff und Glücksspielsteuern ohnehin noch schuldig sei, in Summe 528 Millionen Euro. Einer Anfechtung sehe Kompatscher angesichts jüngster Urteile des Verfassungsgerichts gelassen entgegen.

Paul Köllensperger warf ein, dass der Staat laut Abkommen in Notsituationen 10 Prozent einfordern könne. Es stelle sich also die Frage, ob man mit dieser Einschreibung auf Konfrontation gehen wolle. Das wäre laut Köllensperger schlecht für die Verhandlungen zur Stundung des jährlichen Beitrags zum staatlichen Haushalt. Zumal es mit dem Regierungswechsel zu veränderten Vorzeichen gekommen und die SVP für Draghi nicht mehr das Zünglein an der Waage in Sachen Mehrheitsfindung sei. Auch die Vertreter der Grünen, des Partito Democratico und der Freiheitlichen sehen die Rechnung der SVP kritisch und hegen Zweifel, ob der Staat diesen Vorstoß billige. Alessandro Urzì sprach gar von einer reinen Fassadenoperation und einem einseitig beschlossenen Blankoscheck.

 

Replik und Zeitplan

 

Von Seiten der Landesregierung und der Mehrheitsfraktion wurde mehrmals betont, dass sich die vorgestellten Hilfsgelder zu den bereits bestehenden Unterstützungsleistungen gesellten. Gleichwohl sei man sich bewusst, dass man nicht sämtliche Einbußen ersetzen könne. Die Fixkostenzuschüsse seien demzufolge mit 100.000 Euro, Ersatzbeträge für Umsatzeinbußen mit 50% Prozent des entgangenen Umsatzes gedeckelt. Laut Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer wolle man dort eingreifen, wo die Gelder am dringlichsten fehlen. Bestehende Hilfen würden nach Informationen von Magdalena Amhof zur Überbrückung bis Ende April verlängert. Ebenfalls verabschiedet wurde ein Beschlussantrag der SVP, der die Aussetzung der ersten Rate der Gemeindeimmobiliensteuer (GIS) bis Ende des Jahres vorsieht. 

 

Folgt man den Informationen der Landesregierung, so können bereits ab jetzt Unternehmen und Familien Bankkredite in Anspruch nehmen, die, laut Einvernehmensprotokoll des Landes mit den Banken und Garantiegenossenschaften, für kurzfristige Liquidität sorgen sollen. Ab April können klein- und mittelständische Unternehmen um Unterstützungen aus den Euregio+ Fonds (KMU-Krisenfonds) ansuchen. Ab Mitte April sollen dann Ansuchen um Verlustbeiträge für Selbständige, Freiberufler und Betriebe möglich sein. Unternehmen, die berechtigt sind, um Fixkostenzuschüsse anzusuchen, sollen ab Ende April über die Banken um eine Vorfinanzierung ansuchen können. Die Gesuche selbst sind dann ab Anfang Juni möglich. Ab Mai schließlich können Einzelpersonen und Familien um Corona-Hilfen ansuchen. In den meisten Fällen sei eine Auszahlung innerhalb von vier Wochen nach Ansuchen oder eine mögliche Vorfinanzierung durch die Banken angestrebt, heißt es in der Aussendung der Landesregierung.

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Klemens Riegler Sab, 03/13/2021 - 11:07

In Sachen Hilfspaket gibt es leider noch viel zu viele offene Fragen die nicht beantwortet sind:
- was ist ein Familieneinkommen? aktuelle Steuererklärung ist schließlich jene für das Jahr 2019.
- Wie müssen die bisher geflossenen Beiträge bewertet werden? Nicht zu versteuern, wie anfangs angekündigt? Oder doch, wenn ein Steuereinbehalt von 4% angewandt wurde? (= widersprüchlich).
- Kapitalbock ist wohl jeder mit den Fixkosten-Zuschüssen = 30% für jene mit 30% Umsatzrückgang ... bis zu 50% Fixkosten-Zuschuss bei 50% Rückgang - Basta!. Und was kriegen jene mit 95% Rückgang? also die wirklich am stärksten Betroffenen? Antwort: 50% ... also gleich viel wie jene mit 50% Rückgang. Aber da muss wohl noch nachgebessert werden?!?
- Es ist natürlich unfair "nur 55 Millionen für Bürger und Familien" als sozial unausgeglichen zu bewerten. Würden wir den wunderbaren und unbedingt notwendigen Lohnausgleich hier addieren, ist das schnell ausgeglichen. Schließlich haben die InhaberInnen von Klein-Mittel-Betrieben und EinzelunternehmerInnen (die Null Einnahmen generieren können) kein Anrecht auf eine Mindestsicherung, Lohnausgleich oder ein privates Lebensminimum. Auch können diese als Privatpersonen wohl kaum um Sondersozialleistungen ansuchen, da ihre gültigen Steuererklärungen sich auf die Jahre vorher beziehen. Auch Nicht-Arbeitnehmer haben Kinder, studierende Jugendliche, müssen vielleicht Miete zahlen und brauchen was zu beißen zwischen den Zähnen.
- Schussendlich sollte es prioritär darum gehen den Schwerstsbetroffenen einen Rettungsreifen zu zu werfen und erst dann mit der Gießkanne auszuteilen.
- p.s. "Gerecht" werden Förderkriterien nie sein können, aber zwei, drei Mal hinschauen ist Pflicht!

Sab, 03/13/2021 - 11:07 Collegamento permanente