Politik | Prozesse

Jahr der Niederlagen

Es gibt in Südtirol wohl kaum einen Unternehmer der öfters gegen das Land geklagt hat als Ingomar Gatterer. Der Ausgang der Verfahren bisher: 7 : 0 für das Land.
Ingemar Gatterer
Foto: Salto.bz
Man kennt den Film.
Ingomar Gatterer lädt zur Pressekonferenz oder er verschickt eine Pressemitteilung, in der er eine Klage gegen das Land ankündigt. Der Hauptaktionär und CEO der SAD AG wird dabei meistens von Rechtsberatern flankiert, die den juristischen Laien erklären, welchen Bock die Landesverwaltung, die Landesregierung oder/und der Landeshauptmann da wieder geschossen haben. Wer Gatterer kennt, der weiß, dass es beim Pfalzner Unternehmer keine diplomatischen Zwischentöne gibt. 
Weil Ingomar Gatterer nicht nur ein besonderer Freund der großen Worte ist, sondern ebenso ein Mann der Tat, reicht er meistens noch am selben Tag die Anzeigen dann auch ein. Danach allerdings wird es ruhig. Vom Ausgang der Anzeigen und Prozesse erfährt die Südtiroler Öffentlichkeit kaum mehr etwas. Warum das so ist, zeigt eine Recherche in der Datenbank des Bozner Verwaltungsgericht. 
Dort kommt eine Bilanz ans Tageslicht, die für den mobilen Pusterer Unternehmer je nach Ansicht, blamabel, ernüchternd oder katastrophal ausfällt. 
 

Die Urteile

 
Am 13. Juni 2018 veröffentlicht das Verwaltungsgericht das Urteil 204/2018. Es geht dabei um den Rekurs der SAD AG gegen den Beschluss der Landesregierung zur Kapitalerhöhung der SASA AG und die Übertragung der städtischen Buskonzessionen. Der Rekurs wird vom Richtersenat „wegen falscher Zustellung“ für unzulässig erklärt. Die SAD-Anwälte machten in diesem Verfahren einen peinlichen Anfängerfehler. Sie stellten dem Land den Rekurs telematisch auf der falschen E-mail-Adresse zu. Die Verfahrensspesen wurden zwischen den beiden Parteien kompensiert.
Elf Tage später folgt das Urteil 210/2018. Es geht dabei um den Rekurs der SAD gegen das Dekret des Landesrates für Mobilität in Bezug auf die Spesenvergütung aus dem Jahr 2011. Die Forderungen: Dem Gatterer-Unternehmen stünden 1.642.503 Euro und nicht – wie vom Land beschlossen - 673.956,87 Euro zu. Zudem verlangt die SAD 300.000 Euro an Schadenersatz.
Auch hier erklären die Richter den Rekurs für unzulässig wegen Verletzung des Prinzips ne bis in idem (es gibt ein rechtskräftiges Urteil von 2014 in gleicher Sache) und inhaltlich als unbegründet. Die SAD wird zur Zahlung der Prozesskosten von 3.000 Euro, plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes verurteilt.
Einen Tag später folgt das Urteil 211/2018. In diesem Verfahren geht es um den Rekurs der SAD gegen den Beschluss der Landesregierung, in dem die Standardkosten definiert werden. Auch dieser Rekurs wird abgewiesen und die SAD muss die Prozesskosten von 3.000 Euro, plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes zahlen.
 
Am 29. Juni 2018 wird dann das Urteil 218/2018 veröffentlicht. Die SAD AG hat hier gegen das Dekret des Abteilungsdirektors Mobilität in Bezug auf die Berichtigung der Spesenvergütung 2010/2011 rekurriert. Das Urteil: Der Rekurs wird ebenfalls wegen Verletzung des Prinzips ne bis in idem (auch hier gibt es ein rechtskräftiges Urteil von 2014 in gleicher Sache) und unbegründet im Meritum abgelehnt. Die SAD AG wird auch in diesem Fall zu den Prozesskosten von 3.000,00 Euro plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes verurteilt.
 

