Politik | Gemeindewahlen

Silvio Berlusconis Rückkehr

Bei den Gemeindewahlen hat Berlusconi einen klaren Sieg eingefahren, während PD und Grillini zu den Verlieren gehören
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Alles wie gehabt:  aus den Gemeindewahlen am Sonntag sind offenbar nur Sieger hervorgegangen. Zahlen kann man bekanntlich drehen und wenden. Einer, der diese Kunst meisterhaft beherrscht, ist Beppe Grillo: "Ogni maledetta elezione il movimento continua a crescere", so das Fazit des Gründers der Fünf-Sterne-Bewegung, die in Norditalien ganze zwei neue  Bürgermeister stellt: in der piemontesischen Kleinstadt Acqui Terme und im 370-Einwohner-Dorf Parzanica bei Bergamo.  Auch Matteo Renzi  ignoriert das Debakel seiner Partei und sieht im Ergebnis "un quadro a macchia di leopardo." Die Zahlen könnten freilich deutlicher kaum sein: von den 24 Provinzhauptstädten regiert der Partito Democratico nur noch 7 statt der bisherigen 16, während das Rechtsbündnis die Zahl seiner Bürgermeister mehr als verdoppelt hat - von 6 auf 15. Besonders schwer wiegen für den PD die Niederlagen in den Hochburgen Genua und La Spezia.  Renzi hat als Parteichef den Wahlkampf aus Rom beobachtet, ohne sich selbst daran zu beteiligen.

Doch keine Zahl ist für diesen Wahlgang  so aufschlussreich wie jene der Beteiligung  der Bürger, die mit 46 Prozent den tiefsten Stand in der Geschichte der Republik erreicht hat.

Sie verrät nicht nur Politikmüdigkeit, sondern Abwendung der Bürger von der Politik - besonders in Städten wie Verona, Taranto oder Catanzaro, wo die Wahlbeteiligung um eine Rekordzahl von fast 30 Prozent gesunken ist. Rekordverdächtig war auch die Zahl der Bürgerlisten, die bei diesen Wahlen ein gewichtiges Wort mitgeredet haben.
Berlusconis Revival kam nicht überraschend. In Italien gewinnen die Parteien, wenn sie sich zusammenschliessen. Eher ungewöhnlich hingegen ist, dass in einer siegreichen Allianz sofort nach dem Wahlsieg gestritten wird. Denn Silvio Berlusconi will bei den Parlamentswahlen nur mit "gemässigten Kräften" antreten. Dazu gehören weder Salvinis Lega noch Mellonis Fratelli d'Italia. 
Hinweis auf einen neuen patto del Nazareno ?

Aufschlussreich ist, dass bei den Stichwahlen jeder dritte M5S-Wähler für Berlusconi gestimmt hat. Luigi Di Maio mit gekünstelter Naivität: "Ci siamo concentrati solo sul PD e non ci siamo accorti che nel classico gioco dei due litiganti a godere sarebbe stato Berlusconi."
Fazit: die Grabenkämpfe im Partito Democratico, die Abspaltung des linken Flügels, die Abneigung vieler gegen Matteo Renzi und seinen Führungsstil haben die Partei destabilisiert. Renzis Forderung nach einem "ritorno alla rottamazione" dürfte das Problem wohl kaum lösen. Dass er selbst Opfer der Verschrotter werden könnte, kommt dem selbstgefälligen Parteichef offenbar nicht in den Sinn.
"Siamo di gran lunga la forza politica piú forte", spricht er sich Mut zu. Was er und seine Gegner von der Fünfsterne-Bewegung noch nicht glaubhaft erklärt haben: wie man mit 32 Prozent ein Land regiert. Für Renzi ist das Ergebnis der Gemeindewahlen  simpel "un voto antisistema".  Dem freilich könnte er schon bald selbst zum Opfer fallen.
In der EU der erstarkenden Achse Macron-Merkel haben die jüngsten Wahlen die Anomalien der italienischen Parteienlandschaft voll bestätigt:  die wachsende Zersplitterung der Parteien, ihre Unfähigkeit, sich auf  Reformprojekte zu einigen, ihr ermüdender Dauerstreit und ihre mangelnder Mut zu tiefgreifender Erneuerung. Dass man zur Schlichtung des Streits in der Linken Romano Prodi beuftragen musste, der vor über 20 Jahren Regierungschef war, ist dafür symptomatisch.

Was am Sonntag passiert ist, war durchaus vorhersehbar. Dass in Genua ein altlinker Dogmatiker wie Gianni Crivello gegen einen Quereinsteiger und international bewährten Manager nicht bestehen konnte, war den meisten Beobachtern vorher klar - nicht aber dem Partito Democratico - einer  Partei, in der man sich lieber zerfleischt statt ihr ein klares Profil zu geben, an dem sich ein Wähler orientieren kann. Das ist bei Forza Italia wesentlich einfacher. Dort sind Programm und Führung klar erkennbar und und wie stets in einer Hand vereint: jener von Silvio Berlusconi, der bald seinen 81. Geburtsag feiert