Politica | Meran

Ein Stich ins Edelweiß

Die Meraner SVP steht mit dem Rücken zur Wand. Paul Rösch fühlt sich in seiner Arbeit und Ablehnung gegen Parteiendenken bestätigt. Was kommt auf die Stadt zu?
Kurhaus Meran
Foto: Seehauserfoto

“Ich weiß es nicht.” Die Antwort von Richard Stampfl auf die Frage, wie er sich sein Wahlergebnis erklärt, klingt ehrlich. Zuerst überrascht, dann enttäuscht und am Ende traurig sei er gewesen, als feststand, dass er es nicht in die Stichwahl geschafft hat. Das war bereits einige Stunden bevor die Stimmen der Bürgermeisterwahl in Meran fertig ausgezählt waren. Paul Rösch und Dario Dal Medico werden am 4. Oktober in der Stichwahl aufeinander treffen. Der amtierende Bürgermeister hat 28,4% erhalten. Der Kandidat der beiden italienischen Bürgerlisten 22,9%. Der SVP-Kandidat Stampfl erreichte nur 21,6%.

 

Hoffnungsträger ohne Chance

 

Das Ergebnis bestätigt den schleichenden Niedergang der SVP in Meran. Der hat bereits 2015 begonnen, als Gerhard Gruber als Sieger aus dem ersten Wahlgang hervorgegangen war, dann aber in der Stichwahl gegen den Polit-Newcomer Rösch verlor. Mit dem unabhängigen Kandidaten Stampfl wollte man heuer der zerstrittenen Partei ein (partei-)politisch unbeflecktes Gesicht geben. Mehrere Male war Landeshauptmann Arno Kompatscher persönlich vor Ort, um für Stampfl zu werben. SVP-Vizeobmann und Altsenator Karl Zeller wachte wie eine umsorgende Mutter über den Hoffnungsträger, der den Bürgermeistersessel zurückerobern sollte. Doch die Wähler haben das Werben um sie nicht prämiert.

 

“Ich habe mein Bestes gegeben und war der Meinung, es zu schaffen, alle zusammenzuhalten. Genauso wie ich überzeugt war, die Partei zusammenzuhalten”, gesteht Stampfl. Nach Gründen für das Scheitern gefragt, winkt er ab: “Da fragen Sie den Falschen, als Parteiloser kann und will ich nicht für die Partei sprechen.” Einer, der es kann, ist Karl Zeller. Dass die Stadt, sein Meran, nicht zurück in SVP-Hände gefunden hat, ist für ihn auch eine persönliche Niederlage, gesteht er. Dann geht er in die Analyse: Den Hauptgrund für die verpasste Stichwahl sei im Bündnis von Alleanza und La Civica per Merano zu suchen, die gemeinsam Dario Dal Medico unterstützen. “Diese zwei völlig unterschiedlichen Bürgerlisten – eine Mitte-Rechts und eine Mitte-Links – sind 2015 in Summe knapp vor uns gelegen und haben dieses Ergebnis gehalten. Ich hätte mir erwartet, dass im italienischen Lager Fratelli d’Italia und Lega stärker gewählt werden. Das ist nicht eingetroffen.” Auch Team K habe die SVP Stimmen gekostet, meint Zeller.

Eine Verantwortung in den eigenen Reihen will Zeller keine finden. Richard Stampfl sei nicht der falsche Spitzenkandidat gewesen, habe einen “sehr guten und fairen Wahlkampf” gemacht. Und in der SVP selbst habe es keinerlei Streitigkeiten gegeben.

 

Einer fühlt sich bestätigt

 

Erwartungsgemäß anders fällt die Analyse von Paul Rösch aus. Er hat im Vergleich zu 2015 an Stimmen und Prozenten zulegen können. “Ich weiß, dass das angeberisch klingt, aber für mich war es klar, dass die Leute verstehen, dass wir fünf Jahre lang fest und aktiv für die Stadt gearbeitet haben.” Daher habe er nicht um den Einzug in die Stichwahl gezittert. Die Koalition seiner Liste Rösch/Grüne mit Team K und Ökosozialer Linke – diese sei als “klares Zeichen für Mitte-Links und Abgrenzung gegen Rechts” zu verstehen – habe dabei “ein bisschen” geholfen.

Auf die SVP angesprochen, meint Rösch: “Im Wahlkampf wurde viel mit Fake News und Behauptungen gearbeitet, die nicht wahr sind. Sie sind sie geschwommen: Auf der einen Seite sitzen sie in der Regierung, der man der anderen Seite Stillstand vorwirft. Das ist eine Beleidigung gegen die eigenen Leute.” Insofern tue es ihm Leid, wie die SVP Richard Stampfl, mit dem er privat befreundet ist, “verbrannt” habe. “Die Leute haben die Nase voll vom Parteiengeplänkel, das Parteidenken wird sich langsam abschwächen”, ist Rösch überzeugt – das habe sich in der Wahl erneut gezeigt.

 

Geht es ohne SVP?

 

Und doch kann man die Rechnung in Meran nicht ohne die SVP machen. Trotz der schmerzlichen Niederlage bei den Bürgermeisterwahlen bleibt sie mit 22,6% stärkste Partei. Rösch und sein Bündnis kommen auf 26,5% (Liste Rösch/Grüne: 21,6%, Team K: 2,8%, Ökosoziale Linke: 2,0%), Dal Medico auf 23% (Alleanza per Merano: 13,4%, La Civica per Merano: 9,6%).

