Gesellschaft | Gewalt

"Die rosarote Brille setze ich nicht auf"

Landesrat Philipp Achammer ruft in der Gewaltdiskussion zu einem Umdenken auf. "Wir müssen alle couragierter gegen Gewalt vorgehen."

Herr Achammer, in Südtirol wird viel verschwiegen: ein junger Einheimischer sprach schon im Sommer von gewalttätigen Übergriffen auf Festen und im Nightliner. Von offenem Rassismus in Lokalen. In den Südtiroler Medien wird die Gewalt zunächst den Migranten untergeschoben. Muss es erst brennen, bis die Politik in die Gänge kommt?
Philipp Achammer: Zunächst einmal, und das sag ich ganz klar, muss das Sicherheitsgefühl gerade von jungen Menschen gewährleistet werden. In den Nachtstunden, am Abend, an den Wochenenden, ob in der Innenstadt oder im Nightliner – denn jeder Gewaltübergriff ist einer zu viel! Wobei gerade die Fälle von roher, brutaler Gewalt erschreckend sind. Und hier muss zweifelsohne alles getan werden, damit Straftäter abgeschreckt werden. Eine gezielte Präsenz von Ordnungskräften ist dafür mit Sicherheit Voraussetzung.
Zum anderen ist jeder Gewalteingriff einer für sich. Man muss sehr aufpassen vor Verallgemeinerungen, die der Sache nicht gerecht werden oder ein verfälschtes Bild zeichnen könnten.
Und schlussendlich muss man auch hinter die Gewalttat – ob physische oder psychische Gewalt – blicken und dort ansetzen, wo Gewalt erst aufkeimen kann. Daher sind Präventionsmaßnahmen unabdingbar.

Bleiben wir bei der Sicherheit, die Sie angesprochen haben. 500 Kameras für Bozen sollen bald kommen, was bringt denn das wirklich?
Was die Kameras im öffentlichen Raum betrifft, so habe ich eine gespaltene Meinung. Natürlich kann eine Kamera auf viel besuchten, öffentlichen Plätzen ein Gefühl der Sicherheit geben. Das kann eine Abschreckung darstellen, aber  auf der anderen Seite werden durch Kameras die Schauplätze von Gewalt entweder ganz einfach verlagert oder, auch das ist in anderen Ländern schon zu beobachten, es stellt sogar einen Kick dar, sich bei Gewalttaten filmen zu lassen.
 
BürgerInnen fragen sich teilweise, wie man sich schützen soll, wenn das Gesetz sie nicht schützt. Welche Handhabe haben BürgerInnen denn, um Gewalt zur Anzeige zu bringen?
Sicherheitskräfte und Behörden haben bereits deutlich geäußert, dass vor allem gegen kleinkriminelle Taten nicht ausreichend vorgegangen werden kann. Es fehlen ausreichende Mittel, weshalb auch keine Abschreckung für Straftaten entstehen kann, hier müssen wir zweifelsohne ansetzen. Momentan wird die Debatte sehr emotional geführt. Gewalt ist abzulehnen, egal welcher Herkunft. Das sag ich explizit. Wir alle müssen uns couragierter zeigen, und zwar überall dort wo Gewalt entstehen kann.

Es fehlen ausreichende Mittel, weshalb auch keine Abschreckung für Straftaten entstehen kann, hier müssen wir zweifelsohne ansetzen.

Couragiert vorgehen, wenn doch nichts passiert?
Es passiert etwas, nämlich ein Umdenken, wenn man handelt. Nicht nur still sein und den Ärger über Fehlverhalten oder Aggression – von wem auch immer – hinunterschlucken, nicht wegschauen, sondern das ansprechen! Offen und ehrlich. Gewalt ist in jedem Fall zu verurteilen, physische und psychische Gewalt. Und natürlich stellen wir uns immer mehr auch die Frage, warum wir nicht schon früher eingeschritten sind – aber mit präventiven Maßnahmen.

Gewalt ist abzulehnen, egal welcher Herkunft. Das sag ich explizit. Wir alle müssen uns couragierter zeigen, und zwar überall dort wo Gewalt entstehen kann.