Verwaltungsräte per Steuergeld

 
Am 9. Juli und am 18. Juli 2018 werden zwei weitere Urteile veröffentlicht, in denen die SAD am Bozner Verwaltungsgericht nicht Recht bekommt. In Urteil 229/2018 geht es um den Rekurs gegen das Dekret des Abteilungsdirektor Mobilität in Bezug auf die Spesenvergütung 2012. Es ist einer der kühnsten Rekurse. Denn Ingomar Gatterer & Co fordern vom Land nicht nur die Rückvergütung von Finanzierungskosten von 607.538 Euro, sondern auch die Anerkennung der Kosten für die Vergütung der Verwaltungsräte auch wenn sie über 240.000 Euro pro Jahr liegen. Auch dieser Rekurs wird vom Richtersenat als unbegründet angewiesen. Verurteilung zu den Prozesskosten von 3.000,00 Euro plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes.
Urteil 248/2018 betrifft den SAD-Rekurs gegen den Beschluss der Landesregierung zur Limitierung der rückvergüteten Leerkilometer im Jahr 2013. Wie gehabt auch hier: Rekurs unbegründet im meritum und Verurteilung zu den Prozesskosten von 3.000,00 Euro plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes.
Die letzte Schlappe mussten die SAD die LIBUS gemeinsam einstecken. LIBUS hatte für sich selbst und als Mitglied der Bietergemeinschaft LIBUS/SAD gegen den Beschluss der Landesregierung rekurriert, mit dem ÖPP-Vorschlag SAD zur Führung des öffentlichen Personentransports in Südtirol abgelehnt wurde. Mit Urteil 314/2018 veröffentlicht am 6. November 2018 wird auch dieser Rekurs wegen „fehlendem Interesse“ für unzulässig erklärt und die Kläger zur Zahlung der Prozesskosten von 3.500 plus Fürsorgebeitrag Anwaltschaft und Mehrwertsteuer zugunsten des Landes verurteilt.
 

Prominenter Anwalt

 
Ingomar Gatterer und die SAD AG haben demnach 2018 am Bozner Verwaltungsgericht sechs Verfahren selbst und ein Verfahren indirekt mit LIBUS (zu dem auch Gatterers privates Busunternehmen gehört) verloren.
Im Klartext: Es steht 7 : 0 für das Land.
Doch dazu gibt es keine Pressekonferenzen oder Pressemitteilungen.
 
Zudem konzentriert sich Ingomar Gatterer zunehmend aufs Landesgericht. Bei der Staatsanwaltschaft liegen mehrere Eingaben Gatterers gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher auf. Für die letzte Eingabe – in der es unter anderem um den Kastelruther Marinzenlift geht – hat sich der SAD-Eigner nach Informationen von salto.bz einen besonders prominenten Anwalt genommen: Maurizio Paniz.
Der Anwalt aus Belluno, der drei Legislaturen für Forza Italia im Parlament saß, wurde national als juridischer Berater und Anwalt von Silvio Berlusconi bekannt. So war Paniz im Ruby-Prozess einer der Anwälte Berlusconis. Paniz hat die SAD AG bereits einmal am Bozner Landesgericht verteidigt.
Ob diese Gangart erfolgreicher ist, wird sich zeigen. Zudem behängen vor dem Bozner Verwaltungsgericht noch weitere SAD-Rekurs.
Vielleicht gewinnt Ingomar Gatterer 2019 seine ersten Prozess.
 
PS. Ingomar Gatterer hat 2017 auch gegen den Autor dieser Zeilen und gegen salto.bz Strafanzeige beim Landesgericht eingereicht. Das Verfahren behängt noch.
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kurt duschek Mo., 31.12.2018 - 06:31

.....steter Tropfen höhlt den Stein, so zumindest das Sprichwort. Hier scheint wohl der Stein ein Felsen zu sein und der Tropfen nur ein Tröpfchen!

Mo., 31.12.2018 - 06:31 Permalink
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Sepp.Bacher Mo., 31.12.2018 - 17:10

"...wegen Verletzung des Prinzips ne bis in idem (es gibt ein rechtskräftiges Urteil von 2014 in gleicher Sache) und inhaltlich als unbegründet" ???

Mo., 31.12.2018 - 17:10 Permalink
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gorgias Mo., 31.12.2018 - 19:50

Viele ärgern sich über Herrn Gatterer, ich finde aber er grenzt sich als Unternehmer positiv vom Klüngelsystem zwischen Politik und Wirtschaft ab, und vertretet seine Interessen auf dem Rechtsweg gegenüber eine undurchsichtige Politik. Das ist legitim und das ist positiv, weil es endlich Klarheit schafft.

Waren doch die SAD und SASA jahrelang Unternehmen mit privater Beteiligung, wo die öffentliche Hand immer wieder bezuschusste, damit das Unternehmen weiter geführt werden konnten. Warum das überhaupt? Und war das im Interesse der Allgemeinheit?

Hätte die Politik über die Jahre richtig gehandelt, würde sowohl die SAD als auch die SASA In-House-Unternehmen mit 100% Beteiligung der öffentlichen Hand sein.

Das ärgert mich, weil die öffentliche Hand ja in meinem Interesse wie jeden anderen Bürgers handeln sollte.

Was Herrn Gatterer angeht, wünsche ich ein frohes neues Jahr und weiter so!! Weil ich bin mir nicht sicher, ob die öffentliche Hand schon genug aus der Sache gelernt hat.

Mo., 31.12.2018 - 19:50 Permalink
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Franco Blue Mi., 02.01.2019 - 00:15

Herrn Gatterer sollte man Anzeigen. Er blockiert mit unnützen Anklagen, die zum Teil schon mal geführt wurden, und zu denen es entsprechende Urteile gibt, die ohnehin schon völlig überlasteten Gerichte, und hilft so fleissig mit, daß andere Straftaten verjähren..

Mi., 02.01.2019 - 00:15 Permalink