Politik | Meran

Politischer Silvester

Die SVP und die Kurverwaltung haben alles getan, um aus politischen Gründen ein Silvester-Event für die Jugend zu verhindern. Am Ende ging der Plan auch auf.
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Foto: Facebook
Die Nachricht kam am Montag um genau 12 Uhr. Auf der Facebook-Seite des „Event Concept Südtirol“ heißt es unter dem Titel „Abgesagt!“:
 
„Auf Initiative von Vizebürgermeister Rossi und Bürgermeister Rösch wurde seit August in mühsamer Arbeit ein neues Silvesterkonzept für die Kurstadt Meran ausgearbeitet.
Doch leider müssen wir dir Veranstaltung unter diesen Vorraussetzungen absagen. Trotz enormer Kompromissbereitschaft und Willen unsererseits konnte über Wochen keine politische Einigung gefunden werden.
Der Zuspruch und die Resonanz für dieses neue Konzept waren bis zum Schluss riesig, deshalb möchten wir alle Unterstützer, inklusive Vizebürgermeister Rossi und Bürgermeister Rösch dazu aufrufen sich gegen dieses System stark zu machen und noch lauter für eine neue Festkultur einzutreten. Denn im Jahr 2019 ist die Stadtbevölkerung und in erster Linie die Jugend einmal mehr Opfer der Politik geworden!“
 
Unterzeichnet ist der Post vom Präsidenten des Vereins, Simon Waldner. Verständlich werden die harten Worte, wenn man die Vorgeschichte zu dieser Absage kennt.


Der Verein

 
Der Verein „Event Concept Südtirol“ mit Rechtssitz in Lana wurde vor 5 Jahren gegründet. Laut Statuten sind der Zweck und Tätigkeitsbereiche des Vereins:
 
  • Organisation von Veranstaltungen zur Förderung der geordneten, neuen und auch analkoholischen Feierkultur, mit dem Bedacht auf einheimische Partnerbetriebe und Jung-Unternehmer aus Südtirol.
  • Förderung, junger Menschen in Ihrer Veranstaltungsaktivität.
  • Zusammenführen von Jugendlichen verschiedener Kulturen und Herkunft zur Ausübung gemeinsamer Abend Aktivitäten.
  • Unterstützung bestehender Vereine bei Ihrer Veranstaltungsaktivität.
  • Zusammenarbeit mit den Südtiroler Tourismusverbänden, zur Gestaltung von Veranstaltungen, sowie zur Förderung des Dorflebens. 
Der Verein ist eine Art Eventagentur für junge Menschen. Simon Waldner & Co veranstalten immer wieder Konzerte, DJ-Auftritte oder den Ball der Maturaklassen an besonderen Orten oder in ausgewählten Locations.
Zu Fasching 2019 veranstaltete der Verein „Event Concept Südtirol“ am Meraner Bahnhof das „WIGWAM Festival“. Rund 2.500 junge Menschen feierten am Unsinnigen Donnerstag ab Mittag mit Band und DJ´s ordentlich ab. Die Veranstaltung, die offiziell von der Stadtgemeinde Meran mitgetragen wurde, war ein voller Erfolg. Es gab weder Ausschreitungen noch Alkoholexzesse.
 

Der Plan

 
Vor allem Bürgermeister Paul Rösch und Vizebürgermeister Andrea Rossi, unter anderem als Stadtrat auch für die Jugend zuständig, wollten nach dieser Erfahrung auch zu Silvester etwas für die Jugend in Meran organisieren. Im August trafen sie sich deshalb mit Simon Waldner. Waldners „Event Concept Südtirol“ legte schon wenig später ein fertiges Konzept für eine Silvesterparty der anderen Art in der Meraner Sparkassenstraße vor. Ausgearbeitete und später von der Quästur genehmigte Sicherheitspläne sind genauso dabei, wie ein klares finanzielles Budget. 40.000 Euro sollte der Silvester-Event für die Jugend kosten.
 
 
Simon Waldner signalisierte, dass man das Projekt stemmen könne, wenn die Gemeinde die Hälfte dieser Kosten übernehmen würde. Es geht also weder um exorbitante Summen, noch um irgendwelche extravaganten Forderungen der Veranstalter.
Rösch und Rossi wissen zwar, dass die Meraner Kurverwaltung traditionell den Meraner Stadtsilvester organisiert und dabei so tut, als gehöre die Passerstadt ihr, doch sind die beiden Politiker auch überzeugt, dass man nicht nur etwas für die Gäste bieten soll, sondern auch etwas für die jungen Meranerinnen und Meraner.
 

Meraner Kleinkrieg

 
Vor diesem Hintergrund gibt das Duo Rösch/Rossi von Anfang an eine klare Vorgabe. „Event Concept Südtirol“ soll den Event mit der Meraner Kurverwaltung und deren Programm abzustimmen. Das tut der Verein auch. „Sobald wird mit der Kurverwaltung und den Thermen Kontakt aufgenommen hatten“, sagt Simon Waldner zu salto.bz, „haben die Probleme aber begonnen“.
 