Dass die Gewalttat aus Meran in den Medien so aufgekocht wurde, stört Sie als Landesrat für Integration?
Noch einmal: Ich möchte vor Verallgemeinerungen jeglicher Art warnen! Es darf nicht sein, dass ganze Gruppen pauschal unter Generalverdacht gestellt werden, und auf eine Herkunft kann man das Thema schon gar nicht reduzieren.
Genauso sollten wir aber auch nichts schön reden, denn Gewaltsituationen sind eine Tatsache! Die rosarote Brille setze ich nicht auf. Reden wir offen und ehrlich: Ja, einzelne junge Migranten sind auch in Gewalttaten verwickelt. Aber sollten wir nicht auch über die Gründe von Gewalt sprechen, damit dort angesetzt werden kann, damit Gewalt erst gar nicht entstehen kann? Ich glaube wir sollten dies tun. Gewalt entsteht immer aus einer negativen Geschichte, Prägung oder Sozialisierung, aus einer Perspektivlosigkeit – persönlich oder beruflich. Mich stimmt es zum Beispiel sehr nachdenklich, ja es ist ein Alarmsignal, wenn bei Gewalttaten Personen dabei sind, die schon vorher aufgefallen sind. Gleichzeitig müssen wir auch feststellen, dass wir momentan zu wenig geeignete Instrumente haben, um angemessen auf solche Entwicklungen reagieren zu können.

Und natürlich stellen wir uns immer mehr auch die Frage, warum wir nicht schon früher eingeschritten sind – aber mit präventiven Maßnahmen.

Sie sind besorgt?
Auf jeden Fall: Wir haben beispielsweise eine viel zu hohe Schulabbrecherquote bei Migranten, und ohne Qualifizierung ist Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit die Folge. Perspektivlosigkeit wiederum bringt eine Reihe von möglichen Gefährdungen mit sich. Deshalb braucht es geeignete Maßnahmen zur Prävention, vor allem in Ausbildung, wie es auch mehr Maßnahmen zur Intervention braucht, wie z.B. Streetworker, Antiaggressionstrainings etc.

Was ist mit der Anti-Diskriminierungsstelle, kann die helfen?
Es wäre vollkommen falsch diese Einrichtung, die beim Landtag angesiedelt wird und als eine eigene Stelle gilt, wie die Volks- oder Jugendanwaltschaft, unmittelbar mit Migranten in Verbindung zu bringen. Jemand kann sich aus verschiedenen Gründen diskriminiert fühlen, egal ob Einheimischer oder neuer Mitbürger. Zum Beispiel wegen einer physischer oder psychischer Beeinträchtigung, seiner sexuellen Orientierung, und auch wegen seiner Herkunft. Deshalb wollte ich diese Stelle auch nicht in meinem Ressort als Landesrat für Integration angesiedelt wissen – Diskriminierung hat viele Gesichter.

Die rosarote Brille setze ich nicht auf. Reden wir offen und ehrlich: Ja, einzelne junge Migranten sind auch in Gewalttaten verwickelt. Aber sollten wir nicht auch über die Gründe von Gewalt sprechen, damit dort angesetzt werden kann, damit Gewalt erst gar nicht entstehen kann?

Laut Aussagen von öffentlich Bediensteten, die täglich mit Ausländern zu tun haben, heißt es man sei gleich rassistisch, wenn man Ausländer in ihre Grenzen weist. Was läuft falsch in unseren Köpfen?
Genau das ist es. Es geht um das offene, entschiedene und mutige Aufzeigen von einem falschen Verhalten, und nicht um Herkunft. Wir müssen hier umdenken, entschlossener an die Problematik herangehen. Kehren wir schwierige Situationen, die sich im Zusammenleben mit Migranten ergeben, nicht unter den Teppich. Sprechen wir sie offen an, und ja, das braucht Zivilcourage von allen. Das ist meines Erachtens der einzige Weg, um Verallgemeinerungen und Pauschalisierungen entgegenzuwirken!

