Politik | Sanität

Kür mit Nachwehen?

Die Landesregierung wird heute Florian Zerzer zum neuen Generaldirektor ernennen. Die angekündigte Klage von Thomas Schael könnte aber am Ende alles platzen lassen.
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Foto: LPA
Auf der Liste, die man am Dienstag der Landesregierung vorlegt, werden drei Namen stehen. Wobei einer davon mehr oder weniger nur als Verzierung dient.
Am vergangenen Freitag hat die vom Land eingesetzte Fachkommission (ihr gehören der Generalsekretär des Landes Eros Magnago als Präsident, der Vizedirektor des Raiffeisenverbandes Christian Tanner, Laura Schrott, Direktorin der Abteilung Gesundheit im Land, die Alperia-Personalchefin Johanna Vaja und der langjährige Primar und Kinderarzt Hubert Messner an) jene vier Kandidaten in Kolloquien angehört, die um die Eintragung in das Landesverzeichnis für Generaldirektoren angesucht haben.
Angetreten zu den Gesprächen sind Florian Zerzer, Irene Pechlaner, Heinrich Corradini und Christian Kofler. Doch nur zwei Kandidaten wurden von der Kommission als „geeignet“ befunden.
Die Direktorin des Meraner Gesundheitsbezirkes, Irene Pechlaner und - wie zu erwarten - Florian Zerzer, der amtierende Ressortdirektor von Landesrat Richard Theiner.
Dazu kommt noch als dritter Kandidat Thomas Schael. Er war - trotz schriftlichen Ansuchens - erst gar nicht zu den Gesprächen mit der Auswahlkommission eingeladen worden. „Schael steht durch seine Eintragung in das nationale Verzeichnis automatisch auf der Landesliste der Geeigneten“, kommentierte man diese Gangart.
 

Generaldirektor Zerzer

 
Nach Informationen von salto.bz wird die Landesregierung heute oder spätestens am nächsten Dienstag Florian Zerzer zum neuen Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes ernennen. Damit setzt sich der Favorit der Politik durch.
Es ist eine Entscheidung, die man wohl am besten mit dem Slogan „Zurück in die Zukunft“ umschreiben kann. Denn Zerzer war viele Jahre lang Ressortdirektor des damaligen Gesundheitslandesrates Richard Theiner gewesen. Insider meinen, dass der gelernte Vinschger Betriebsinformatiker damals die Südtiroler Sanitätspolitik entscheidender geprägt habe als sein Landesrat. Sicher ist: Florian Zerzer kennt den Laden, den er jetzt übernehmen wird, wie seine Westentasche.
Doch ausgerechnet jener Mann, der bei der Entscheidung der Landesregierung nur als Verzierung fungieren wird, könnte am Ende die ganze Ernennungsprozedur zum Platzen bringen. Denn Thomas Schael hat in mehreren Briefen an die Landesregierung und die Mitglieder der Auswahlkommission eine Klage angekündigt.
 
Dabei geht es vordergründig um einen Arbeitsstreit, der aber nachhaltige Folgen und Auswirkungen auf die Südtiroler Autonomie und Gesetzgebung habe könnte.
Wenn Schael Recht hat, dann könnte das Südtiroler Landesgesetz mehr als nur wackeln“, meint ein Südtiroler Verfassungsrechtler.
 

Die Madia-Reform

 
Bereits 2015 beginnt Marianna Madia, Ministerin für Verwaltungsreformen und -vereinfachung in den Regierungen Renzi und Gentiloni mit einer grundlegenden Reform der öffentlichen Verwaltung. Teil diese Reform sind auch die Sanitätsbetriebe. So erlässt der Ministerrat im August 2016 ein Gesetz, das die Ernennungsprozedur für die Manager in der öffentlichen Sanität auf völlig neue Füße stellt. Eines der Hauptziele dabei: Die Abkoppelung der Ernennungen der Sanitäts-Manager von der Politik.
Mit dem Gesetz wird eine nationales Verzeichnis eingeführt, das alle zwei Jahre erneuert wird und in dem alle Personen eingetragen werden, die die Voraussetzungen haben das Amt des Generaldirektors. des Verwaltungsdirektors und des Sanitätsdirektors eines Sanitätsbetriebes zu bekleiden. Aus diesen nationalen Verzeichnis müssen die Regionen und Provinzen dann ihre Direktoren holen. Wobei für die Ernennung ein Auswahlverfahren vor einer regionalen Kommission vorgesehen ist. 
 
Die Regionen fühlten sich hier aber vom Staat übergangen. Immerhin geht es um Direktoren jener Betriebe, die aus ihrem Haushalt bezahlt werden. So rekurriert die Region Veneto gegen diese Bestimmung beim Verfassungsgericht und bekommt Recht. Das Höchstgericht kommt Ende 2016 zum Schluss, dass die Bestimmung verfassungswidrig ist und setzt das Gesetz außer Kraft.
 

