Gesellschaft | Aus dem Blog von Silvia Rier

Männerquote, Frauenquote

„Die Kraft eines Riesen zu besitzen ist wunderbar. Sie wie ein Riese zu gebrauchen ist Tyrannei“ (W. Shakespeare). Wie fair oder unfair ist es nun, über die "Quote" an die guten Plätze, die Plätze in der Sonne zu gelangen?


Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

„Quote“ (ja, ich weiß, spätestens hier dreht der Leser angewidert seinen Kopf in Richtung „nix wie weg hier!) geht gar nicht, bei uns und auch sonst nicht, nicht in der Politik, nicht in der Wirtschaft, überhaupt nicht. Für Frauen zumal.  Denn, so der einstimmige Tenor, eine Quote ist „kein geeignetes Instrument“, um Gleichstellung zu erreichen, Quote ist ein „Steigbügelhalter“ für (unfähige) Frauen, die auf Biegen und Brechen nach vorne wollen, allenfalls und im bestmöglichen Falle tönt man wohlwollend (s)ein „ich bin sogar sehr für mehr Frauen in Politik und Wirtschaft, aber bitteschön ohne Quote. Ihr müsst euch die besseren Ränge schon erkämpfen“.

Wahrscheinlich ganz in dem Sinne beschließen die Herren von der SVP eine 30 (!)-Prozent-Frauenquote - vergessen aber irgendwie, rechtzeitig den politischen und organisatorischen Boden zu beackern, damit das zarte Pflänzchen auch wachsen und gedeihen kann (Schelm, wer Böses dabei denkt!). Wenn sich dann zeigt, dass die Sache irgendwie nicht rund läuft, fasst man sich keineswegs an die eigene Stirn, sondern schaut vielmehr beleidigt, wenn die unbesetzt gebliebenen Quotenränge nicht doch wieder an die alten Kämpen zurück gereicht werden.

So weit, so gut, was soll man machen. Käme nicht tags darauf die junge Generation des PD als „U40“ daher und forderte, ganz ohne weiteres, 50 Prozent der Listenplätze für die kommenden Landtagswahlen. Quote? Aber nicht doch! Woher denn!? Und: Kein beleidigtes Aufheulen aus den geschlossenen Reihen der alten Kämpen! Kein „ihr müsst euch eure Plätze auf den vorderen Rängen aber schon erkämpfen“! Kein „Quote? Geht gar nicht!“. Im Gegenteil: Die Initiative erntet allenthalben, auch fern der Jagdgründe des PD, freundliches Kopfnicken und wohlwollende Zustimmung, ha! die Jugend (die ist, zumindest bei den „U40“ im PD, vermutlich ganz und gar männlich).

Gerechtigkeit? Wen kümmert schon Gerechtigkeit, wenn’s um Macht geht.

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Sybille Tezzele Mo., 29.04.2013 - 11:21

Der PD hat die Quote eigentlich schon im DNA, so sieht das Statut vor, dass alle Gremien zu gleichen Teilen m/w besetzt werden, ist auch so z. B. bei der Landesversammlung. Bei den Landtagswahlen 2008 waren 16 Frauen auf der Liste gereiht (bei 34 Listenplätzen), nachzulesen hier: http://www.provinz.bz.it/vote/landtag2008/prefvt_li_p3915_vg.htm.
Die "U40" möchten einfach nur, dass ein gewisser Anteil dieser Listenplätze (weiterhin m/w) dieser Generation vorbehalten bleibt, im Sinne der "Erneuerung".

Mo., 29.04.2013 - 11:21 Permalink
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a vegele Mo., 29.04.2013 - 11:38

...kann es sein, dass sich der PD mit dieser Quote der Zustimmung der Jugend sicher sein kann, während eine Frauenquote bei vielen Frauen selbst (noch) keine Priorität darstellt bzw. sogar abgelehnt wird?