Landesrat Philipp Achammer wird auf salto.bz für weitere Fragen zum Thema zur Verfügung stehen. Bitte kommentieren Sie hier unten.

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mail2jurgon@gm… Do., 09.10.2014 - 10:05

Ich begegne Nachts am Wochenende viel lieber Ausländern als den besoffenen pseudo Rechten/Skins/Nazis... . Die sind z.B in Brixen leider doch noch nicht verschwunden. Was sich am Samstag wieder bestätigt hat, es ist noch wie vor 10 Jahren, die versoffenen Hirne richten ihre Streitsucht hauptsächlich gegen Einheimische. Denn sie wissen, gegen grundlose Gewalt haben beispielsweise Albaner ein Mittel, Zusammenhalt und Ehre eventuell noch einen Bruder und wenn nicht Freunde welche das ohne Polizei regeln. Dort liegt nämlich der Haken. Polizei kann man fast nie rufen, ist man selber angetrunken oder wehrt sich entsprechend, bekommt man die selbe Anzeige.

Ich grüß lieber Ausländer und mach nen Bogen um kahlrasierte aufgeblasene Zeitgenossen.

Zu den Kameras... welcome NSA und italienischer Polizeiaparat!

Wurst

Do., 09.10.2014 - 10:05 Permalink
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Sylvia Rier Do., 09.10.2014 - 10:21

Ja, diese Gelegenheit nutze ich sehr gern - danke für die Möglichkeit! ////

Ich habe just heute in diesem Artikel der NZZ (http://www.nzz.ch/international/das-tiroler-minarett-stoert-nicht-mehr-…) gelesen, dass in dem kleinen Ort Telfs ziemlich viel Energie (auch finanzieller Art, nehme ich mal an) in sog. Integrationsmaßnahmen investiert wird: "Das Angebot umfasst etwa Erziehungs- und Finanzberatung, spezifische Rechtsberatung für Migranten, Deutschkurse für Kinder und Mütter, Freizeit- und Bildungsprojekte oder Jugendarbeit. Für eine Gemeinde mit 15 000 Einwohnern sei dies vorbildlich, sagt Hessenberger, die das Amt seit einem Jahr ausübt." Haben wir hier in dieser Richtung noch Potential, oder tun wir schon alles Mögliche? Wäre es nicht zielführender, „in die Menschen“ zu investieren, statt in z. B. Überwachungskameras? Gleichzeitig könnte die Landesregierung doch auch mehr "Öffentlichkeitsarbeit" leisten?////

Außerdem würde ich mir wünschen, dass die „Führungskräfte“ des Landes doch manchmal ein bisschen deutlicher auftreten würden, im Zusammenhang mit Ausländerfeindlichkeit und den Zusammenhängen, die da recht willkürlich hergestellt werden und das Gehirngänge der Menschen verstopfen. Zum Beispiel ist mir im Zusammenhang mit der jüngsten, breit diskutierten Gewalttat eingefallen, dass ja „Miracle Hill“ am Ritten und in Völs wegen Sicherheitsbedenken abgesagt bzw. nicht genehmigt wurde. Nun ist ja Miracle Hill keineswegs ein „Ausländer“-Happening. Warum sagt das niemand?

Do., 09.10.2014 - 10:21 Permalink
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Sylvia Rier Do., 09.10.2014 - 13:03

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Eben: Nichts. Und trotzdem scheint das Sicherheitsproblem bei dieser Veranstaltung - nur Einheimische! - so gravierend zu sein, dass sie gar nicht erst über die Bühne gehen darf. Aber niemand sah sich - noch einmal trotzdem - veranlasst, eine breite Sicherheitsdebatte los zu treten, oder einen Sicherheitsgipfel einzuberufen oder sonstige Maßnahmen zu diskutieren/zu ergreifen, um dieses Sicherheitsproblems (Gewaltproblem) Herr zu werden. Ist dieser mein Gedanke wirklich so weit hergeholt, dass man ihn ohne weiteres nicht nachvollziehen kann? Ich hoffe, jetzt habe ich mich ausreichend erklärt?

