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Die Offenlegung

Die Handelskammer hat nun endlich die Entschädigungen offengelegt, die Präsident Michl Ebner bekommt. Es sind über 180.000 Euro im Jahr. – Update: mit Richtigstellung

Es war ein Eiertanz, den man bis zum Ende durchgehalten hat. Doch jetzt ist die Vorstellung vorbei und der Vorhang gefallen.
Ein Südtiroler Geheimnis des Glaubens ist gefallen. Seit einigen Tagen hat die Handelskammer Bozen offengelegt, wie viel ihr Präsident Michl Ebner als Entschädigung bekommt. Es sind über 180.000 Euro im Jahr.

Transparente Verwaltung

Italienweit wurde schon vor fast zehn Jahren per Gesetz festgelegt, dass öffentliche Verwalter gläsern sein müssen. Politiker müssen schon seit langem ihre Steuererklärung und ihr Vermögen alljährlich veröffentlichen.
In den letzten Jahren aber wurde durch Gesetze ein feinmaschiges Netz an Veröffentlichungspflichten geknüpft, das mehr oder weniger alles umfasst. Eine Grundregel dabei: Die öffentlichen Körperschaften müssen auf ihrer eigenen Internetseite die Gehälter und Entschädigungen ihrer Verwalter und der leitenden Angestellten veröffentlichen. Das ganze läuft unter dem Motto „Transparente Verwaltung“.
So kann man die Gehälter der leitenden Staatsangestellten genauso einsehen, wie jene der Funktionäre in der Gerichtsbarkeit oder jene von staatlichen Körperschaften. Ebenso ist es auf regionaler oder Landesebene.
Das Land Südtirol hat eine eigene Internetplattform eingerichtet, auf der die Gehälter und Entschädigungen aller Verwalter der abhängigen Körperschaften und der Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung veröffentlich wird. Im Juli 2010 hat die Landesregierung beschlossen, auch das jährliche Einkommen der Führungskräfte in der Landesverwaltung zu veröffentlichen. Am 6. Mai 2013 wurde der Beschluss noch einmal technisch verfeinert und auch die Führungskräfte der Schulen staatlicher Art in die Veröffentlichungspflicht hineingenommen. Wenig später waren in den Zeitungen dann die Gehälter der Schuldirektoren und der Südtiroler Primare zu lesen. 

Die Ausnahme

Nur das Gehalt eines mächtigen Mannes sucht man auf allen Internetseiten und in allen Datenbanken vergeblich. Jenes von Handelskammerpräsident Michl Ebner.
Dabei ist die Handelskammer zu 100 Prozent eine autonome öffentliche Körperschaft, die für den Staat, die Region und das Land öffentliche Aufgaben übernommen hat. Dafür erhält sie allein von der Region und dem Land jährlich über 10 Millionen Euro an Finanzierungen. Was der Handelskammer-Präsident aber an Gehalt bekommt, war bisher Geheimsache. Selbst Landtagsanfragen zum Thema wurden nur ausweichend beantwortet.
Die Handelskammer Bozen veröffentlichte in den vergangenen Jahren zwar die Gehälter der Spitzenfunktionäre, doch Michl Ebner wurde bisher immer ganz bewusst ausgespart. Dabei veröffentlichen fast alle italienischen Handelskammern seit Jahren die Entschädigungen ihrer Präsidenten.

Rechtliche Lücke

Michl Ebner hatte bei diesem Versteckspiel das Recht auf seiner Seite. Denn die Transparenz-Bestimmungen hat man zwar im Staat und in den Provinzen Trentino und Südtirol eingeführt, doch die Handelskammer, die formal von der Region Trentino-Südtirol abhängt, hatte man vergessen. Jede Nachfrage und Neugierde in diese Richtung blockte man deshalb mit dem Hinweis ab, dass man nicht in die Gesetzesbestimmungen des Landes oder des Staates falle und es eine entsprechende Bestimmung der Region aber noch nicht gebe.
Genau diese Bestimmung wurde am 29. Oktober 2014 erlassen. Das Regionalgesetz Nr. 10 besagt, dass die Transparenz-Bestimmungen, so wie von den Ländern vorgesehen, auch auf die Handelskammern angewandt werden muss.
Trotz dieser eindeutigen gesetzlichen Bestimmung hat man die Veröffentlichung aber um ein weiteres halbes Jahre hinausgezögert. Der offizielle Grund: Man müsse das Verfahren mit der Handelskammer Trient absprechen und abstimmen.

Ebners Gehalt

Ein weiterer Aufschub ist jetzt aber nicht mehr möglich. Deshalb hat man vor ein paar Tagen die Entschädigungen des Präsidenten und aller Kammerorgane auf der Internetseite der Handelskammer publiziert.