Kompatschers Zustimmung

 
Das Verfassungsgericht verfügt, dass die Regierung ein solches Gesetz nur mit Zustimmung der Regionen und „der autonomen Provinzen von Bozen und Trient“ erlassen kann. Diese Zustimmung kommt am 6. April 2017 zustande.
Das höchste Organ zwischen Staat und Regionen ist nicht die Staat-Regionen-Konferenz, sondern die „Conferenza Unificata“ in der neben den Mitgliedern der Staat-Regionen-Konferenz auch rund ein Dutzend Vertreter von Gemeinden und deren Verbänden sitzen.
Auf der Sitzung am 6. April 2017 gibt die „conferenza unificata“ grünes Licht für das neue korrigierte Dekret. Präsident der Konferenz ist  2017 der Südtiroler Senator Gianclaudio Bressa. Mitglied des Gremiums ist auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. Auch Kompatscher legt an diesem Tag keinerlei Veto ein.
 
Im Gesetzestext, dem man an diesem Tag zustimmt, wird bestätigt, dass die Generaldirektoren aus dem nationalen Verzeichnis gewählt werden müssen. Vor allem aber heißt es im Text des Dekretes explizit, dass diese Bestimmungen auch für die beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient gelten.
 

Das Landesgesetz

 
Wenige Tage nach der Zustimmung in Rom erlässt man in Bozen aber ein Landesgesetz, das ganz etwas anderes sagt.
Mit dem Landesgesetz Nr. 3 vom 21. April 2017, Nr. 3 wird die „Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes“ gesetzlich neu geregelt. Das Gesetz soll offiziell die römische Madia-Reform auf Südtirol übertragen.
In Artikel 8 dieses Gesetzes wird die Ernennung des Generaldirektors geregelt. Die zentralen Punkt dabei:
 
  • Bei der Landesabteilung Gesundheit ist das Landesverzeichnis der Personen angelegt, die für die Ernennung zur Generaldirektorin/zum Generaldirektor des Sanitätsbetriebs geeignet sind;
  • Die Generaldirektorin/Der Generaldirektor wird von der Landesregierung ernannt; die Auswahl erfolgt unter jenen Personen, die im Landesverzeichnis laut Absatz 1 eingetragen sind;
 
Nach der Verabschiedung dieses Gesetz dürfte man aber gemerkt haben, dass man in Rom etwas ganz anderem zugestimmt hatte. Deshalb besserte man vier Monate später im August 2017 dieses Landesgesetz nach. Es wird „Artikel 2/bis“ eingefügt:
 
„Die Personen, die im staatlichen Verzeichnis der Geeigneten eingeschrieben sind, werden von Amts wegen in das entsprechende Landesverzeichnis eingetragen, falls sie die Voraussetzungen erfüllen, die vom Autonomiestatut und von den entsprechenden Durchführungsbestimmungen vorgesehen sind.“
 
Tatsache ist, dass jetzt ein Widerspruch besteht. Während man in Südtirol ein Landesverzeichnis einführt und zugesteht, dass jene aus dem nationalen Verzeichnis, die zweisprachig sind, dort von Amtswegen eingetragen werden, hat man in Rom zugestimmt, den Generaldirektor aus dem nationale Verzeichnis zu ernennen.
 
 

Die politische Absprache

 
Auch in der Landesverwaltung ist man sich aber dieses Widerspruchs bewusst. Deshalb handelt man vorab mit der Regierung Gentiloni einen politischen Pakt aus. Die Regierung verspricht, dass sie die Südtiroler Bestimmung nicht vor dem Verfassungsgericht anfechtet. Über den SVP-Verbündeten und Präsidenten der „conferenza unificata“ Gianclaudio Bressa gelingt das relativ schnell.
Der Ministerrat dürfte diese Abmachung auch deshalb zugestimmt haben, weil man davon ausging, dass es so schnell keinen Geeigneten im nationalen Verzeichnis geben werde, der die Zweisprachigkeit und die Voraussetzungen für Südtirol hat. Damit wäre das Problem nie aufgeworfen worden.
 
Doch dann kam der Fall Thomas Schael. Schael musste im vergangenen Jahr kämpfen und Dokumente nachreichen, bevor er in das nationale Verzeichnis eingetragen wurde.
Inzwischen bei der Landespolitik in Ungnade gefallen und einvernehmlich ausgeschieden, hat er sich jetzt aber überraschend wieder um den Job beworben.
Thomas Schael kennt die italienischen gesetzlichen Bestimmungen im Sanitätswesen bestens. In seinem Schreiben weist Schael nicht nur anhand von Protokollen und Dokumenten auf diesen eklatanten Widerspruch hin, sondern auch auf weitere formale Fehler im Berufungsverfahren für Florian Zerzer.
Dabei geht es vordergründig um einen Arbeitsstreit, der aber nachhaltige Folgen und Auswirkungen auf die Südtiroler Autonomie und Gesetzgebung habe könnte. 
So etwa ist im Staatsgesetz zur Bewertung der Kandidaten eine unabhängige Fachkommission vorgesehen, während die vom Landeshauptmann ernannte Auswahlkommission zur Hälfte aus Landesbeamten besteht.
Klar ist, dass der Ex-Generaldirektor mit diesen Argumenten vor Gericht ziehen wird. Dabei wird Schaels Verteidigung auch die Frage aufwerfen, ob die Südtiroler Bestimmungen verfassungskonform sind. Man kann nicht ausschließen, dass das Arbeitsgericht, das Verwaltungsgericht oder der Staatsrat zur Klärung dieser Frage den Verfassungsgerichtshof anruft.
Dort aber gelten politische Absprachen bekanntlich nicht.
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Karl Zeller Di., 18.09.2018 - 19:26