Do., 09.10.2014 - 13:03 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 09.10.2014 - 11:53

Es gibt Schlägereien ohne Provokation; nämlich wenn Halbstarken-Gruppen oder politisch radikale Gruppen bewusst Hatz auf vermeintliche Minderwertige oder Feinde machen. Z. B. Schwule, Ausländer, politisch Andersgesinnte, Menschen mit bestimmten Verhalten und Aussehen. Kann sein, dass solch Radikale schon die Tatsache, dass es solche Menschen gibt, als Provokation empfinden. Ich weiß nicht, würdest du das gelten lassen?

Do., 09.10.2014 - 11:53 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 09.10.2014 - 12:10

Muss hier Oliver schon irgendwo Recht geben. Meiner Erfahrung nach gibt es beim Ausgehen oft Leute die provozieren, ist mir auch schon ein paar mal passiert, da muss man einfach nicht darauf eingehen.

Do., 09.10.2014 - 12:10 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 09.10.2014 - 12:19

Im letzten Absatz des Interviews wird ein wichtiges Thema angesprochen. Ich weiß von Menschen, die mit Migranten arbeiten, dass einige davon sehr fordernd und aggressiv sind, im Extremfall die Mitarbeiter sogar bedrohen. Wenn ihnen jemand dann energisch entgegen tritt, wird das dann als rassistisch bezeichnet. Es mag viele Gründe für ein Ausrasten geben. Ich glaube aber, mann muss den Zuwanderern deutlich die Grenzen zeigen, die bei uns üblich sind. Sie kommen meistens, wenn sie nach Europa kommen, in eine andere Welt: andere Kultur mit einer Sprache, die sie nicht verstehen, und mit Gesetzten und Regeln, die sie meistens nicht kennen. Also liegt es auch nahe, dass manch Mutiger einfach ausprobiert, wie weit man gehen kann. Sicher sind Maßnahmen - wie sie Sylvia erwähnt - sehr hilfreich. Eine Sprache lernen um dann mit deren Hilfe auch mehr Information zu erhalten ist ein längerer Weg, den auch nicht alle gehen.
Resümee: Nicht jeder der Zuwanderer in die Schranken weißt, Regeln und Grenzen aufzeigt, ist ein Rassist. Erleistet sogar einen wichtigen Dienst!

Do., 09.10.2014 - 12:19 Permalink
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Susanne Wachter Do., 09.10.2014 - 17:41

Achammer sagt, wir sollen Zivilcourage zeigen!!! Ist es die Aufgabe der Bürger sich zu verteidigen und zu schützen, oder müssen endlich Gesetze her, die auch den Ordnungshütern die Chance geben, durchzugreifen?
Mein Partner und ich haben Zivilcourage gezeigt. Wir wurden seit Monaten bis vorgestern vor unserem Büro im Herzen von Meran am Ausgang einer Tiefgarage von ausländischen Obdachlosen (Deutschland, Kroatien, Bulgarien, Rumänien - der Polizei ist ihre Identität bekannt) ganztägig belagert, die betrunken johlten, Kunden anpöbelten, nachts in jedes Eck urinierten und schissen und ihre Flaschen, Dosen, Kartons, Papiere, usw. liegen ließen. Nachdem wir sie aufforderten sich ein anderes Plätzchen zu suchen, wollten sie nicht gehen und meinten, wir sollten die Polizei rufen. Diese ist auch innerhalb kurzer Zeit gekommen, hat ihre Dokumente geprüft und sie verschickt, aber einer von ihnen kam in unser Büro, spuckte meinen Partner an und drohte mit Rache. Diese ist dann auch prompt gekommen: gestern früh war unsere Eingangstür mit Kot verschmiert, unsere Pflanzen wurden abgebrochen. Wir wissen wer es war, die Polizei auch, aber gegen Obdachlose gibt es keine Maßnahmen... Und besonders nicht wenn sie EU-Bürger sind!!!
Die Ordnungshüter riskieren ihr Leben, werden mager bezahlt und all ihr Einsatz ist umsonst. In kürzester Zeit sind Übeltäter wieder auf freiem Fuß. Schade, dass ich euch keine Fotos von den Racheakten und keinen Geruchsprobe posten kann...

