Gesellschaft | Rai Südtirol

Das Stechen

Im Frühjahr geht der Koordinator von Rai Südtirol Markus Perwanger in Rente. Seine Nachfolge wird zwischen Renate Gamper und Zeno Braitenberg ausgeschnapst.
Die Regeln innerhalb der RAI sind eindeutig. Mit 67 Jahren muss man in Rente gehen.
Markus Perwanger feiert am 17. April 2022 seinen 67. Geburtstag. Spätestens an diesem Tag wird sich der Koordinator von RAI Südtirol in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden müssen. Beobachter gehen aber davon aus, dass Perwanger bereits im März 2022 seinen Schreibtisch räumen wird.
Spätestens damit ist das Rennen um seine Nachfolge eröffnet. Es geht dabei um einen der wichtigsten Posten im Südtiroler Medienkosmos. Der Koordinator ist eine Art Südtiroler Rundfunk- und Fernsehintendant. Zuständig für die Programmabteilung am Mazziniplatz. Konkret heißt das: Er oder Sie bestimmen letztlich wie - mit Ausnahme der Beiträge der Redaktion - das Fernseh- und Radioprogramm des Südtiroler Lokalsenders aussieht.
 

Die Ernennung

 
In der Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut vom 1. November 1973, Nr. 6911 wird der rechtliche Rahmen für den RAI-Koordinator abgesteckt.
Dort heißt es:
  • Der für die im Artikel 8 des Legislativdekrets des provisorischen Staatsoberhauptes vom 3. April 1947, Nr. 428, vorgesehenen Programme in deutscher Sprache verantwortliche Koordinator wird von der RAI im Einvernehmen mit der Provinz ernannt und kann im Einvernehmen zwischen den beiden Körperschaften abberufen werden.
  • Der Koordinator, der den Rang eines Dirigenten ("dirigente") bekleidet, erstellt Ausgabenvorschläge für die Verwirklichung der Programme nach dem vorstehenden Absatz, koordiniert die Erstellung der Programmschemas und überwacht die Ausführung der genehmigten Programme, wobei er für die Einhaltung der dafür erlassenen Richtlinien und Anweisungen sorgt.
 
 
Seit 1973 haben drei Männer diesen Posten bekleidet. Franz von Walther, Rudi Gamper und Markus Perwanger.
Über das Landespresseamt, den HGV und die Verlagsanstalt Athesia kam Markus Perwanger 1988 zur RAI, wo der ehemalige Bozner SVP-Gemeinderat 1999 zum Chefredakteur aufstieg. 2006 wechselte der Radeiner Journalist dann aus der Chefredaktion in das Amt des Koordinators.
Der Wechsel war damals auch eine Konzession von Landeshauptmann Luis Durnwalder an den mächtigen Athesia-Konzern. Denn Perwangers Nahverhältnis zur Familie Ebner ist bekannt. Das zeigt sich auch daran, dass er auch Autor im Athesia-Verlag ist. Erst 2021 hat Perwanger dort Luis Durnwalders offizielle Biographie veröffentlicht.
 

Das Zerwürfnis

 
Das gewichtigste Wort bei der Ernennung des Koordinators steht dem Südtiroler Landeshauptmann zu.
Es ist kein Geheimnis, dass die Beziehung zwischen Arno Kompatscher und Markus Perwanger nachhaltig gestört ist.
 
 
Dabei geht es vor allem um die Entwicklungsmöglichkeiten von RAI Südtirol. So etwa hat Perwanger lange versucht den Onlineauftritt von RAI Südtirol zu verzögern. Ebenso hat das Land über die RAS der RAI seit langem eine zweite Radiofrequenz zur Verfügung gestellt, die man als Spartenkanal bespielen könnte. Markus Perwanger hat bisher aber nichts in diese Richtung getan.
Nicht nur böse Zungen sehen hinter Perwangers Verhalten eine klare Strategie: Er will damit nicht den Privat-Radioprojekten des Athesia-Verlages Konkurrenz machen.
Nach Informationen von Salto.bz ging das Zerwürfnis zwischen Kompatscher und Perwanger so weit, dass der Landeshauptmann bereits vor über einem Jahr ernsthaft eine Abberufung des RAI-Südtirol-Koordinators ins Auge fasste. Perwanger soll dabei in einem persönlichen Gespräch mit einer klaren Kampfansage gedroht haben: „Dann sehen wir uns vor dem Arbeitsgericht“.
 