Michl Ebner hat als Handelskammerpräsident im Jahr 2014 eine Entschädigung von 141.742,68 Euro erhalten. Dazu kommen 190 Euro an Sitzungsgeldern. Bei 11 Kammerausschusssitzungen und 2 Sitzungen des Kammerrates macht das weitere 2.470 Euro. Doch Michl Ebner ist auch Verwaltungsrat der EOS. Dafür erhielt er im abgelaufenen Jahr weitere 1.140 Euro. Zudem bekommt der Handelskammer-Präsident als Präsident des Tochterunternehmens Wirtschaftsförderungs-Institut (Wifi) nochmals 2.600 Euro.
Aber dem Präsidenten der Handelskammer steht auch eine Vergütung bei Ausgaben für Dienstreisen und Außendienste zu. Im Jahr 2014 waren das immerhin 32.325,09 Euro. Darin sind Zug‐ und Flugtickets, Spesen für Benzin, Autobahngebühren, Parkplatzgebühren, Taxi, Übernachtungen und Ausgaben für Essen enthalten.

Insgesamt kommt Michl Ebner so 2014 allein in der Handelskammer auf eine Entschädigung von 180.277,77 Euro.
Keine schlechter Verdienst, wenn man bedenkt, dass der ehemalige SVP-Politiker zusätzlich noch zwei Leibrenten bekommt. Für seine vier Legislaturen in der Abgeordnetenkammer (1979 bis 1994) erhält der Athesia-Chef monatlich 5.154 Euro netto. Für die drei Amtsperioden im EU-Parlament (1994 – 2009) dürfte ungefähr noch einmal dasselbe hinzukommen.

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Richtigstellung
im Sinne des Art. 8 des Pressegesetzes zum Artikel „Die Offenlegung“, erschienen am 05. Juni 2015 auf www.salto.bz

Bezugnehmend auf den am Freitag, den 05. Juni 2015, auf www.salto.bz erschienenen Artikel „Die Offenlegung“ von Christoph Franceschini, möchte ich folgendes richtig stellen:

- Diese Berichterstattung ist großteils falsch und tendenziös. Es handelt sich um eine sich wiederholende Angelegenheit, die auf das ständige Bemühen des Journalisten Christoph Franceschini beruht, mich schlecht darzustellen.
- Was im Titel und in der Einleitung dargestellt wird, ist bewusst falsch. Einen großen Teil der Entschädigung, praktisch mehr als die Hälfte, die dem Handelskammerpräsident zugeschreiben wird, geht direkt an den Staat als Steuer, als Sozialbeiträge ab, an die Staatsbahnen, an Fluggesellschaften, Autobahnen usw.
- Die Entschädigung für den Präsidenten der Handelskammer Bozen ist vom Gesetz festgelegt (Dekret des Präsidenten der Region vom 12. Dezember 2007 Nr. 9/L).
- Diese wurde auch bei zwei öffentlichen Sitzungen des Kammerrates 2008 und 2013 bekannt gegeben und beschlossen, bei denen auch die Medien eingeladen waren.
- Die Region hat die Transparenzbestimmungen mit dem Gesetz Nr. 10/2014 geregelt, das auch für die Handelskammern von Trient und Bozen bindend ist. Es folgte die Abstimmung der Handelskammer Bozen mit der Region und der Handelskammer Trient, um die Vorgaben einheitlich und gleichzeitig zu erfüllen und zu veröffentlichen.
- Als Politiker und dann als Handelskammerpräsident übermittle ich seit Jahrzehnten meine Steuererklärung und Vermögensaufstellung zuerst der Abgeordnetenkammer, dann dem EU-Parlament und nun der Region Trentino- Südtirol.
- Es gab also nie Geheimnisse bezüglich meiner Entschädigung und Steuererklärung, wie die wiederholte und auffällige Berichterstattung zu diesem Thema in den lokalen Medien beweist.
- Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass ich durch meine unternehmerische Tätigkeit ein nennenswerter Beitrag zum Steueraufkommen leiste. Allein an direkter Einkommensteuer zahle ich jährlich an die 400.000 Euro.

Dr. Michl Ebner Präsident der Handelskammer Bozen

 

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Dr. Streiter Fr., 05.06.2015 - 10:14

Im letzen Artikel http://salto.bz/article/08012015/undurchsichtiger-praesident schrieb Francescini:

"So kann man auf der Homepage der Handelskammer Mailand nachlesen, dass ihr Präsident Carlo Giuseppe Maria Sangalli 52.650 Euro als Entschädigung bekommt, zuzüglich 30 Euro Sitzungsgeld für den Kammerausschuss und 405 Euro für den Kammerrat. Veröffentlicht sind auch die Beschlüsse des Kammerrates, mit denen die Entschädigungen festgelegt werden.
Giancarlo Cremonsi, Präsident der Handelskammer Rom bekommt 40.500 Euro plus Sitzungsgeld, der Präsident der Handelskammer Neapel, Maurizio Maddaloni, 54.328, 92 Euro und Roberto Helg, Präsident der Handelskammer Palermo, erhält 56.350 Euro."

Eine naheliegende Frage ist daher: was macht unser Präsident unserer kleinen HK so viel besser, dass er über das 3fache der HK Präsidenten der italienischen Metropolen verdient? Kann das jemand den Beitragszahlern der HK erklären? Und den Steuerzahlern der die HK zusätzlich mit Millionen subventioniert?

Fr., 05.06.2015 - 10:14 Permalink
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G G Fr., 05.06.2015 - 13:05

Unglaublich, diese Summen!!!

