Politica | Rentenskandal

Die Watschen

Der Regionalrat hat in Sachen Rückzahlung der Family-Fonds-Quoten eine schwere Niederlage erlitten. Gestern fiel am Landesgericht ein Urteil mit weitreichenden Folgen.

Kann man verlieren und trotzdem als Sieger vom Platz gehen?
Was wie ein Paradoxon klingt, wurde diese Woche am Sitz der Pensplan zur Wirklichkeit. Offiziell hat die „Pensplan Invest SRG“ einen Prozess am Landesgericht Bozen verloren. Die Richterin hat am Mittwoch den Antrag der regionalen Fondsverwaltungsgesellschaft abgewiesen und den Beklagten Recht geben. Der Urteilsspruch ist demnach auf den ersten Blick ein Niederlage.
Dass man dieses Urteil in der Pensplan aber wie einen Sieg feiert, liegt am Hintergrund des Gerichtsverfahrens. Die „Pensplan Invest SRG“ hat von Anfang an jene Rechtsposition vertreten, die im Urteilsspruch zum Ausdruck gebracht wird. Dass es überhaupt zum Gerichtsverfahren gekommen ist, liegt am politischen Druck, den das Regionalratspräsidium seit fast zwei Jahren auf die Pensplan-Verwalter macht. Um die Rechtslage ein für allemal zu klären, hat man sich – wider die eigene Überzeugung – auf eine Klage vor Gericht eingelassen. „Das Urteil gibt uns Recht und bestätigt unsere Auffassung“, sagt ein Pensplan-Verantwortlicher. Vor allem aber ist es eine Watschen für Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo.

Die Family-Quoten

Im Rechtsstreit geht es um den „Family Fonds“ und die Quoten, die von den amtierenden und ehemaligen Regionalratsabgeordneten zurückgegeben werden müssen.
Alle Abgeordneten hatten ursprünglich Quoten des Family Fonds bekommen. Der geschlossene Investmentfonds wird von der Pensplan Invest SGR verwaltet. Nach den Polemiken und politischen Auseinandersetzungen um die Rentenregelung hat der Regionalrat im Juli 2014 das Rentengesetz reformiert.
In dem Reformgesetz wird festgelegt, dass die Übertragung der Quoten nichtig ist. Konkret: Die Quoten müssen dem Regionalrat zurückgegeben werden. Die Family Fonds Quoten wurden ursprünglich den Begünstigten einzeln per notariellem Akt namentlich übertragen. Das Reformgesetz sagt jetzt einfach, dass diese notariellen Akte ungültig sind und damit die Quoten in den Besitz des Regionalrates zurückgehen.
Einige Abgeordnete weigern sich aber die Quoten zurückzugeben. Andere weigern sich eine freiwillige Verzichtserklärung zu unterzeichnen. Ihre Argumentation: Nach dem Gesetz gehören uns die Quoten gar nicht mehr.
Im Regionalgesetz steht aber auch, dass die Fondsverwaltungsgesellschaft dafür zu sorgen hat, dass diese Quoten wieder in die Verfügungsgewalt des Regionalrates kommen. Als der Gesetzentwurf der Pensplan Invest vorab zur Prüfung übermittelt wurde, merkte der damalige Pensplan-Invest-Präsident Stefano Tomazzoni in einem Schreiben an den Präsidenten des Regionalrates Diego Moltrer vom 5. Juni 2014 an, dass dieser Passus widerrechtlich und nicht umsetzbar sei. Diese Argumentation wiederholen die Pensplan-Invest-Verantwortlichen seit damals.
Wir können nicht in die Besitzverhältnisse der Quoteneigner eingreifen und ihre Quoten einfach überschreiben, wie es der Regionalrat verlangt“, bestätigte Pensplan-Generaldirektor Markus Obermair vor Monaten gegenüber salto.bz. Würde die Pensplan Invest das tun, wären Schadenersatzklagen der Quotenbesitzer sicher. Pensplan Invest hat zur Frage nicht nur eine Reihe von Rechtsgutachten eingeholt, sondern auch bei den Aufsichtsbehörden nachgefragt. Dabei wurde der Standpunkt der Fondsverwaltungsgesellschaft bestätigt.

Das Urteil

Doch die Politik will nicht nachgeben. Weil das Regionalratspräsidium die Invest-Verantwortlichen zu einem – ihrer Überzeugung nach - unrechtmäßigen Akt zwingen wollten, trat der Verwaltungsrat der Pensplan Invest aus Protest im Frühsommer 2015 geschlossen zurück.
Aber auch der neue Verwaltungsrat weicht keinen Millimeter von der ursprünglichen Position ab. Bis Herbst 2015 kommt es zu einer Reihen von Treffen und Aussprachen, doch man kommt sich nicht näher. Das Regionalratspräsidium beharrt darauf, dass Pensplan Invest die Quoten übertragen muss. Pensplan-Invest sagt, wir können und dürfen das nicht.
Pensplan-Direktor Markus Obermair sagte bereits im Oktober 2015 zu salto.bz: „Man wird den Streit wohl vor Gericht klären müssen“. Wenig später ist es dann soweit. Pensplan Invest verlangt vor dem Landesgericht die Beschlagnahme der Family-Fonds-Quoten von sechs Abgeordneten. Darunter sind auch einige prominente Ex-SVP-Mandatare.

Regionalratspräsident Chiara Avanzo: Eigentor vor Gericht.

Es ist ein Klage, die Pensplan gegen die eigene Überzeugung macht. Denn seit fast zwei Jahren sagen die Verantwortlichen, dass eine solche Beschlagnahme widerrechtlich sei.
Im Klartext: Bei Pensplan geht man davon aus, dass man verliert und das Gericht die Beschlagnahme ablehnt. Damit wäre ein für alle Mal die Rechtsfrage geklärt.
Genau das ist jetzt passiert. Das Landesgericht hat die Beschlagnahme der Family-Fonds-Quoten der sechs Abgeordneten abgelehnt. Der Grund: Pensplan hätte keinerlei Rechtstitel für die Beschlagnahmung.
Damit wurde die Rechtsauffassung der Pensplan Invest voll bestätigt. Gleichzeitig aber ist es ein Eklat für das Präsidium des Regionalrates. Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo & Co müssen jetzt die Beschlagnahme selbst beantragen.
Kommt man auch damit nicht durch, kann das Eigentor schnell zum politischen Debakel werden.