Die Nachfolge

 
Arno Kompatschers Vision eines modernen Südtiroler Radio- und Fernsehsenders bedingte, dass man lange nach einer Person suchte, die von außen kommt. Doch schon bald signalisierte di römische Generaldirektion der RAI, dass nur RAI-interne Kandidaten in Frage kommen.
Offiziell gibt es rund ein halbes Dutzend Bewerberinnen und Bewerber aus der Belegschaft am Mazziniplatz, die sich zutrauen, das Amt des Koordinators zu übernehmen.
 
 
Doch in der Pole Position sind zwei Bewerber: Renate Gamper und Zeno Braitenberg.
Die 56jährige Boznerin Renate Gamper arbeitet seit 1992 bei RAI Südtirol und ist seit Jahren als Bereichsleiterin Hörfunk tätig. Gamper ist eine ausgezeichnete Journalistin und Moderatorin. Bereits vor Jahren hat sie zeitweise für Parteiveranstaltungen der SVP die Moderation übernommen.
 
 
 
Zeno Braitenberg ist um ein Jahr älter. Der Besitzer der Meraner Zenoburg kommt 1995 über den ORF zur RAI, wo er seit Jahren die Tagesschau moderiert. Braitenberg gilt als Schöngeist und er ist Mitglied der Band „Aluna quartet“. Der Journalist ist ein Showman. Dazu gehört auch, dass er vor einigen Jahren während einer Live-Sendung seiner Partnerin einen öffentlichen Heiratsantrag machte. Dass er kurz vor Weihnachten bei einem musikalischen Benefizprojekt neben SVP-Obmann Philipp Achammer mitmachte, kann man als reinen Zufall werten. Oder auch nicht.
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Sebastian Felderer Sa., 08.01.2022 - 10:16

Wichtig ist, dass Markus Perwanger in Pension geht und für immer von der Bildfläche verschwindet. Wer dann die Nachfolge antritt von den beiden, ist zweitrangig. Für mich gehen beide gut.

Sa., 08.01.2022 - 10:16 Permalink
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Dietmar Holzner Sa., 08.01.2022 - 18:25

Gratulation zum konsequenten Einhalten der Neutralität bei der Darstellung der Sachlage: Renate Gamper eine ausgezeichnete (womit denn?) Journalistin, Zeno Braitenberg ein Schöngeist und Showman. Kuan Fahler gsechn (sagt man bei uns).

Sa., 08.01.2022 - 18:25 Permalink
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△rtim post So., 09.01.2022 - 10:49

"Der Koordinator, der den Rang eines Dirigenten ("dirigente") bekleidet"
Ist das nicht ein Fernsehdirektor?
Aber freuen wir uns schon mal auf den neuen Dirigenten (d.w.m.), der das musizierendes Ensemble der RAI Südtirol dirigiert.

So., 09.01.2022 - 10:49 Permalink
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Toni Schgaguler Mo., 10.01.2022 - 08:23

Ich persönlich bin auch froh, wenn der Herr Perwanger in Pension geht. Gute Journalist*innen, viele gute Sendungen und Infos. Wenn man aber RAI Südtirol schlechter empfangen kann, als jeden privaten Sender und jede Sendeanstalt aus dem benachbarten Ausland, dann ist das wohl Aufgabe des Koordinators, sich für eine Verbesserung einzusetzen, sonst arbeiten seine Leute wohl umsonst. Aber vielleicht ist auch das „gewollt“

Mo., 10.01.2022 - 08:23 Permalink