Müssen wir vielleicht bei der gemeinen Frau beginnen um etwas zu ändern?

Mo., 29.04.2013 - 11:38 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 29.04.2013 - 11:50

Antwort auf von a vegele

Es ist bekannt, dass der Vogelgesang nur von Ausnahmekönnern nachahmbar ist. Was das "vegele" von sich gegeben hat, ist Vogelgesang für mich und dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer der schon einmal geäußerten Meinung:
Nicht alle Frauen wollen, was Frauen wollen.
Gegen Gleichberechtigung, Ausgewogenheit, Chancengleichheit, Macht und Wirtschaft in Frauenhand nichts auszusetzen.
Nur das Wie, Was, Wer, Wo und Wann ist vielen noch nicht klar und hier haben die Frauen sogar die absolute Mehrheit.

Mo., 29.04.2013 - 11:50 Permalink
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a vegele Mo., 29.04.2013 - 12:05

Antwort auf von Sebastian Felderer

...denn ich frage mich langsam wirklich wo hier anzusetzten wäre.
WIR (das vegele ist weiblich) sind nicht eine Minderheit die geschützt werden muss, WIR haben in jedem Haushalt, in vielen Vereinen, in den meisten Betrieben, usw usw keine Quote nötig und ich glaube auch (vielleicht naiverweise) nicht, dass es dort viele Männer und Frauen gibt, die ernsthaft etwas gegen diese Gleichberechtigung haben bzw überhaupt diesen Unterschied zwischen Frau und Mann spüren. Dort geht es um den Menschen.
Doch wenn es um größere Posten und um Macht geht (wie im Hauptartikel so schön auf den Punkt gebracht), dann kuschen WIR, haben WIR Angst, fallen wir zurück in die 20er. Ist doch verrückt.

Mo., 29.04.2013 - 12:05 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 29.04.2013 - 14:23

Antwort auf von a vegele

... bei größeren Posten und bei der Macht? Die starke, selbstbewusste, gereifte, aus dem Saft der eigenen Wurzeln gewachsene Frau? Eine Frau, die sich ihre Freiheit selbst gesucht hat, die sich für i h r Lebensziel entschieden hat und auf vieles verzichtet, was andere Frauen haben; eine Frau, die mitten im Leben steht und sich nicht sagt - Das kann es nicht gewesen sein -, sondern sich Grundlegendes schon vorher überlegt hat, sich dementsprechend ausgebildet hat und somit ihr Leben lebt, eine solche Frau unterscheidet sich in keinster Weise von einem Mann, im Gegenteil, sie überflügelt ihn in allen Bereichen.
Kennt ihr die Helga nicht aus dem Pustertal. Hat sie noch zuwenig "Schneid" gezeigt? Soll sie wirklich -der Oktober wird's zeigen- Landeshauptfrau werden, um den letzten Zweifel der Frauen auszuräumen, was Frauen imstande sind? Kennt ihr die Frau Niederstätter nicht, die Frau Ebner, die Frau Brugger, die Frau Eva Klotz, die Frau Renate Holzeisen, die Frau Cristina Kury, die Frau Martha Stocker, die Frau Ulli Mair, die Frau Gebhard und, und .... Genug, weil die Frau Unterberger habe ich absichtlich vergessen.

Wen ich nicht vergessen will, sind die Frauen, die als Bäuerin, Witwe, Handwerkergattin, Mutter, Hausfrau, Alleinerziehende, Pflegerin täglich ihre Pflicht tun und dort ihren "großen Posten und ihre Macht" gesehen und gefunden haben. Und alle diese Frauen kuschen nicht, sondern stellen ihren Mann, im wahrsten Sinne des Wortes.
Aber Frauen, die zwar ganz oben mitmischen möchten, aber nicht über den eigenen Schatten springen können, täten wirklich besser daran, sich mit sich selbst zu beschäftigen, als für andere Frauen sprechen zu wollen.