Do., 09.10.2014 - 17:41 Permalink
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Susanne Wachter Fr., 10.10.2014 - 08:36

Antwort auf von Michael Bockhorni

Ja Herr Bockhorni, Sie haben recht! Es ist das miserable Verhalten von Personen! Nur der Unterschied ist, dass wenn ICH so gegen 11 Uhr früh vor Ihr Büro komme und Ihre Kunden ganztägig vergraule und nachts vor Ihren Eingang sch.... und meinen Müll dort liegen lasse, kann man gegen mich vorgehen. Ich bekomme Strafen, werde geahndet und habe mit Konsequenzen zu rechnen. Obdachlose nicht!!!

Fr., 10.10.2014 - 08:36 Permalink
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Sylvia Rier Fr., 10.10.2014 - 07:11

Antwort auf von Susanne Wachter

Ihren Frust kann ich schon gut verstehen, aber trotzdem frage ich mich: Wie stellen Sie sich das denn vor? Was soll "die Polizei" denn tun bzw. wie "durchgreifen" - mit diesen obdachlosen Alkoholikern und gewissermaßen aus-dem-Leben-Gefallenen - sie einsperren? Da wäre wohl eher Ihre Stadtverwaltung gefordert, glaube ich.

Fr., 10.10.2014 - 07:11 Permalink
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Sylvia Rier Fr., 10.10.2014 - 07:55

Antwort auf von gorgias

Ja, und ich gehe mal davon aus dass auch in Italien ähnliche Bestimmungen und Möglichkeiten gegeben sind? Bloß: Was, wenn die Leute sich nicht daran halten? Wenn andere (wieder) kommen? Ich glaube (!), diese Menschen suchen sich "ihre" Plätze ja nicht willkürlich aus. Und ja, ich habe auch gesehen, in London haben Hausbewohner Nägel in den Boden setzen lassen (wie man's in den Städten macht, um Tauben von den Fenstersimsen fernzuhalten...), um die Obdachlosen los zu werden (wieder entfernt wegen der Proteststürme). Irgendwo in Kanada hingegen hat ein Unternehmen (z. T. wettergeschützte) Bänke gespendet und gesponsert. Man kann also die Sache so (weg mit dir!) oder anders (was kann ich für dich tun?) angehen - ich denke, "das Ergebnis" wird davon nachhaltig beeinflusst.

Fr., 10.10.2014 - 07:55 Permalink
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Susanne Wachter Fr., 10.10.2014 - 08:43

Antwort auf von Sylvia Rier

Frau Rier, man kann nicht verallgemeinern: es gibt Menschen, die vor Kriegen flüchten; es gibt Menschen, die durch Schicksalsschläge alles verlieren und zu Obdachlosen werden; für diese wird auch gesorgt.
Es gibt aber auch Menschen, die freiwillig als Obdachlose leben und sich gewollt in Meran ansiedeln. Vielleicht weil ihnen das Klima zusagt, aber wahrscheinlich hauptsächlich deswegen, weil es ihnen bei uns finanziell gut geht (Caritas verköstigt sie, gutgläubige Bürger stecken ihnen immer ein paar Cent zu, ecc..) und sie eben keinerlei Sanktionen erfahren - es gibt in Italien KEINE ähnlichen Bestimmungen.

Fr., 10.10.2014 - 08:43 Permalink
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Profil für Benutzer klemens hacht
klemens hacht Fr., 10.10.2014 - 17:26

Antwort auf von Susanne Wachter

niemand lebt freiwillig als obdachloser. das habe ich in städten noch nie erlebt. die, die nicht sozialisierbar sind, sind meist suchtkrank, leiden an psychischen krankheiten bis hin zu demenzartigen zuständen, haben manchmal keine verwandten, die sich um sie kümmern wollen. sie leben insofern "freiwillig" obdachlos, weil sie im "system" nicht funktionieren und weil leute aus menschenrechtsgründen nicht zwangsbehandelt oder eingesperrt werden dürfen. ich habe das gefühl, hier wird wieder alles vermischt ohne bezug auf die einzelschicksale.