Die Südtiroler Parlamentarier haben in das Madia-Gesetz und in die folgenden Dekrete mehrere Schutzklauseln eingebaut, auch um die autonome Regelung der Ernennung des Generaldirektors des Sanitäts-betriebs zu ermöglichen. Es war immer klar, dass das staatliche Ver-zeichnis in Südtirol vor allem wegen der Zweisprachigkeitspflicht nicht zur Anwendung kommen kann. Die Zustimmung der Landesregierung zum Madia-Korrekturdekret Nr.126/2017 war korrekt, weil dieses nur die anderen Regionen betraf, nicht aber Südtirol. Das Madia-Dekret Nr.171/2016, das geändert wurde, enthält ja eine Schutzklausel, wo erklärt wird, dass die staatlichen Bestimmungen nur dann auf die Son-derregionen Anwendung finden, wenn sie mit Autonomiestatut und Durchführungsbestimmungen kompatibel sind. Diese wesentliche Pas-sage wird im Salto-Artikel leider nicht zitiert. Das staatliche Register ist offenkundig unvereinbar mit den Autonomiebestimmungen, da bei des-sen Anwendung die in Südtirol geltende Zweisprachigkeitspflicht verletzt würde. Außerdem kann die Provinz Bozen laut Durchführungsbestim-mung (Art.2 Abs.2 DPR Nr.474/1975) den Bereich autonom regeln, was sie mit den Landesgesetzen Nr.3 und Nr.12/2017 getan hat, die überdies vor dem staatlichen Korrekturdekret in Kraft getreten sind. Die Regierung hat die Landesgesetze aus oben genannten Gründen natür-lich nicht angefochten. Fazit: Das Land Südtirol kann einem etwaigen Rechtsstreit mit Gelassenheit entgegensehen, auch dann, wenn er von Herrn Dr.Schael angezettelt würde, der in dieser Sache ein für einen Manager doch sehr unübliches, ja skurriles Verhalten an den Tag legt.

Di., 18.09.2018 - 19:26 Permalink
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Hans Hanser Di., 18.09.2018 - 20:49

Gott, war das spannend! Der ist es glatt geworden. Jeder Agatha Christie-Roman ist ein Witz dagegen. Kompliment an die EsseVuPi, 70 Jahre alt und dennoch in der Lage das Rennen so offen zu gestalten. Da kann man nur den Hut ziehen und in 1 Monat das Abo für weitere spannende Jahrzehnte unterzeichnen.
Auch toll ist, dass die ernannten, ääh auserlesenen "Manager" den Kollegen aus der Privatwirtschaft mit ihren 150t brutto aufwärts nie und nimmer das Wasser reichen können. Gehälter um die 10t netto sind bei mittelständischen Unternehmen ja Gang und Gebe, da bleibt den Kerlen nichts anderes übrig als um einen Tausender weniger den Landesdienst anzutreten. Können ja eh alles, gestern noch Urbanistik und Energie, morgen Sanität. Richtige Tausendsassa. So wie der Selfie-Lächler aus dem Bildungsressort, der die Universität nur ein paar Monate von innen gesehen hat und heute 9.000 akademisch verblendete Vollpfosten rumkommandieren darf. Das ist 'ne Leistung, Hut ab!
So stell ich mir die Zukunft vor. Transparent, offen, alle haben die selbe Chance. Auf in ein neues altes Zeitalter. Gut, dass so oft gewählt wird, sonst käme man ja aus der Übung.

Di., 18.09.2018 - 20:49 Permalink
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19 amet Di., 18.09.2018 - 23:41

Ach Herr Hanser, sind Sie aber sauer auf den Rest der Welt. Ich habe Ihnen doch schon geraten Ihren Sozialneid zu zügeln .
Glauben Sie wirklich ihre sauren Bemerkungen über die "Esse Vu Pi", mit der Sie jetzt in Wahlzeiten plötzlich in diesen Forum aufgetaucht sind, werden nicht als das betrachtet als was sie sind. Die Meinung eines bezahlten Trolls. Achten Sie die Leistungen der Volkspartei in den letzten Jahren, denen Sie als Mr. Niemand nichts entgegenzusetzen haben. Ihr Kommentar "9000 verblendeteVollpfosten" sagt alles über ihre überhebliche und dumme Wichtigtuerei.

Di., 18.09.2018 - 23:41 Permalink
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rotaderga Fr., 21.09.2018 - 21:12

Ich stimme Hans Hanser voll zu. Südtirol ist ein begnadetes Land,trotz Kirche und parasitärer Parteienlandschaft dank vieler fleißigen Menschen.

Fr., 21.09.2018 - 21:12 Permalink