Politik | Wahlempfehlung

SVP schießt zurück

Von „wahnwitzig“ bis „unverantwortlich“: Wie die SVP auf den Aufruf der deutschen Opposition zum Boykott der Parlamentswahl reagiert.
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Foto: SVP

Wer sich überhaupt die Mühe macht zu den Wahlen zu gehen, sollte den Stimmzettel weiß oder ungültig abgeben“, empfiehlt die Südtiroler Freiheit ihrer politischen Anhängerschaft für die Parlamentswahlen am 4. März. „Wer ein Zeichen des Protests gegen das Wahlgesetz und das Gebaren der regierenden Parteien setzen will, gibt weiß ab“, tun es ihnen die Freiheitlichen gleich. Eine Position, die beim Edelweiß für Irritation sorgt. „Dass sich die Freiheitlichen nicht einmal dazu durchringen können, autonomiefreundliche Parteien für die anstehenden Parlamentswahlen zu empfehlen, sagt alles aus“, meint Obmann Philipp Achammer. Mit ihrer Wahlempfehlung würden die Freiheitlichen signalisieren, dass es egal sei, ob Südtirol in den kommenden fünf Jahren im italienischen Parlament vertreten sei oder nicht. „Das ist völlig unverantwortlich gegenüber unserem Land und unserer Autonomie!“ 

Achammer kritisiert, dass die Freiheitlichen seine Partei und eine regionale Wahlhürde nach wie vor für ihr Nicht-Antreten bei den Parlamentswahlen verantwortlich machen. „Obwohl sie ohne Weiteres in den drei Südtiroler Wahlkreisen hätten antreten können, wo es keine Wahlhürde mehr gibt“, so der SVP-Parteiobmann. Nun dazu aufzurufen, einen weißen Stimmzettel abzugeben, zeuge von wenig Verantwortungsbewusstsein. Und widerspreche der unlängst abgegeben  Erklärung von Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter-Reber, wonach seine Partei immer für mehr Selbstständigkeit zu haben sei. „Wo bleibt also dieses Einstehen für mehr Autonomie? Durch weiße Stimmzettel erreicht man für Südtirol gar nichts - nur durch ein starkes Bekenntnis für Autonomie entwickelt sich unser Land weiter!“, rührt der SVP-Parteiobmann die Wahltrommel. Und schießt mit einem spitzen Pfeil gegen die politische Konkurrenz nach: „Anscheinend scheint es den Freiheitlichen sogar egal zu sein, wenn morgen Mitte-Rechts mit einer Michaela Biancofiore im Schlepptau regiert, die erst unlängst erklärt hatte, dass Südtirols Autonomie eine inneritalienische Angelegenheit sei.“

"Wahnwitzige Empfehlung"

Insbesondere über die Südtiroler Freiheit ereifert sich der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der ArbeitnehmerInnen in der SVP Helmuth Renzler. Dass Sven Knoll & Co im Gegensatz zu den Freiheitlichen selbst den Gang zur Wahlurne in Frage stellen, schockiert Renzler. Er schreibt von einem „wahnwitzigen öffentlichen Aufruf zum Parlaments-Wahlboykott“: „Jede Person hat ein eigenes Demokratieverständnis. Diese Tatsache ist gut und richtig so“, findet der SVP-Arbeitnehmervorsitzende.  Parteien aber stehe es nicht zu, Menschen anzuraten Rechte wie das Wahlrecht nicht wahrzunehmen.

Die Empfehlung, weiß zu wählen sei eine Sache. „Wenn die Südtiroler Freiheit aber gleichzeitig rät, den Wahlen gänzlich fern zu bleiben, dann ist das für mich ein grober und fahrlässiger Akt von Unverantwortlichkeit“, kritisiert Helmuth Renzler scharf. Denn das Wahlrecht sei ein besonders hart erkämpftes Recht und besonders für Südtirol stünde bei jeden Parlamentswahlen immer besonders viel auf dem Spiel. „Als sprachliche Minderheit haben wir Südtiroler die Pflicht und, Gott sei Dank, auch das Recht dafür zu sorgen, dass wir in Rom die bestmögliche Vertretung haben. Deshalb müssen wir uns möglichst zahlreich an den Wahlen beteiligen und für unser Land und unsere Zukunft unsere Stimme abgeben“, widerspricht Renzler der Südtirol Freiheit. Seine Gegenempfehlung: ein Aufruf zum   "geschlossenen Urnengang". 