Fr., 10.10.2014 - 17:26 Permalink
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gorgias Fr., 10.10.2014 - 17:51

Antwort auf von klemens hacht

@hacht
Menschen mit psychischen Krankheiten können zwangsbehandelt werden durch eine sog. Zwangseinweisung. Es geht hier auch nicht um eine moralische Verurteilung dieser Personen sondern darum das Dritte nicht einer Dauerbelästigung bis zur schweren Nötigung ausgesetzt werden müssen. Und solche Überlegungen denen ich mich auch gerne anschließe, kann man auch nur leicht äußern we

Fr., 10.10.2014 - 17:51 Permalink
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Susanne Wachter Fr., 10.10.2014 - 18:28

Antwort auf von klemens hacht

Sie mögen ja recht haben Herr Hacht, wahrscheinloch haben diese Menschen ein Suchtproblem. Ich habe mit einem von ihnen gesprochen: er meinte, er müsse sich Mut antrinken, damit er betteln kann - Fazit: er sauft um zu betteln um zu saufen um zu betteln...
Aber Sie werden mir vielleicht zustimmen in der Meinung, dass es nicht meine Aufgabe ist, zu ergründen, warum einer obdachlos ist. Ich habe selbst täglich ums Überleben zu kämpfen und erwarte mir von den Mitmenschen den gleichen Respekt, den ich gebe und geben muss. Also was soll dieser ewige Schmus, dass man Rücksicht nehmen muss, dass man Gesprächstherapien geben soll, dass man überdachte Bänke spenden soll, usw. usw. usw.
Mein Ex-Mann hatte eine Alkoholsucht. Ich kann Ihnen versichern, dass man mit Gutmütigkeit gar nichts erreicht. Zu einer Entziehungskur hat er sich erst entschlossen, als ich über die Erwägung einer Trennung sprach. Diesen Menschen müssen endlich Grenzen gesetzt werden - und zwar die gleichen, die wir auch zu respektieren haben!

Fr., 10.10.2014 - 18:28 Permalink
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Michael Bockhorni Fr., 10.10.2014 - 22:40

Antwort auf von Susanne Wachter

ich kann durchaus verstehen, dass sie die nase voll haben (im wahrsten sinn des wortes) und dass sie mit den reaktionen nicht zufrieden sind. ich kann ihnen aber auch versichern, dass die von ihnen vorgeschlagenen massnahmen und forderungen leider auch großteils wirkungslos sein würden. ich habe zweieinhalb jahr mit und für obdachlose menschen in meran gearbeitet und kann ihnen sagen, dass dreiviertel von ihnen mit adäquater unterstützung niemanden stören und auffallen (wie auch herr defant schreibt). die strafe die ich bei gleichen verhalten bekommen würde wären wahrscheinlich eine geldstrafe, schadenersatzforderungen und ev. gewisse abwertung in meinem sozialen umfeld. und genau diese strafen greifen nicht bei jemand der kein geld hat und schon auf der untersten sprosse der sozialen leiter steht (unabh. davon ob er in- oder ausländer, obdachlos oder nicht ist.) es gibt eine menge durchaus erfolgreicher projekte der hilfe für wohnungs- und obdachloser menschen UND auch für die geschäftsleute. dazu müsste sich aber die politik mal ernsthaft mit der sache auseinandersetzen, was in meran leider bis heute nicht der fall ist.