 
Dahinter stehen ausschließlich gemeindepolitische Gründe. Die SVP versucht alles, um bei den Gemeinderatswahlen im Mai 2020 Paul Rösch abzusetzen und den Bürgermeistersessel in der Passerstadt zurückzuerobern. Dazu gehört es auch, Rösch jeden Erfolg in der Öffentlichkeit madig zu machen.
Wie weit dieser politische Kleinkrieg geht, zeigt sich im Meraner Stadttheater- und Kurhausverein. Der Verein setzt sich aus dem Land Südtirol, der Gemeinde Meran und der Meraner Kurverwaltung zusammen und führt das Stadttheater und das Meraner Kurhaus.
Als im Sommer der Verwaltungsrat neu besetzt wurde, tat die Meraner SVP alles, damit die amtierende Präsidentin Monika Gamper nicht mehr vom Land nominiert wird. Der Grund: Gamper hatte zu gut mit Paul Rösch und der oppositionellen Gemeindeführung zusammengearbeitet.
Genau das wollte man aber im Wahljahr 2020 keinesfalls. Deshalb nominierte die Landesregierung Gamper einfach nicht mehr. Die Meraner Kurverwaltung und das Land kürten später kurzerhand Jutta Telser zur neuen Präsidentin. Gamper, die von der Gemeinde Meran in den Verwaltungsrat entsandt wurde, trat nach der Wahl zurück.
Eine der Regisseurinnen der Operation war damals die Präsidentin der Kurverwaltung, Ingrid Hofer, gewesen. Auch diesmal hat Hofer ihre Finger maßgeblich im Spiel.


Teure Lichtshow

 
Von Anfang an stellt sich die Kurverwaltung quer. In mehreren Aussprachen verweist Präsidentin Ingrid Hofer, dass die Kurverwaltung bereits ein Silvesterprogramm geplant habe und als Veranstalter des Meraner Weihnachtsmarktes ein Vetorecht habe.
Das Meraner Silvesterprogramm der Kurverwaltung beginnt am Vormittag an den Schauplätzen der Meraner Weihnacht und bietet bis in die Nachmittagsstunden familiengerechte Aktivitäten und Livemusik, ehe um 23.00 Uhr das Merano Pop Symphony Orchestra auf der Kurhausterrasse ein Abendkonzert gibt. Auch am Thermenplatz wird ab Nachmittag bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.
 
 
Die pyromusikalische Show „Lumina“ soll das Meraner Silvesterprogramm dann krönen. Die von der Kurverwaltung Meran mit der Umsetzung der Show beauftragte Firma „Parente“ hat Licht- und Pyrotechnikshows für die Expo 2015 in Mailand und für die Olympischen Winterspiele 2006 in Turin, für die Eröffnung des Juventus Stadiums 2011 und für Städte wie München, Cannes und Santiago de Compostela gestaltet.
Das gesamte Programm kostet das Zehnfache dessen, was die Stadt für das Straßenfest der „Event Concept Südtirol“ beisteuern wollte.
Weil sich die Gemeindeverwaltung und vor allem Vizebürgermeister Andrea Rossi aber nicht einschüchtern lassen und auch zu einer von Ingrid Hofer einberufenen Aussprache nicht erscheint, stellt die in Meran mächtige Präsidentin der Kurverwaltung kurzerhand ein Ultimatum.
 

Hofers Drohung

 
In einem Schreiben an Andrea Rossi fährt Ingrid Hofer nicht nur hartes Geschütz gegen die unliebsame Konkurrenz auf, die Präsidentin der Kurverwaltung droht auch offen damit, das eigene Programm abzusagen, sollte der Event in der Sparkassenstraße wirklich stattfinden.
 
Aber auch dieser Brief zeigt nicht die gewünschte Wirkung. Denn er Verein „Event Concept Südtirol“ ist durchaus zu einem Kompromiss bereit. Man sagt zu, den Event für die Jugend in der Sparkassenstraße von 10 bis 17 Uhr abzuhalten. So würde man dem edlen Programm der Kurverwaltung nicht in die Quere kommen.
 

Welcome to the Jungle

 
Am 17. Dezember stellte Simon Waldner das Konzept im Meraner Stadtrat vor. Die Vorstellung war so schlüssig, dass sich letztlich eine Mehrheit fand. Der Gemeindeausschuss genehmigt das Fest und einen Beitrag von 18.700 Euro.
Doch danach tauchte plötzlich ein formales Problem auf. Die Meraner Verwaltung erklärte, dass der Verein „Event Concept Südtirol“ kein echter Verein sei und man den Beitrag deshalb nicht genehmigen könne. „Ich verstehe diese Begründung bis heute nicht“, sagt Simon Waldner.
Man macht Waldner aber einen Vorschlag. Offiziell soll das Jugendzentrum „Jungle“ die Veranstaltung und den Beitrag übernehmen. Nach Informationen von salto.bz machte man gleichzeitig aber Druck auf die Jungle-Spitze, sie solle den Silvesterevent auf keinen Fall übernehmen. Auch weil die Verantwortung zwei Wochen vor Silvester eine solches Event zu übernehmen zu groß war, winkte das „Jungle“ am Ende ab.
„Event Concept Südtirol“ musste damit die Segel streichen. Gestern kam die Absage. Die Meraner Kurverwaltung erinnerte kurz vorher per Pressemitteilung über ihr Silvester-Angebot.
Das Timing der politischen Hinrichtung war damit perfekt.