Gesellschaft | Covid 19

Südtirols Hotspots

Die Folgen des Coronavirus in Zahlen. Salto.bz stellt erste statistische Zwischenergebnisse vor. Welche Gemeinden sind am schwersten betroffen und woher kommen die Toten?
Coronavirus
Foto: Pixabay
Anschaulich wird das Ganze auf Landkarten.
Ein Südtiroler Statistiker hat seit Beginn der Corona-Krise tagtäglich die Daten zu den Infektionen, Todesfällen und Genesungen verfolgt. Der Fachmann hat dabei nicht nur das landesweite Datenmaterial ausgewertet, sondern er hat mit einer besonderen Software auch die täglichen Todesfälle mit den veröffentlichten Todesanzeigen abgeglichen. Damit lässt sich auch eine klare Zuordnung der Corona-Opfer auf Gemeindeebene vornehmen.
 
 
Salto.bz veröffentlicht diese Ergebnisse, die einen ersten – noch unvollständigen - Blick auf die direkten Folgen der Covid-19- Pandemie in Südtirol erlauben.
Wie aus dem Datenmaterial hervorgeht, gibt es in Südtirol sowohl bei den Infektionen wie auch bei den Todesopfern drei Hotspots: Gröden-Kastelruth, Auer/Montan und Eppan.
In diesen drei Gemeinden sind bis Mitte dieser Woche 7,6 Prozent aller ansässigen Männer über 90 gestorben. Das ist einer von 13.
 
 
Bei den Frauen in diesen drei Gebieten ist es etwas weniger schlimm. Dort liegt der Wert bei 5 Prozent, also eine Frau von 20.
Wie hoch diese Sterberate ist, wird im Vergleich mit den anderen Südtiroler Gemeinden deutlich. Im südtirolweiten Durchschnitt liegen diese Werte bei den Männern bei 1 Prozent und bei den Frauen bei 0,5 Prozent.
 
 
Noch deutlicher wird dieser Unterschied, wenn man sich die Alterskategorie zwischen 80 und 90 anschaut. Dort liegt südtirolweit die Sterberate der Männer bei 0,4 Prozent und jene der Frauen bei 0,1%. In diesen drei Hotspots aber starben 3,4 Prozent der Männer dieser Altersklasse und 1,8 Prozent der Frauen. Das heißt (obwohl es natürlich ein "small sample size" ist): Die Werte sind 8,5 bzw. 18 mal höher.
 
 
Dass ausgerechnet diese drei Gemeinden so herausstechen, dürfte - neben den Auswirkungen des Tourismus in Gröden-Kastelruth - vor allem daran liegen, dass es in allen drei Gemeinden Alterheime gibt, die als Corona-Herd besonderen betroffen waren und sind.
Einen vierten solchen Hotspot kann man auch in St. Leonhard im Passeier ausmachen.
 
 
Seit dem 18. März gab es in Südtirol rund 50 Prozent mehr Tote als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch hier liegt der Schwerpunkt eindeutig auf den ländlichen Gemeinden und den Alten- und Pflegeheimen.
Durch diese geographische Verteilung gibt es in der Sterberate auch einen klaren ethnischen Unterschied. So ist die Sterberate bei der deutschsprachigen Bevölkerung um rund 70 Prozent angestiegen, bei den Italienern waren es nur 35-40 Prozent.
Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Sa., 25.04.2020 - 09:58