Mo., 29.04.2013 - 14:23 Permalink
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a vegele Mo., 29.04.2013 - 14:33

Antwort auf von Sebastian Felderer

... bitte verstehe mich nicht falsch (vielleicht habe ich mich auch falsch ausgedrückt). ich wollte ganz bestimmt nicht sagen, es gäbe keine Frauen, die diese "Schneid" haben, ich habe mich in meinem Kommentar an den Hauptartikel gerichtet, und an das was ich im ersten Kommentar gesagt habe: ich spreche von der (weiblichen) Wählerschaft, die dann doch lieber einen Mann in solchen Posten sehen.

Mo., 29.04.2013 - 14:33 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 29.04.2013 - 14:46

Antwort auf von a vegele

Ich verstehe dich nicht falsch, ganz im Gegenteil, deine Aussagen sind Vogelgesang für mich. Das Klopfen an die eigene Brust durch das WIR kommentiert sich von selbst. Als aktive Frau, die ihren Weg sucht oder die Wählerin, die diesen Weg ebnet und ermöglichet, es ist immer das ICH entscheidend. Und Wahlkabinen haben ihre eigenen Gesetze, drum hängt dort auch kein Spiegel an der Wand.

Mo., 29.04.2013 - 14:46 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 29.04.2013 - 15:32

Antwort auf von a vegele

Das mit dem Spiegel geht nicht. Es ist wahrscheinlich eine Folge der Erbsünde, dass wir als Gemeinschaft das ausbaden müssen, was uns so mancher oder manche einbrockt. Soziale Verantwortung, Manipulation der Meinungen, Klassendenken, Fraktionszwang, Heckenschützen und noch vieles mehr spielen in der Wahlkabine eine Rolle. Sogar die, die sie nicht betreten, können entscheidender sein, als die Wähler und Wählerinnen. Da hilft kein Spiegel, das hilft nur Selbstverantwortung und ein reines Gewissen.

Mo., 29.04.2013 - 15:32 Permalink
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Sylvia Rier Mo., 29.04.2013 - 15:24

Antwort auf von Sebastian Felderer

zu einfach? Die Frauen, die du auflistest, sind (darin sind wir uns wahrscheinlich einig) die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Jedenfalls aber immer noch: viel zu wenige. Auch würde mich interessieren, ob sie a) Familie/Kinder haben (die Damen Klotz/Holzeisen/Stocker/Mair doch schon mal nicht, oder bin ich falsch informiert?). Eine Frau, aber nach "oben" und dazu auch noch Familie will, braucht zumindest einen Mann, der selbst für die Arbeit nicht außer Haus muss (ein Bauer z. B.) und sich um den Nachwuchs kümmern kann (und das auch will!), während die Frau über ihren Schatten springt, oder zumindest braucht sie eine Mutter/Schwester/Tante o. ä., die - zu den eigenen - auch noch die Kinder der über-ihren-Schatten-springenden Frau mitbetreut und der letztere sie gern anvertraut (auch ein Faktor, und kein geringer). Wenn einer von diesen Steigbügeln vorhanden ist, ist das sehr von Vorteil. Anderenfalls muss sich die angehende Politikerin auf die Kindergärten/Tagesmütter/Babysitter verlassen, und da wird's schon alleweil ziemlich komplex. Aber das wäre ja noch eins der kleineren, jedenfalls aber ein lösbares Problem, wenn nicht (Gerechtigkeit!): Männliche Politiker dieses Problem schon mal gar nicht hätten = ein schwerer Kampf weniger, den sie kämpfen müssen, wenn sie nach "oben" wollen. Das hat mit "über den Schatten springen" wenig zu tun, sondern mit sehr realen Hürden, deren Überwindung schon mal sehr viel Kraft erfordert. Und dann sind erst die Kinder - hoffentlich einigermaßen - versorgt und die Frau noch längst keine Politikerin, und schon gar nicht "oben". Zur Erinnerung: Es geht um Gerechtigkeit!

