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Rechtsanwalt in Neustift

Die Affäre rund um ein heimlich aufgenommenes Gespräch nimmt immer absurdere Züge an. Landesrätin Waltraud Deeg will einen Anwalt zur SVP-Fraktionsklausur mitnehmen.
neustift
Foto: Bruno Klomfar
Gar Einige, die am Mittwoch kurz vor 10 Uhr den Sitzungsaal verlassen, verstehen die (SVP)-Welt nicht mehr. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt ein altgedienter SVP-Funktionär. Gemeint ist damit eine Ankündigung, die Landeshauptmannstellvertreterin Waltraud Deeg kurz vorher auf der Sitzung der SVP-Fraktion gemacht hatte.
Doch der Reihe nach. Salto.bz hat in den vergangenen Wochen einen SVP internen Streit nachgezeichnet. Es geht dabei um einen Beschlussantrag der SVP-Abgeordneten Jasmin Ladurner zur Lebensmittelverschwendung und eine Kampagne zum selben Thema der zuständigen Soziallandesrätin Waltraud Deeg, die zufällig zehn Tage vor der Behandlung des Beschlussantrages auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde.
 
 
 
 
Obwohl Ladurner ihren Antrag in der SVP-Fraktion vorgestellt hatte, pochte Deeg darauf, dass die Burggräfler SVP-Abgeordnete ihren Beschlussantrag daraufhin im Landtag zurückziehen soll. Doch Ladurner bockte. Deshalb musste SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz Feuerwehrmann spielen. So kommt es einen Tag vor der Behandlung des Antrages zu einer Aussprache zwischen Deeg, Ladurner und Lanz.
Lanz legte einen Kompromissvorschlag vor mit dem beide Konkurrentinnen, ihr Gesicht wahren sollten und der am vergangenen Freitag im Landtag auch mit großer Mehrheit angenommen wurde.
 

Die Aufnahme

 
Es ist Waltraud Deeg persönlich, die den politischen Zwist zur Affäre werden lässt. Am vergangenen Freitag wird die SVP-Politikerin beim Autor vorstellig und beschwert sich über die Salto.bz-Berichterstattung. Der Tenor: Sie und die gesamte Sache seien völlig falsch dargestellt worden.
 
 
Die Landesrätin eröffnet das Gespräch mit einer Enthüllung, die noch für einigen Wirbel unterm Edelweiß sorgen dürfte. „Ich habe etwas getan, was ich bisher in meinen Leben noch nie gemacht habe“, sagt Waltraud Deeg, „ich habe das Gespräch aufgenommen“. Wie die Landesrätin meint: „Zu meiner Absicherung“. Sie werde das Gespräch mit Jasmin Ladurner auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichen, „damit ganz Südtirol hört, was wirklich geschehen ist und welches Spiel her gespielt wird“. Auf Nachfrage, wann die Aufnahme veröffentlicht werde, meint die SVP-Politikerin, dass sie das Ganze nur noch mit ihren Anwälten abklären müsse.
Bisher hat Waltraud Deeg die Aufnahme nicht veröffentlicht. Nachdem Salto.bz am Montag diese Hintergründe öffentlich machte, gehen in der SVP aber die Wogen hoch.
 

Die Klausur

 
Die Vorgangsweise, dass die Landeshauptmannstellvertreterin ein Gespräch mit ihrem Fraktionssprecher und einer Fraktionskollegin ohne deren Wissen aufzeichnet und dann mit der Veröffentlichung der Aufnahme droht, dürfte deutlich machen, welches Klima inzwischen in der Südtiroler Regierungspartei herrscht.
Salto.bz fragte deshalb bei SVP-Obmann Philipp Achammer am Dienstag um ein Interview dazu an. Achammer tat das, was ein ordentlicher und seriöser Parteichef tun muss. „Ich möchte diese Sache zuerst intern klären“, ersuchte der SVP-Obmann um Nachsicht.
 
 
Diese Klärung sollte an diesem Mittwoch beginnen. Vor Beginn der Regionalratssession traf sich die SVP-Fraktion zu ihrer traditionellen Sitzung. Philipp Achammer war entschuldigt abwesend. Es war Jasmin Ladurner, die kurz vor Sitzungsende die Affäre ansprach und offen Aufklärung und Konsequenzen verlangte. Auch Fraktionssprecher Gert Lanz ging darauf ein. Weil Waltraud Deeg, in der von ihr aufgenommen Aussprache, die Vorgangsweise innerhalb der SVP-Fraktion kritisiert hat, will Lanz eine Klärung auch dieser Frage. Der Fraktionschef legte dafür auch einen konkreten, kurzfristigen Termin fest.
Am kommenden Montag trifft sich die SVP-Fraktion zu einer ganztätigen Klausur in Neustift. Dort soll die Affäre ausgesprochen und geklärt werden.
Als Letzte ergriff am Mittwoch dann Waltraud Deeg das Wort. Und sie machte eine Aussage, die bei vielen ihrer Fraktion nur mehr Kopfschütteln auslöst. „Ich werde dann einen Rechtsanwalt mitbringen“, meinte die Landeshauptmannstellvertreterin, „der erklären wird, dass man solche Aufnahmen machen und auch nutzen darf“.
Dass eine Abgeordnete einen Anwalt auf eine Fraktionsklausur mitbringt oder auch ernsthaft dran denkt, hat es selbst in der SVP noch nie gegeben,
Waltraud Deeg hat mit diesem Sager noch einmal ordentlich Öl ins Feuer gegossen und die Affäre angeheizt. Dass eine Abgeordnete einen Anwalt auf eine Fraktionsklausur mitbringt oder auch ernsthaft dran denkt, hat es selbst in der SVP noch nie gegeben.
Die spinnen komplett“, kommentiert selbst ein honoriges Mitglied der SVP-Parteileitung.

 

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alfred frei Do., 23.09.2021 - 11:08

Wenn auch die Ladurner, Achammer und Lanz einen Anwalt mitbringen, wäre es besser die SVP-Fraktionsklausur in das Bozner Gerichtsgebäude zu verlegen. Oder nicht ?

Do., 23.09.2021 - 11:08 Permalink
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Mattia Frizzera Do., 23.09.2021 - 11:27

Nella storia molto spesso la pace tra contendenti è stata firmata in conventi francescani. Ma anche i benedettini ci sanno fare, eccome. Penso che l'abate in cantina abbia sicuramente qualche Kerner che metterà tutti d'accordo.

Do., 23.09.2021 - 11:27 Permalink
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Sebastian Felderer Do., 23.09.2021 - 19:36

Wenn eine Landesrätin selbst Rechtsanwältin ist und zur Klausur einen Rechtsanwalt mitbringen muss, dann taugt sie als Landesrätin nichts und auch als Rechtsanwältin. Tut mir leid, solche Figuren brauchen wir nicht in der Landeregierung.

Do., 23.09.2021 - 19:36 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 23.09.2021 - 23:08

An der Stelle der Ladurner würde ich nicht einen Rechtsanwalt, sondern einen Journalisten zu der Sitzung mitnehmen. Wir wollen ja alle wissen, was dort besprochen wird. Ich jedenfalls bin der SVP dankbar, dass sie uns dieses unterhaltsame Kasperletheater bietet, und möchte keinen Akt versäumen. Trotz des unbestreitbaren Unterhaltungswertes des SVP-Theaters erscheint mir die Gage dieser Laienschauspieler aber doch etwas übertrieben.

Do., 23.09.2021 - 23:08 Permalink