Endlich erfährt man einmal verlässliche Zahlen und Vergleiche, die grafisch verständlich dargestellt sind. Danke!
Ich habe schon in Vergangenheit bemängelt, dass z. B. die Grafiken von Stol nicht die wirklichen Hotspots darstellen sondern einer bewussten Fehlinformation gleichen. Was sollen die absoluten Zahlen mit verständlicherweise mit Bozen als Mittelpunkt. Und das hat sogar den Bozner Bürgermeister irregeführt und glauben lassen, er müsse noch strengere Regeln erlassen.
Ich hatte auch schon Christoph Moar gebeten, als er neue Kurven hier auf salto.bz veröffentlicht hat, er möge auch diesbezügliche Grafiken von der Sterberate in Südtirol erstellen. Als er das nicht gemacht hat, habe ich mühsam - weil keine Tabellenkalkulation - die 10 am meist betroffenen Gemeinden ausgemacht und die Tot Ten errechnet und gezeigt, dass die Städte Leifers, Bozen und Meran bei weitem nicht an forderst Stelle stehen, sondern jene, die auch hier als Hotspots bezeichnet werden.
Ich glaube, dass nur Statistiken und Grafiken seriös sind, welche mit unbestrittenen Daten arbeiten und das sind die Einwohnerzahl, die Sterberate und die erhöhte Todesrate im Vergleich zu den Vergleichszeiträumen der Vorjahre.
Alle anderen Tabellen mit Getesteten, Infizierten, Intensivpflege sind nicht wirklich seriös vergleichbar.

Sa., 25.04.2020 - 09:58 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Sa., 25.04.2020 - 11:49

Antwort auf von Andreas Mozzelin

Eigentlich schon. Es hängt aber auch von der Triage ab, wer dort hin kommt? Außerdem schlussfolgere ich daraus, dass so viele, die in den Heimen sterben, garn nicht ins ins Spital kommen, folgendes: es gibt wohl schon viele betagte Senioren, die per Patientenverfügung festgelegt haben, entweder nicht ins Spital zu wollen oder nicht künstlich beatmet zu werden. Diese fallen alle heraus.

Sa., 25.04.2020 - 11:49 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Claus Schotten
Claus Schotten So., 26.04.2020 - 00:10

Antwort auf von Sepp.Bacher

»...gezeigt, dass die Städte Leifers, Bozen und Meran bei weitem nicht an forderst Stelle stehen, sondern jene, die auch hier als Hotspots bezeichnet werden.«

Wobei man da auch aufpassen muss, weil das "Klumpenrisiko" zu zufälligen Ausschlägen führt. Wenn in einer sehr kleinen Gemeinde Corona im einzigen Altenheim wütet, ist die schnell der "Top-Ten". Wird das Altenheim dagegen verschont, erscheint die Gemeinde als "sicherer Hafen" mit sehr niedrigen Infektionsraten. In den größeren Städten mitteln sich solche Ausschläge dagegen aus, so dass die es (bezogen auf die Fälle pro Einwohner) niemals in die "Top-Ten" schaffen werden.

Interessant wäre zu wissen, ob z.B. Bozen über oder unter dem Landesdurchschnitt liegt.

So., 26.04.2020 - 00:10 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Do., 30.04.2020 - 09:40

Antwort auf von Claus Schotten

Das mit den Altersheimen stimmt schon. Das verzerrt! Es gibt z. B. Bezirks- oder Talschafts-Altersheime, oder Bewohner kommen aus der Nachbargemeinde, aber gezählt werden die Toten oder Infizierten in der Gemeinde, wo sich das Seniorenheim befindet. Aber im Großen und Ganzen ist klar, dass die Hotspots nicht die Städte sind; aber das ändert sich auch noch ständig, speziell bei den kleineren Städten.

Do., 30.04.2020 - 09:40 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Sa., 25.04.2020 - 10:19

Besonders nützlich finde ich mal eine Karte, die die Anzahl der Infizierten im Verhältnis zur Gemeindebevölkerung anzeigt und nicht die absolute Zahl.

Was interessiert mich die absolute Zahl der Infizierten in einer Gemeinde? Ich habe so eine Karte auf einem anderen Portal gesehen, und finde so was einfach nur dumm und ärgere mich, dass solche irrelevanten Informationen auch noch graphisch aufbereitet werden. So eine Karte lenkt nur von wesentlichen Dingen ab.