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Martin Daniel Sa., 24.02.2018 - 14:19

Hätte die sog. Volkspartei sich nicht auf dermaßen unverschämte Art das Wahlgesetz auf den Leib geschneidert, dass sogar die Dolomiten vorgestern schon alle Einmannwahlkreise für entschieden erklärten (beim Verhältniswahlrecht war die Opposition mit der 20%-Hürde von vorneherein ausgeschlossen worden), hätte die Empörung ihrer Exponenten ein Minimum an Glaubwürdigkeit gehabt. Wer aber die Demokratie mit Füßen tritt, um den Wahlerfolg all seiner am Reißbrett festgelegten Kandidaten in Stein zu meißeln, ist der Letzte, der sich über mangelndes Demokratieverständnis beklagen darf. Irgendwann ist Schluss mit Tatsachenverdrehung und Wählerverarsche!

Sa., 24.02.2018 - 14:19 Permalink
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Florian Egger Sa., 24.02.2018 - 14:56

Noch Gestern Abend hat Kandidat Manfred Schullian in Kaltern wörtlich gesagt, daß unter der Regierung Monti nichts zu holen war. Damals war Südtirol doch auch so gut in Rom vertreten. Er scheint eingesehen zu haben, daß bei einer zentralistischen Regierung die paar Abgeordnete keinen Einfluß haben. Also warum nicht anders wählen?

Sa., 24.02.2018 - 14:56 Permalink
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Sigmund Kripp Sa., 24.02.2018 - 15:58

Hat nicht auch einmal ein gewisser Herr Alois Durnwalder erklärt, er ginge nicht zur Wahl? Oder war es ein Referendum? Wie auch immer: auch die SVP ist nicht gefeit vor diesen Nicht-Wählen-Gehen- Aufforderungen....

Sa., 24.02.2018 - 15:58 Permalink
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Edo Plane Sa., 24.02.2018 - 19:32

Vorausgesetzt: ich gehe immer wählen.

Es war in der Tat der Ex-Landeshauptmann (SVP :)), der gesagt hat, er gehe nicht zum Referendum über die Jagd...

Tja...

Sa., 24.02.2018 - 19:32 Permalink
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19 amet Mo., 26.02.2018 - 11:14

Da gibt es tatsächlich Leute die haben so geschlafen in den letzten jahren, dass sie nicht bemerkt haben was für Leistungen zur Verbeserung unsere Autonomie unsere Parlamentarier, allen voran der Karl Zeller, erreicht haben.
"In Rom ist nichts zu holen" Für Dumme sicherlich. Bei Berlusconi, Biancofiore und rechten Camerati war überhaupt nichts zu holen. Wen wollen die SVP Hasser denn dann wählen? Ali Baba (vulgo Grillo) und seine Räuber, die den anderen di Moralpredigt halten, und selbst in den Marmeladetopf greifen?

Mo., 26.02.2018 - 11:14 Permalink
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Chiló y dailó Mi., 28.02.2018 - 12:50

Obwohl ich kein "typischer" SVP-Wähler bin, muss ich schon eingestehen, dass man gerade an dieser Geschichte sieht, dass die SVP die einzige seriöse Partei in Südtirol ist. Erstens weil ihre Kandidaten trotz allem die einizigen sind, die eine Ahnung haben vom Autonomiestatut, vom europäischen und italienischen Recht, vom Wahlsystem, von Politik im allgemeinen. Zweitens weil mit Mehrheitswahlsystem, SF, Freiheitliche und BÜ heuer endlich eine ernste Chance gehabt hätten. Besonders die Freiheitlichen hätten mit einem Bündnis mit der Lega in allen Wahlenkreisen auf Augenhöhe mit der SVP konkurrieren können. Aber nein, es ist ja viel besser außer lästern nichts zu tun und sogar autonomiefeindliche Kandidaturen wie die von Biancofiore zu unterstützen. Naja, schließlich geht es ja nicht ums Parlamenteinzug, aber einzig und allein um die (für uns) viel wichtigere Wahl im Herbst.

Mi., 28.02.2018 - 12:50 Permalink
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Sell Woll Do., 01.03.2018 - 12:09

In der SVP hat man nach der Farce der Vorwahlen und der Abwesenheit der Opposition sooolche Angst vor niedriger Wahlbeteiligung daß vor einigen Tagen das Tagblatt einen Moraltheologen sagen lassen musste, dass nicht wählen eine größere Sünde ist als Ehebruch!

Do., 01.03.2018 - 12:09 Permalink