Umwelt | Pestizide

Der Veithstanz

Alle gegen einen. Landesrat Arnold Schuler, der Südtiroler Bauernbund, die VOG, der HGV und die IDM wehren sich gegen den Nestbeschmutzer Ulrich Veith.
Arnold Schuler
Foto: Facebook/Arnold Schuler
Eigentlich haben Politiker direkte Kontakte zu den Medien. Und sie haben Pressesprecher und ein Landespresseamt, um ihre Botschaften zu verbreiten. Südtirol hat mit der IDM aber auch eine Marketingagentur. IDM steht für Innovation, Development und Marketing. Die Ziele der öffentlichen Gesellschaft sind die nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Südtirol und die Vermarktung der Tourismusdestination Südtirol.

Dazu gehört anscheinend auch die Verteidigung der „heilen Südtiroler Welt“ gegen Feinde von innen und außen. Oder gegen Nestbeschmutzer. Nur so ist die Presseaussendung zu erklären, die am Mittwoch Nachmittag in die Redaktionsstuben flattert.

Im Begleitschreiben heißt es:
 
„Wie in der Presse bereits berichtet, hat der Bürgermeister Ulrich Veith der Zeitschrift GEO Saison zum Pflanzenschutzverbot in der Gemeinde Mals und dem daraus resultierenden Tourismusboom ein Interview gegeben. Es ist dem Landesrat für Landwirtschaft und Gemeinden Arnold Schuler, dem Südtiroler Bauernbund, dem Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften, dem HGV und IDM ein Anliegen, gemeinsam zu den Aussagen von Ulrich Veith in GEO Saison und in der Südtiroler Presse Stellung zu nehmen.“
 
Was dann folgt ist eine amtlicher Frontalangriff auf den Malser SVP-Bürgermeister Ulrich Veith.
 

Tiefe Gräben

 

Wir nehmen diese Aussagen mit großer Sorge und großem Bedauern zur Kenntnis, weil hier mit unwahren Unterstellungen nicht nur wirtschaftlicher Schaden verursacht wird, sondern tiefe Gräben in der Gesellschaft aufgerissen werden“, reagieren Landesrat Arnold Schuler, Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler, VOG Präsident Georg Kössler und IDM Präsident Hansi Pichler unisono auf die Aussagen Veiths.
Ulrich Veith hatte im Geo-Interview bewusst einige provokante Thesen aufgestellt. Vor allem die Aussage, dass er niemandem empfehlen würde, in Südtiroler Täler mit Apfelplantagen wandern zu gehen, erhitzt die amtlichen Gemüter. Auch die Seitenhiebe Veiths auf die „Agrarkonzerne“ und „Bauernverbände“ goutieren die Angesprochenen überhaupt nicht.
 
In der IDM-Stellungnahme erklärt Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler:„Wir sind der Bauernbund aller Bauern, der integrierten und der biologischen. Wir führen keinen Glaubenskrieg, sondern wir arbeiten sachlich und verantwortungsbewusst an einer nachhaltigen Weiterentwicklung der Südtiroler Landwirtschaft. Aus diesem Grund trifft es uns schwer, wenn mit solchen Unwahrheiten die Bevölkerung verunsichert wird.“
Auch der Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften (VOG) fühlt sich in die Pflicht genommen.„Die Mitglieder unserer Genossenschaften halten sich an vorgegebene Qualitätsstandards, die strenger sind, als es die EU-Normen vorgeben, weil wir konsequent auf Qualität setzten und nur so am hart umkämpften Markt bestehen können“, kontert Georg Kössler, Präsident des Südtiroler Apfelkonsortiums.
 

Einseitiger Eindruck

 
IDM Präsident Hansi Pichler und HGV Präsident Manfred Pinzger sorgen sich um das Renommee des Landes: „Südtirol hat in den Märkten einen sehr guten Ruf, der durch derlei Aussagen auch nicht zerstört wird. Trotzdem schaden die Worte von Ulrich Veith in GEO Saison auch dem Tourismus, weil sie ausschließlich seine persönliche Sicht der Dinge darstellen und dem Leser einen einseitigen und damit falschen Eindruck unseres Landes vermitteln.
 
Die amtliche Stellungnahme soll jetzt das Bild wieder zurechtrücken. „In meiner Rolle als Landesrat für Landwirtschaft stelle ich mich gerne jeder Diskussion und bin offen für jeden neuen Ansatz“, erklärt Arnold Schuler. Und weiter: „Dabei setze ich auf Fakten, auf gegenseitigen Respekt und auch darauf, dass der Apfelanbau die Einkommensgrundlage von 8.000 Südtiroler Familien ist, die allesamt nicht das geringste Interesse daran haben, Land und Leute zu vergiften.
 

Platz für alle Ideen

 
Der Landesrat für Landwirtschaft und Gemeinden und alle genannten Organisationen kommen in der IDM-Stellungnahme zu einem gemeinsamen Resümee:
 
Dass es zielführend und sinnvoll ist, über die Zukunft der Landwirtschaft und des Tourismus offen zu diskutieren, neue Wege zu prüfen und jedem Bauern die Freiheit zu lassen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nach seiner persönlichen Überzeugung zu arbeiten.
 
Und weiter:
Nicht zielführend, sondern schädlich ist es, die Südtiroler Landwirtschaft und damit einen Teil der Südtiroler Bevölkerung öffentlich zu diskreditieren und damit wirtschaftlichen und sozialen Schaden zu provozieren. Die Zukunft unseres Landes hängt nämlich maßgeblich davon ab, dass wir in demokratischen Sinn Platz für alle Ideen lassen und gemeinsam an der Weiterentwicklung Südtirols arbeiten.
 
Wie dieser „demokratische Sinn“ allerdings in der Realität ausschaut, wird an der aktuellen Polemik deutlich.
Die IDM und ihrer Vorgängerorganisation SMG haben in den vergangenen zehn Jahren rund eine Million Euro für Reportagen in internationalen Hochglanzmagazinen und Reisemagazinen investiert. Auch in GEO Saison.
Die 22 Zeilen des Kurzinterviews von Ulrich Veith sind aber zuviel. Sie haben in diesem Land anscheinend keinen Platz.
 
* Der Veitstanz ist eine neurologische Erbkrankheit, deren Symptom ein chronisches Zittern ist.