Ich fände es des weiteren gut, wenn es ein Gesetz der Unvereinbarkeit eines so hohen öffentlichen Postens bei gleichzeitigem Besitz eines Medienhauses gäbe. Die Athesia-Blätter werden niemals ein kritisches Wort gegen einen Ebner veröffentlichen und selbst in den beiden Online-Medien wird vom Moderator jeglicher Kommentar in Bezug auf Ebner einfach nicht freigeschaltet du wegzensuriert.

Fr., 05.06.2015 - 13:05 Permalink
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Benno Kusstatscher Fr., 05.06.2015 - 13:59

Ich finde es eine Unart, die ich nur aus Südtirol kenne, dass Spesen, die man für Dienstreisen erstattet bekommt, mit in den Neidfaktor hineingerechnet werden. Lasst uns damit aufhören.

PS. Was ist mit der Offenlegung der Steuererklärung?

Fr., 05.06.2015 - 13:59 Permalink
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gorgias Fr., 05.06.2015 - 20:07

Antwort auf von Dr. Streiter

Ich glaube nicht, dass es da einen hohen Verwaltungsaufwand geben muss. Man braucht nur alles mit Kreditkarte und Bancomat bezahlen lassen und die Auszüge automatisch veröffentlichen.
Wenn es dem Präsidenten der Wirtschaftskammer zu blöd sein sollte, wenn ein bestimmter Posten auf der Auflistung aufscheint, dann kann er es sich ja dies aus eigener Tasche bezahlen. (Bei so einem satten Gehalt kann man so etwas jemandem ruhig zumuten. Unabhängig davon, ob da noch parallel zwei Politikerpensionen bezogen werden oder nicht)

Fr., 05.06.2015 - 20:07 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 05.06.2015 - 17:57

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Beim Land wurde/wird(?) unterschieden zwischen Außendienstvergütung (Stundenpauschale) und Spesenrückerstattung. Ersteres ist sehr wohl ein zusätzliches Einkommen. Bei den Spesen wurde/wird nur erstattet, was auch belegt wird. Für Essen und Hotelübernachtung gab/gibt es eine Obergrenze. Das scheint bei der HK nicht der Fall zu sein.

Fr., 05.06.2015 - 17:57 Permalink
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Benno Kusstatscher Fr., 05.06.2015 - 18:40

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Ihr verwechselt hier (möglichen) Missbrauch eines Instrumentariums mit dessen Prinzip. Natürlich kann jemand einen guten Schnitt machen, wenn er mit seinem längst amortisierten Privatauto Kilometergeldpauschalen einfährt. Trotzdem kann man das doch nicht "zusätzlichen Verdienst" nennen. Genauso ist die Stundenpauschale vom Gesetzgeber als Kompensation für versteckte, nicht belegbare Spesen gedacht. Schließlich fällt ja die feierabendliche Arbeitskraft daheim aus, muss mal ein zusätzlicher Babysitter her etc.

Man kann es auch gerne jemanden neiden, am Flughafen ein überteuertes Frühstück zu sich genommen zu haben, da man in Herrgottsfrüh am Flughafen war und nicht am günstigen (und wesentlich erstrebenswerteren) Familienfrühstück teilnehmen konnte. Diese Pauschalen sind alle über Jahre iteriert ermittelt worden. In Deutschland stehen per Gesetz allen beruflich Reisenden diese Pauschalen aus genau diesen Gründen zu. Genauso wie das Kilometergeld.

Fr., 05.06.2015 - 18:40 Permalink
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Willy Pöder So., 07.06.2015 - 09:14

Dass Dr. mag. iur. Michl Ebner als Geschäftsführer der Athesia, zweimaliger Politrentner, Präsident der Handelskammer Bozen und anderen weniger gewichtigen Aufträgen und Delegationen an die Grenze eines 1-Millionen-Einkommens per anno stößt, war in der Tat seiner Einkommenserklärung zu entnehmen. Dass er davon an die 400.000 € in den Steuersäckl einbringt, wie er selbst sagt, ist wohl zutreffend. Mich stört dabei weniger sein beträchtliches Einkommen aus Arbeitsleistung als vielmehr der doppelte Rentenbezug und die diesem zugrunde liegende zeitlich kurze und und außerdem verhältnismäßig geringe Eigenleistung an die Pensionskasse. Aber das gilt für alle Politiker, egal in welchen Parlamenten (Staat, Region, Provinz) sie tätig waren. Früher reifte die Pensionsberechtigung bereits nach einer Periode oder gar für einen Bruchteil davon. Heit ist's zwar a bissl besser, doch der diesbezügliche Privilegiendschungel wurde, gemessen an der allgemeinen Empfindlichkeit, bei Weitem noch nicht entsprechend ausgehackt und gelichtet. Dass der viel versprochene Neuanfang mit Kompatscher, Achammer und Genossen (Genossinnen) nicht gelungen ist, kann u. a. am Ergebnis der jüngst abgehaltenen Gemeindewahlen abgelesen werden. Das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Parteien und den Politikern ist nach wie ungemein groß.

So., 07.06.2015 - 09:14 Permalink