Sa., 25.04.2020 - 10:19 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler Sa., 25.04.2020 - 15:00

Endlich - Super - Danke C.F.! Kurz und verständlich aufbereitete Fakten.
Dass es in diesen Hotspots also auch die meisten Infizierten gibt oder gegeben hat liegt irgendwo auf der Hand.
@Gorgias; eine absolute Zahl (auch im Verhältnis) der Infizierten kann es ja nicht geben. Wie auch?

Sa., 25.04.2020 - 15:00 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Do., 30.04.2020 - 09:21

Antwort auf von Klemens Riegler

Natürlich kann es eine absolute Zahl geben. In der Gemeinde x gibt es n bestätigte Fälle. n ist dann eine absoluter Wert. Wenn man dann eine Südtirolkarte erstellt die je nach Anzahl der bestätigten Fällen die Gemeindegebiete einfärbt, dann ist das eine relativ uninteressante Information. Das ist eine uninteressante Information und lenkt vom Wesentlichen ab.

Do., 30.04.2020 - 09:21 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Michael Bockhorni
Michael Bockhorni Sa., 25.04.2020 - 16:30

"So ist die Sterberate bei der deutschsprachigen Bevölkerung um rund 70 Prozent angestiegen, bei den Italienern waren es nur 35-40 Prozent." gibt es dafür eine Erklärung?

Sa., 25.04.2020 - 16:30 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Andreas Mozzelin
Andreas Mozzelin Sa., 25.04.2020 - 19:12

„ Seit dem 18. März gab es in Südtirol rund 50 Prozent mehr Tote als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.“
Das sind natürlich ganz andere Grössenordnungen als jene, die Sabine Holzknecht und die Unterzeichner in ihrem offenen Brief angeführt haben. Indem sie sich bis zuletzt verpflichtet fühlten, Italiens Sterberate im ersten Quartal 2020 mit jener im Vorjahreszeitraum vergleichen zu müssen, hat ihr Brief viel an Wirkung eingebüsst.

Sa., 25.04.2020 - 19:12 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Do., 30.04.2020 - 09:47

Antwort auf von Andreas Mozzelin

In diesem Zusammenhang ist auch folgende Info interessant: "Ältere COVID-19-Patienten haben zwar absolut ein höheres Sterberisiko. Das haben ältere Personen gemäss allgemeinen Sterbetafeln sowieso. Das relative Risiko, wegen COVID-19 zu versterben, ist deshalb in allen Altersgruppen beinahe identisch und entspricht einer Verdoppelung. Bei einem 85-jährigen Mann erhöht COVID-19 die Wahrscheinlichkeit, das nächste Jahr nicht zu erleben, von 8% auf 16%, bei einem 45-Jährigen von 0.13% auf 0.33%, was sogar mehr als einer Verdoppelung entspricht. In jeder Altersgruppe ist das Sterberisiko bei Männern in etwa doppelt so hoch wie bei Frauen." Zitat aus:
https://www.mittellaendische.ch/2020/04/20/covid-19-update-von-prof-pau…

Do., 30.04.2020 - 09:47 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Do., 30.04.2020 - 09:25

@salto, Franceschini

1. Warum werden diese Zahlen nicht zumindest einmal wöchentlich aktualisiert und kommentiert. Dies wären sicherlich Informationen, die vielen Interessierten könnten.

2. Herr Franceschini, glauben Sie dass es Zufall ist, dass in bestimmten Karten, genau die Gemeinden mit viel Wintertourismus ins dunkenrote tendieren? Ich hoffe an dieser Stelle mehr von Ihnen als investigativer Journalist zu hören.
In Ischgl war da weniger der Zufall und mehr wirtschaftliche Logik dahinter. Wie es sich bereits herausgestellt hat:
https://www.youtube.com/watch?v=Yb9On-qxjIw

Do., 30.04.2020 - 09:25 Permalink