Mo., 29.04.2013 - 15:24 Permalink
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Sylvia Rier Di., 30.04.2013 - 12:11

Meine Meinung, mehrere Mutmaßungen & die eine oder andere Erfahrung ;-)
a vegele hat Recht, der Weg ist noch weit, aber das macht ja nichts, Hauptsache, es geht voran. In dem Sinne:
1. es wird immer noch mit zweierlei Maß gemessen, und dazu: wenn Frau und Mann dasselbe sagen, ist es noch längst nicht dasselbe;
2. müssen Frauen immer noch entscheiden: Familie ODER Beruf/Karriere. Beides geht nicht (bzw. wenn, dann meist in sehr hohem Maße auf Kosten der Lebensqualität der Frau);
3. trauen sich Frauen bei gleicher Qualifizierung noch längst nicht zu, was Männer sich ohne weiteres zutrauen (gestern sogar in der Dolomiten zu lesen, ha! es tut sich was!);
4. müssen Frauen fürchten, den Rückhalt ihrer Geschlechtsgenossinnen zu verlieren, und sogar deren Anfeindungen ausgesetzt zu werden (ein Klassiker: Rabenmutter!);
5. viele Frauen fürchten, dazu auch noch den Rückhalt ihrer Männer zu verlieren, wenn sie sich zu emanzipiert geben (der eigene könnte abwandern, ein anderer gar nicht hinschauen);
6. Frauen haben noch nicht gelernt, selbstbewusst zu fordern; man hat uns gelehrt, (demütig) zu bitten;
7. Frauen haben noch nicht gelernt, selbstbewusst Fehler zu machen und sich solche auch zu zugestehen;
8. Frauen fühlen sich letztendlich „dort oben“ vielleicht auch gar nicht wirklich willkommen und/oder erwünscht, und, wer weiß, in einer Männerwelt mit Männerregeln auch nicht wirklich wohl?
Ein schöner Artikel zum Thema: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/sheryl-sandbe…

Di., 30.04.2013 - 12:11 Permalink
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a vegele Di., 30.04.2013 - 17:07

Antwort auf von Sylvia Rier

...die deinige. und der Artikel bringt es noch mal richtig auf den Punkt. vielen Dank für den Link! Sehr inspirierend und wunderschön.

und daraus ein Zitat, für alle die ihn nicht gelesen haben:
"Ich glaube allerdings, mit der Quote ist es nicht getan. Das sieht man an den skandinavischen Ländern. Die haben längst die Quote für Aufsichtsräte, seitdem gibt es zahlreiche Aufsichtsrätinnen, aber keine Managerinnen. Da verändert sich nichts, und es wird sich auch nichts ändern, solange wir uns nicht ändern." (cit.)

und mit der Zeit scheint sich was zu ändern:
"Kam die Kritik von Männern oder Frauen? - Von Frauen natürlich, nicht von den jungen, sondern den älteren." (cit.)

Silvia, bitte hör nicht auf über dieses Thema zu schreiben!!

Di., 30.04.2013 - 17:07 Permalink
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Sylvia Rier Mi., 01.05.2013 - 19:00

(hier nochmal ein schöner Artikel, dieses Mal aus berufenem Munde:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-04/Quote-Psychologie….----
Dasselbe habe ich übrigens auch schon mal gesagt, u. zw. hier: http://salto.bz/de/article/31032013/quotenmanner----
Ach ja: Damit sie vielleicht irgendwann ein Ende haben, diese ewigen Diskussionen um Quote-oder-nicht-Quote, würde ich vorschlagen, dass sie ganz einfach ratzfatz eingeführt wird, fifty-fifty mindestens, überall und allenthalben, und danach ist dann Ruhe, hoffentlich.

Mi., 01.05.2013 - 19:00 Permalink