Fr., 10.10.2014 - 22:40 Permalink
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Susanne Wachter Fr., 10.10.2014 - 23:09

Antwort auf von Michael Bockhorni

Die einzige Maßnahme, die ich vorgeschlagen habe, ist dieselbe, die Sie nennen: und zwar, dass sich die Politik endlich eingehend mit der Situation beschäftigt und für die Lösung sorgt!
Und nachdem Sie sich mit diesen Menschen, wie Sie schreiben, beschäftigt haben, können Sie mir sicher auch erklären, warum ausländische Obdachlose nach Meran kommen und nicht in ihren Ländern bleiben? Ist es vielleicht, weil man sie dank unsers Sozialsystems anlockt?
Und naive Frage: warum sie Geld für Alkohol und Zigaretten ausgeben und nicht Strafen bezahlen? ;-)

Fr., 10.10.2014 - 23:09 Permalink
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Michael Bockhorni Sa., 11.10.2014 - 08:26

Antwort auf von Susanne Wachter

tja der schein trügt, nicht nur hier. nicht nur die politik sollte sich eingehend mit dem problem beschäftigen, sondern jede und jeder der auf komplexe probleme einfache lösungen empfiehlt. warum ausländische mitbürger_innen hierher kommen ist ganz einfach, ein blick in die obstwiesen genügt, da sind mehr zu sehen als bei der caritas. wie in allen sektoren auch gibt es aber mehr leute die arbeit suchen, als das es arbeit gibt. es gibt faire und unfaire arbeitgeber, sodass manche einen faireren arbeitgeber suchen und einige von denen sind dann frustriert, fühlen sich ausgegegrenzt, spülen ihren frust (wie viele andere auch) mit alkohol hinunter, haben aber kein zuhause um den rausch auszuschlafen sondern sind auf der strasse oder nächtigen in ihren autos. bis zur krise vor einigen jahren gab es hilfsarbeiten für wohnungs- und obdachlose menschen in den einrichtungen der caritas und der bezirksgemeinschaft, diese ist entweder ganz entfallen oder viel zu wenig. die gesellschaft erwartet sich arbeitswille, integration in den arbeitsmarkt hat aber definitiv keine arbeit anzubieten. ganz anders sieht es da bei der vinzi-rast aus (http://www.vinzirast.at oder http://diepresse.com/home/leben/mensch/1445067/Cecily-Cortis-WG-mit-Obd…)

Sa., 11.10.2014 - 08:26 Permalink
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Susanne Wachter Sa., 11.10.2014 - 08:44

Antwort auf von Michael Bockhorni

Interessant! Sie meinen also, dass unser Arbeitsmarkt Ausländer anzieht und diese erst hier bei uns zu Obdachlosen und Alkoholikern werden?
Ich gehe mal davon aus, dass das alles stimmt, aber auch wir sind in dieses Funktionieren-Müssen-System verwickelt.
Trotzdem komme ich meinen Mitmenschen mit Respekt entgegen und achte auf meine Umwelt. Wo kämen wir hin, wenn alle, denen es nicht gut geht, ihre großen und kleinen Geschäfte auf den Plätzen im Stadtzentrum verrichten würden und jeden Abfall liegen ließen, und die Tages- und Nachtruhe der Einwohner nach Belieben und Willkür stören würden?
MUSS ICH MIR DAS GEFALLEN LASSEN UND DANN MIT IHNEN NOCH DARÜBER DISKUTIEREN, WER DIE SCHULD FÜR DIESES ASSOZIALE VERHALTEN HAT?
Ich habe Ihnen jetzt zu diesem Thema nichts mehr zu sagen.

Sa., 11.10.2014 - 08:44 Permalink
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Michael Bockhorni Sa., 11.10.2014 - 10:19

Antwort auf von Susanne Wachter

diese phänomen (gutgehender arbeitsmarkt zieht arbeitssuchende aus ärmeren regionen an) existiert schon einige hundert jahre und hat auch viele südtiroler_innen woanders hingezogen/gedrängt. ich hoffe ich habe in meinen kommentaren deutlich genug das verhalten verurteilt. erklärungen von ursachen sind nicht entschuldigungen und deswegen brauchen sie sich dieses asoziale verhalten nicht gefallen lassen (was ja in keinem kommentar gefordert wurde). aber ich denke sie sind in ihrem eigenen (geschäfts)interesse an lösungen interessiert und dafür braucht es u.a. verständnis für ursachen.