 

Sollte Dario Dal Medico die Stichwahl gewinnen, ist das vorab häufig kolportierte Szenario einer Regierung italienische Bürgerlisten-SVP das naheliegendste. Für eine Mehrheit würde es dennoch nicht reichen. Die würde sich ausgehen, wenn die Lega ins Boot geholt würde. Die hat Richard Stampfl zwar kategorisch als Partner ausgeschlossen. Doch nun liegt es nicht (mehr) an ihm, rote Grenzen für die Meraner SVP zu ziehen.

Gewinnt andererseits Paul Rösch die Stichwahl, ist die große Frage, ob sich die beiden italienischen Bürgerlisten für eine Regierungsbeteiligung zur Verfügung stellen. Die müsste dann auch den PD einschließen – damit wäre man bei 55% und nicht auf die SVP angewiesen, deren Devise es seit der Niederlage 2015 war, Rösch eher früher als später abzusägen.

 

Drei Szenarien

 

Rösch selbst will nun erst einmal den Wahltermin am 4. Oktober abwarten. Er ist zuversichtlich, als Bürgermeister bestätigt zu werden. Auch weil sein Bündnis, anders als jenes von Dal Medico, beide Sprachgruppen vereine. “Wir stehen für Ausgleich”, so Rösch. Darum gehe es ihm auch in einer möglichen zweiten Amtsperiode als Bürgermeister: “Als Paul Rösch brauche ich zum Regieren gute Leute, keine Koalition. Mit uns wird es kein ‘wenn du uns unterstützt, dann kriegst du das’ geben.” Dennoch: Bereits heute ausschließen will er eine Zusammenarbeit mit den Rechten, auf italienischer und deutscher Seite.

Und was wird die SVP nun im Hinblick auf die Stichwahl tun? Parteiobmann Philipp Achammer will sich zunächst “darüber unterhalten, wie es mit der SVP in Meran in dieser Positionierung weitergeht”. Für Wahlempfehlungen sei es noch viel zu früh, wimmeln Achammer und Zeller die Nachfragen ab.

Es gibt drei Hypothesen. Die erste – eine Wahlempfehlung für Paul Rösch – ist unrealistisch. Die zweite – eine Wahlempfehlung für Dario Dal Medico und damit einen italienischen Kandidaten – schwer vermittelbar für eine Partei, die explizit nur die deutsche und ladinische Sprachgruppe vertritt. Die dritte ist, keine Empfehlung abgeben und den Wählern die freie Wahl lassen. Wie es auch kommt, es ist schwer vorstellbar, dass SVP-Wähler massiv einen Italiener als Bürgermeister wählen. Und wenn Rösch mit Stimmen der SVP-Wähler zum Bürgermeister gewählt wird, müsste die Partei erklären, warum sie nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten will. “Wir werden uns jetzt unsere Gedanken machen”, meint Zeller knapp. Dasselbe antwortet Richard Stampfl auf die Frage, ob er nun als Gemeinderat für die SVP anfangen will: “Ich werde erst einmal darüber schlafen und dann eine Entscheidung treffen.”

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kurt duschek Mer, 09/23/2020 - 08:50

Das falsche Pferd
….ja, wir vom Team K in Meran haben auf das falsche Pferd gesetzt! Team K war ganz legal mit 600.-€ gedopt, die Zuschauer (WählerInnen) haben dies bemerkt und uns einen Denkzettel verpasst. Der einzige Trost, der mir nun als neuer Ex-Gemeinderat in Meran bleibt, ist, dass auch der Alt- und Ex- Senator Karl Zeller zwei Mal mit Gruber und Stampfl auf das falsche Pferd gesetzt hat.
Gewonnen hat das richtige Pferd: Paul Rösch!
Die Moral dieser Geschichte: wer von Pferden nichts versteht, sollte dem Pferderennplatz fern bleiben !

Mer, 09/23/2020 - 08:50 Collegamento permanente
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Elisabeth Garber Mer, 09/23/2020 - 14:20

In risposta a di kurt duschek

Da bin ich ganz und gar der Meinung von Kurt Duschek - seine Pferde-Metapher gefällt mir besonders gut - auch, dass Herr Duschek genug Selbstironie und Parteikritik auf Lager hat.
Solche Qualitäten vermisse ich bei ihnen z.B. ganz und gar @Frau Leitgeb. Aber wir wissen ja auch nicht, welcher Partei sie angehören.

Mer, 09/23/2020 - 14:20 Collegamento permanente
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△rtim post Mer, 09/23/2020 - 10:27

Das ist die Frage: Will sich die SVP in Meran von solchen politischen Strategen treiben lassen und weiter Spielball der anderen bleiben, zumal, so Rösch, er gar "keine Koalition braucht"?
Da kann die SVP bei den Wähler-innen nicht punkten und auch sonst nichts gewinnen, wie man sieht.
Da ist es allemal besser den Strategen sich selbst zu überlassen und wieder mal selbst Politik aktiv zu gestalten und selbst parteiübergreifende Mehrheiten zu finden. Das wäre immerhin ein Anfang.

Mer, 09/23/2020 - 10:27 Collegamento permanente
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kurt duschek Mer, 09/23/2020 - 17:03

....bitte informieren Sie sich besser, ich war 2 Legislaturen im Gemeinderat und wurde jetzt nicht mehr wiedergewählt. Damit kann ich leben, denn die Gründe für das schlechte Abschneiden habe ich genannt.

Mer, 09/23/2020 - 17:03 Collegamento permanente