Politik | Österreich

Gnadenstoß für den Doppelpass

Die doppelte Staatsbürgerschaft steht vor dem definitiven Aus. Der Südtirol-Unterausschuss im österreichischen Parlament wird eine negative Empfehlung dazu abgeben.

Waren die jahrelangen Bestrebungen, all die Überzeugungsarbeit, sämtliche Tagungen und Besuche vor Ort am Ende doch nur vergebene Liebesmüh? Seit 2009 liegt das Thema doppelte Staatsbürgerschaft auf dem Tisch der österreichischen Politik. Die es nun vom selben wischen will. Am morgigen Donnerstag wird sich der Südtirol-Unterausschuss im österreichischen Parlament mehrheitlich gegen einen doppelten Pass für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler aussprechen. Dass die Absicht im Voraus bekannt wurde, ist Rai Südtirol zu verdanken, die im Mittagsmagazin am Mittwoch darüber berichtete.

Konkret wird der Südtirol-Unterausschuss eine Empfehlung an den ihm übergeordneten außenpolitischen Ausschuss des Parlaments richten. Und “die Doppelstaatsbürgerschaft wird abgelehnt werden”, verrät Hermann Gahr der Rai. Der Tiroler Nationalratsabgeordnete Gahr hat als Vorsitzender des Südtirol-Unterausschusses den Werdegang der Debatte genauestens verfolgt: Keine Bürgerinitiative sei so intensiv diskutiert worden wie jene, mit der 2011 die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler ins Parlament Einzug gehalten habe. “Jetzt ist der Prozess halt einmal zu Ende”, meint Gahr. Einzige politische Kraft, die sich im Parlament bis zum Schluss für den Doppelpass ausgesprochen hat, ist die FPÖ und ihr Südtirol-Sprecher Werner Neubauer. Auf der anderen Seite überwiegen sowohl für Gahrs Partei – die ÖVP – als auch die SPÖ, die Grünen und die Neos klar die Nachteile, Südtirolern, die nicht in Österreich ansässig sind, einen zusätzlichen österreichischen Pass auszustellen. 

Unter anderem wird befürchtet, dass damit eine Spaltung der Südtiroler Gesellschaft einhergehen könnte. Doch auch das Außenministerium sieht eine Reihe “völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Hürden”. Vor den Mikrofonen von Rai Südtirol bringt es der Grüne Nationalratsabgeordnete Georg Willi auf den Punkt: “Die Entwicklung geht Richtung Europa, daher sollten wir die europäische Staatsbürgerschaft, die ja jeder von uns hat, stärker herausstreichen und nicht zurückfallen auf die nationale Ebene.” Willi geht davon aus, dass infolge der Empfehlung, die an den außenpolitischen Ausschuss gehen wird, die Entscheidung fällt, “dieses Anliegen nicht zu behandeln”. Es werde aber einen höflichen Brief nach Südtirol geben, in dem man mitteilt, dass die doppelte Staatsbürgerschaft derzeit nicht möglich sei.

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gorgias Mi., 27.01.2016 - 17:59

Dass das so ausgehen würde war voraussehbar. Die STF ist doch kaum mehr als eine PR-Maschine im Dauerbetrieb. Man müsste mal die ganzen Aktionen seit ihrer Abspaltung von der UfS aufzählen von der Brenner Tafel angefangen bis heute. kaum mehr ist diese Geschichte mit der Doppelten Staatsbürgerschaft, die nun ihre Bruchlandung gemacht hat.
Eigentlich sollte man sich fragen warum wir überhaupt diese noch brauchen, wenn wir eh bald von Italien weg sind. Hat es zumindest einmal vor ein paar Jahre geheißen.
Aber mit Realpolitik kommt man bei der Bauernfängerei in Südtirol nicht weit, dann doch lieber das Unwahrscheinliche herbeiwünschen wollen.

Mi., 27.01.2016 - 17:59 Permalink
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Alfonse Zanardi Do., 28.01.2016 - 14:59

Antwort auf von Robert Tam...

Weil den Menschen vorgekaukelt wird dass das Thema "doppelte Staatsbürgerschaft" einerseits irgendetwas brächte und weiters eine reale Chance auf Umsetzung hätte. Beides ist offenbar nicht der Fall.
Es handelt sich also um eine Irreführung und jene die es glauben werden für dumm verkauft und missbraucht für populistische Aufhetzung.

Do., 28.01.2016 - 14:59 Permalink
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Robert Tam... Do., 28.01.2016 - 17:33

Antwort auf von Alfonse Zanardi

Lieber Herr Zanardi, das mit der Umsetzbarkeit lässt sich recht schnell beantworten: dazu braucht es eine einfache Mehrheit im Nationalrat, die es momentan wohl eher nicht gibt – Punkt an Sie. Aber wie es morgen aussieht, wissen wir beide nicht, somit ist Ihre Aussage zeitlich begrenzt – also nur mehr halber Punkt. ;-)

Beim Thema, ob es "irgendetwas brächte", liegt dann natürlich im Auge des Betrachters. Aus meiner Sicht bringt es sehr viel, wenn man – nur auf Antrag wohlgemerkt – als Südtiroler die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen könnte. Nicht nur aus Bindungsgründen, sondern unter anderem auch weil dann Österreich wirklich "Schutzmacht" ist. Wie nützlich so eine doppelte Staatsbürgerschaft samt echter Schutzmachtfunktion sein kann, hat sich vor nicht allzu langer Zeit in den türkischen und ägyptischen Polizeigefängnissen wieder eindrucksvoll gezeigt.