Sa., 11.10.2014 - 10:19 Permalink
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gorgias Sa., 11.10.2014 - 10:35

Antwort auf von Michael Bockhorni

Ehrlich gesagt glaube ich braucht Frau Wachter kein Verständnis für die Ursachen. Es ist auch nicht ihre Aufgabe diese zu lösen und es wird ihr auch nicht wirklich weiterhelfen diese assozialen Penner loszuwerden.
Dieses Geschwafle über Ursachen und Verständnis sind ein Luxus den sich nur jene leisten können die von so was nicht direkt betroffen sind. Soll jetzt jemand in so einer Situation zum Hobby-Sozialarbeiter und -Psychotherapeuten werden um hier weiter zu kommen?

Sa., 11.10.2014 - 10:35 Permalink
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Susanne Wachter Mo., 13.10.2014 - 12:29

Antwort auf von Susanne Wachter

So Herr Bockhorni, jetzt sagen Sie mir was ich machen soll. Ich sitze im Büro und sehe durch das Fenster den Typen, der letzte Woche meinen Mitarbeiter angespuckt hat, uns gedroht hat und uns Schaden angerichtet hat. Er bettelt unberührt an den Kassenautomaten Leute um Kleingeld an.
Polizei hab ich gerufen - sie haben gerade keinen Einsatzwagen bereit.
volontarius habe ich angerufen - sie sagen mir, dass diese Gruppe von Menschen hier in Meran bekannt sei. Es handelt sich um Leute aus dem Osten, die keine Obdachlosen im herkömmlichen Sinne sind und die sich in Meran gewollt angesiedelt haben.
Sie haben zuhause Immobilien und haben das Betteln als Beruf gewählt!!!
WAS SOLL ICH TUN???

Mo., 13.10.2014 - 12:29 Permalink
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Michael Bockhorni Mo., 13.10.2014 - 21:04

Antwort auf von Susanne Wachter

wenn ich sie richtig verstehe, dann geht es Ihnen um Konsequenzen für das Verhalten dieser Personen Ihnen und Ihren Mitarbeiter gegenüber. Dafür ist die Polizei zuständig und wenn diese Personen sich in Meran angesiedelt haben, dann sollte es für die Polizei auch kein Problem sein einzuschreiten, wenn sie einen Einsatzwagen bereit haben. Wenn es um ein gedeihliches Miteinander geht, kann man z.B. so eine Verhaltensfibel wie in der Meraner Partnerstadt Salzburg verteilen: http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Salzburg-So-muessen-sich-Bettler…

Mo., 13.10.2014 - 21:04 Permalink
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Michael Bockhorni Sa., 11.10.2014 - 10:50

Antwort auf von gorgias

wer die kommentare genau liest, wird a) lesen, dass es verständnis für den ärger von fr. wachter gibt, b) dass es NICHT ihre aufgabe, sondern die der politik und der sozialarbeit sowie der carabinieri ist diese zu mildern bzw. zu lösen und c) das dieses "geschwafel" aus der direkten arbeit mit den betroffenen herrührt. aber manchmal beschleicht mich der eindruck, dass man nicht verstehen will - übrigens kenn ich das auch von der "anderen" seite, die sich asozial verhält und nicht versteht warum die leute dann sauer auf sie sind.

Sa., 11.10.2014 - 10:50 Permalink
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Nord licht -r Do., 09.10.2014 - 23:38

zeit zum reden, zeit zum ausreden. die fehlt ja schon den kindergärtnerinnen mit den kleinsten und den lehrern mit den größeren in der schule. gesprächskultur muss gefördert werden.
ich kann Herrn Katz nicht oft genug posten ...

http://youtu.be/KTvSfeCRxe8
übersetzt : https://www.ted.com/talks/jackson_katz_violence_against_women_it_s_a_me…

und der Beitrag betrifft nicht nur gewalt an frauen, sondern einfach alle schwächeren, aus der Sicht des dominierenden.

Do., 09.10.2014 - 23:38 Permalink