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Vor rund einem halben Jahr ist das 30 Jahre alte Pony der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Opfer einer Wolfsattacke geworden. Das Ereignis habe die gesamte Familie furchtbar mitgenommen, wie von der Leyen in einem Schreiben mitteilte. Anschließend kündigte die EU-Kommissionspräsidentin in einem Brief an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments an, den Schutzstatus von Wölfen durch das Europäische Parlament überprüfen zu lassen.
Der Tod von Dolly, so der Name des Ponys, das Anfang September von einem Wolf im Burgdorfer Örtchen Beinhorn gerissen worden war, kam auch im Rahmen der Informationsveranstaltung zum Thema Wolf in Lana zur Sprache. Einer der Diskussionsteilnehmer, der nicht unumstrittene Baron Maximilian Baron Mayr-Melnhof, seines Zeichens Landesjägermeister in Salzburg und vehementer Wolfsgegner, meinte damals, dass wohl erst schlimmere Übergriffe passieren müssten, damit in der Politik und Gesellschaft ein Umdenken stattfinde. Anscheinend reiche es noch nicht, wenn das Pony der EU-Kommissionspräsidentin Opfer einer Wolfsattacke wird.
Offenbar doch. Denn wie der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann in seiner aktuellen Aussendung schreibt, werden von der EU-Kommission Wolfsentnahmen auf der Grundlage eines Managementplans nicht mehr grundsätzlich abgelehnt. Dies habe von der Leyen gegenüber Dorfmann bestätigt. Bei einem Treffen der Fraktion der Europäischen Volkspartei mit der Kommissionspräsidentin am vergangenen Dienstag (14. März) hatte der Europaparlamentarier die Frage des Wolfsmanagements aufgeworfen und die bisherige strikte Weigerung Brüssels kritisiert, Wölfe zu entnehmen. „Die Präsidentin hat geantwortet, dass sich die Einstellung der EU-Kommission zum Wolfsmanagement grundlegend geändert habe“, so Dorfmann. Es brauche einen Ausgleich zwischen den Interessen von Artenschutz und Biodiversität einerseits sowie der Landwirtschaft andererseits, so von der Leyen. Die EU-Kommission sei in ihrer Einstellung nun sehr viel flexibler.
„Die Kommission wird sich auch Ansuchen der Mitgliedstaaten um Wolfsentnahmen nicht mehr in den Weg stellen“, so Dorfmann. Von der Leyen habe als Beispiel den Wolfsmanagementplan in Schweden genannt, in dem größere Entnahmen vorgesehen seien und der für die EU-Kommission in Ordnung sei. „In dieser Klarheit hat sich noch nie ein Mitglied der Kommission zu Wolfsentnahmen geäußert, schon gar nicht die Präsidentin selbst“, erklärt der Südtiroler Europaparlamentarier und fordert deshalb, schleunigst einen Wolfsmanagementplan auf den Weg zu bringen – „entweder staatsweit oder auch nur für die Alpenregionen“.
In dieser Klarheit hat sich noch nie ein Mitglied der Kommission zu Wolfsentnahmen geäußert, schon gar nicht die Präsidentin selbst.
Laut Dorfmann gelte es, diese neue Ausrichtung nun zu nutzen und Druck zu machen, damit Italien „endlich einen vernünftigen Managementplan auf den Weg bringt, in dem auch Entnahmen vorgesehen sind.“ Für den Europaparlamentarier interessant ist zudem die Aussage von Präsidentin von der Leyen, dass nicht nur Pläne auf nationaler Ebene von der EU-Kommission berücksichtigt würden, sondern auch solche, die nur regionale Räume betreffen. Somit stünden laut Dorfmann zwei Möglichkeiten offen: „Entweder es wird ein staatsweiter Managementplan erarbeitet oder nur einer für die Wolfspopulation in den Alpenregionen. Und danach geht es darum, diesen Plan von Brüssel schnellstmöglich absegnen zu lassen, damit ein vernünftiges Wolfsmanagement möglich wird.“
Tirol sagt Wolf den Kampf an
Etwas weiter scheint man in unserem nördlichen Nachbarland Tirol zu sein, wo am 1. April das Gesetz in Kraft tritt, das den Abschuss von Problem- oder Risikowölfen per Verordnung vorsieht – sofern es nicht noch EU-Seite angefochten wird, was nach den jüngsten Aussagen von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen allerdings unwahrscheinlich sein dürfte. Mit dem abgeänderten Jagdgesetz wird es möglich sein, den Abschuss von Schadwölfen zu veranlassen, und zwar ohne jegliche Beschwerdemöglichkeit vor Gericht.