Somit handelt es sich mitnichten um eine Irreführung – auch weil sonst zum Beispiel der Deutsche Bundestag, das irische Dáil und das italienische Parlament nicht ähnliche Staatsbürgerschaftsgesetze vorgesehen hätten.

Und in welchem Zusammenhang Sie hier von "Aufhetzung" sprechen, ist mir nicht ganz klar, Herr Zanardi.
Kann es sein, dass Sie diesen Ausdruck bewusst missbrauchen, um "populistisch" (ich lache jedes Mal über dieses Adjektiv, mit dem so gern rumgeworfen wird) zu "hetzen" (über dieses Verb muss ich noch mehr lachen als über "populistisch")?

Do., 28.01.2016 - 17:33 Permalink
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gorgias Do., 28.01.2016 - 17:58

Antwort auf von Robert Tam...

dazu braucht es eine einfache Mehrheit im Nationalrat, die es momentan wohl eher nicht gibt – Punkt an Sie. Aber wie es morgen aussieht, wissen wir beide nicht, somit ist Ihre Aussage zeitlich begrenzt

Hier wird wieder ins Blaue spekuliert was morgen sein könnte, aber im Grunde müssen Sie dann also zustimmen, dass wer solche Aktionen mit der aktuellen Zusammensetzung des Nationalrsts betreibt und andere glauben lässt dass ein positiver Ausgang realistisch sei, nichts anderes als als Bürgerverarsche betreibt.

Dann bleibt Ihnen nur zu hoffen, dass die FPÖ die einmal bei den Wahlen die absolute Mehrheit erhält. Aber bis dahin kann man sich das herumgekasperle getrost sparen.

Do., 28.01.2016 - 17:58 Permalink
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Alfonse Zanardi Do., 28.01.2016 - 18:17

Antwort auf von Robert Tam...

Österreich ist bereits Schutzmacht der Südtiroler und es wird immer eine enge Bindung geben. Ich habe eher die Wahrnehmung dass die Südtiroler nicht besonders "österreichisch" sind und empfinden.
Konkret sehe ich also keinen Nutzen, aber sehr wohl einen Schaden, nämlich dass wieder nationalstaatlich und nationalistisch gedacht wird, was in der Geschichte immer nur zu gigantischen Katastrophen (1914, 1939, alles schon vergessen ?) geführt hat. Die Lösung wie sie auch von Gorgias genannt wird und besonders für uns Südtiroler Sinn macht, ist die Stärkung der föderalen europäischen Strukturen und eine Schwächung der Nationalstaaten.
Und zu ihrer Erheiterung zum "Populismus": Populismus ist das Vorgaukeln von scheinbar relevanten Themen, das Fördern oft wenig reflektierter und wenig hochstehender Stimmungen und Emotionen. Er steht im Gegensatz zur rationalen Darstellung der Realität und der Suche nach vernünftigen, realistischen Lösungen unter Aussparung von allzuviel Emotion.
Ich bin grundsätzlich auch gegen die Ausgabe an Pässe an Bewohner von Nachbarstaaten, wie es z.B. Italien aber auch Ungarn betreibt. Dies ist nicht sinnvoll und führt maximal zu Unfrieden und Spaltung.

Do., 28.01.2016 - 18:17 Permalink
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Robert Tam... So., 31.01.2016 - 22:30

Antwort auf von Alfonse Zanardi

Lieber Herr Zanardi, bitte verzeihen Sie meine späte Antwort, aber meine Gesundheit hat mir in den letzten Tagen einen kleinen Streich gespielt.

Da die Staatsbürgerschaft nur auf Antrag verliehen würde, könnten auch wirklich nur jene Südtiroler, die österreichisch empfinden, dies auch tun.
Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich keinen Schaden, oder gar die Gefahr, dass "nationalistisch" gedacht würde, vielmehr würde Südtirol seiner Rolle als Brücke zwischen dem deutschen und dem italienischen Kulturraum gerecht, wenn mehrere Südtiroler auch den österreichischen Pass besäßen und sich somit durchaus auch über den klassischen Tellerrand, den die italienische Staatsgrenze darstellt, hinausblickten.

Sie sind gegen die Ausgabe von Pässen an Bewohnern von Nachbarstaaten, weil die angeblich zu Unfrieden und Spaltung führt. Ist dies Ihrer Meinung nach in Schlesien, Istrien und Dalmatien etwa passiert? Mir ist lediglich die slowakische Regierung als Negativbeispiel in Erinnerung geblieben, die eine künstliche Entrüstung wegen der ungarischen Pässe entfachen wollte – die Bürger hingegen hat es nicht gestört. In Slowenien und Kroatien hat die Passvergabe an Italienischstämmige Menschen nicht zu Unfrieden oder gar Spaltung geführt, wie Sie behaupten.

Ihr Versuch, den schwammigen Kampfbegriff "Populismus" zu erklären (übrigens finde ich ihn genauso "geistreich" wie den Kampfbegriff "Gutmensch"), habe ich mit großem Interesse gelesen. Überzeugt hat er mich natürlich nicht, denn sonst müsste man den Grünen Populismus vorwerfen, als sie den fleischlosen Tag in öffentlichen Kantinen einführen wollten: Vorgaukeln eines scheinbar relevanten Themas.
Lassen Sie doch bitte künftig Begriffe wie "Populismus" und "hetzen" bleiben, Herr Zanardi, sie stehen nämlich im Gegensatz zur rationalen Darstellung der Realität.

So., 31.01.2016 - 22:30 Permalink
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Christian Mair Mo., 01.02.2016 - 09:51

Antwort auf von Gerhard Mumelter

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Mo., 01.02.2016 - 09:51 Permalink