Im Rahmen eines Treffens haben sich Landesrat Arnold Schuler und sein Tiroler Amtskollege Josef Geisler, Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer und der Tiroler Landesjägermeister Anton Larcher über das neue Gesetz ausgetauscht. Im Gegensatz zu den Provinzen und Regionen in Italien haben die österreichischen Bundesländer weitreichendere Zuständigkeiten. Zwar sei in Südtirol ein Landesgesetz in Kraft, das die Möglichkeit einer Entnahme einräumt und sogar einer Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof standgehalten hat, allerdings wäre ein darauf aufbauendes Abschussdekret sofort vor dem Verwaltungsgericht anfechtbar, erklärte Landesrat Schuler im Rahmen des Treffens. In Tirol jedoch stehe laut Josef Geisler mit der Jagdnovelle ein brauchbares Management zur Verfügung. Konkret wird auf eine Verordnung gesetzt, die das Verfahren vom Schadereignis bis hin zur Entnahme straffen soll. Gleichzeitig werden Risiko- und Schadraubtiere klar definiert und gleichzeitig nicht schützbare Almen durch Verordnung definiert. Das Fachkuratorium des Landes Tirol wird ausgesetzt. Alle Änderungen im Jagdgesetz gelten für die Großraubtiere Wolf, Bär, Luchs und Goldschakal. Eine Abschussverordnung schließe die Möglichkeit, vor Gericht Beschwerde einzulegen, aus. „Der Verordnungsweg ist ein juristischer Grenzgang. Aber solange die EU den Schutzstatus des Wolfs nicht senkt, haben wir keine andere Wahl. Wir werden dieses Risiko jedenfalls eingehen. Es geht darum, den Wölfen in Tirol den Kampf anzusagen“, so Geisler.
„In Südtirol sind im Jahr 2022 29 Exemplare zweifelsfrei nachgewiesen worden, gewesen sind es wohl mehr“, sagte Schuler. In Südtirol bestehe nicht das legislative Problem, sondern die Umsetzung, sprich Ausführung eines Abschusses. Einerseits braucht es für einen Abschuss das Einverständnis des Obersten Instituts für Umweltschutz und -forschung (ISPRA). „Zudem werden Abschussverordnungen für geschützte Tierarten immer vor dem Verwaltungsgericht angefochten und erfahrungsgemäß werden die Verordnungen auch vom Gericht ausgesetzt, während das in Tirol in dieser Form nicht möglich ist", berichtete der Südtiroler Landesrat und betonte: „Wird das Tiroler Gesetz umgesetzt, sehe ich auch für uns neue Wege, den Abschuss von Problem- und Risikowölfen vorzusehen.“
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Egal warum, Hauptsache, es ändert sich etwas.
Wieso erlaubt man sich einfach Frau von der Leyen mit Uschi zu titulieren?
* „einfach“bitte weg
Verstehe nicht, was sich geändert haben soll. Ich gehe jede Wette ein, dass in den nächsten fünf Jahren in Südtirol noch immer kein Wolf auf legalem Wege "beseitigt" werden darf.
Eine Frage: Was genau gibt uns eigentlich das Recht, andere Tierarten einem "Management" zu unterwerfen?
Und bitte berücksichtigen Sie bei der Beantwortung dieser Frage 2 Punkte:
- Geht Ihre Antwort über die Begründung hinaus: Wir dürfen Wölfe & Co. "managen", weil wir es können, immerhin sind wir die mit den Knarren...
- Berücksichtigt Ihre Antwort den Blick auf die jeweilige Schaden-/Nutzenbilanz der zur Debatte stehenden Spezies Mensch / Wolf für das Gesamtsystem Planet Erde
Dankeschön.
man könnte auch den Menschen "managen". wären Sie dazu bereit?
das ist schon längst so: Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine werden ganz anders "gemanaget" als Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Und, wieder in der Tierwelt zurück, Ursulas Pony darf nicht getötet werden, doch der Wolf (Bär, ...) schon. Hunde sind die besten Freunde der Menschen, obwohl immer wieder Menschen von Hunde schwer verletzt werden, oder sogar getötet werden... die Schizophrenie des homo sapiens.
Wir Menschen werden schon lange gemanagt: durch Regeln, Verordungen und Gesetzte, durch Religionen u. Ä., durch Arbeitgeber, durch Medien, Parteien, Verbänden, usw. und nicht zu letzt durch Partner, Eltern, Großeltern, oft auch Kinder, Geschwister, oft auch Freunde, .....
Off topic.
Vernünftiges Verhalten zueinander sollte eigentlich "das zusammen-Leben in der Natur bestimmen."
Wenn aber "nicht Jagd-bare Tiere, nicht nur alte und kranke Tiere reißen und auch Menschen angreifen," hilft die Gefühlsduselei der Tierschützer auch nicht weiter.
Wir erhöhen den Status mancher Tiere und stufen andere herab. Was gibt uns Menschen das Recht dazu? Ich bin da ganz bei Thomas Strobl!
Tiere sind keine Objekte!
Tiere haben sehr ähnliche Bedürfnisse, wie wir und sind auch sonst nicht viel anders wie wir!
Wenn wir Biodiversität wollen und der Wolf wichtig ist für die Balance in der Natur und wenn wir gleichzeitig die Almwirtschaft der Bauern erhalten wollen, dann müssen wir eben investieren in Lösungen, die das Wohl der Schafe und das Wohl der Wölfe berücksichtigen!
Stattdessen werden Ängste medial und von gewissen Politikern geschürt. Der Wolf intrumentalisiert - das Wolfthema aus niederen Motiven heraus benutzt...
Es wird völlig verkannt, wie sehr der Mensch den Lebensraum des Wolfes eingeschränkt hat. Wir tun so, als ob ein Tier zurückkommt und unseren Lebensraum bedroht. Wir wollen den Wolf in die Wildnis zurückdrängen, aber die Wildnis, die gibt es so gar nicht mehr.