Alessandra Riccardi
Foto: Screenshot/Youtube/M5sParlamento
Politik | Parteiwechsel im M5S

Verglühende Sterne

Die Regierung Conte verliert ihre Mehrheit im Senat.
Sympathien für Matteo Salvini hat die Turiner Anwältin Alessandra Riccardi schon öfter durchschimmern lassen. Am Dienstag vollzog die Senatorin den Parteiwechsel von der Fünf Sterne- Bewegung zur Lega. Damit verliert die Regierung Conte ihre absolute Mehrheit im Senat. Gleichzeitig kehrte auch in der Kammer die Abgeordnete Alessandra Ermellino dem M5S den Rücken und wechselte in die gemischte Fraktion. Ihre Begründung: "Il movimento è diventato uno spazio privo di confronto e competenza, dove il rispetto delle regole e dei valori, che ci avevano illusi che un cambiamento fosse finalmente possibile, sono state calpestate dalle aspirazioni personali." Einige Parlamentskollegen verweisen auf einen anderen Beweggrund ihrer Entscheidung: "È in ritardo con le restituzioni – ferma a giugno 2019." In Kammer und Senat haben bereits 34 Parlamentarier die Bewegung verlassen. Und
bereits in wenigen Tagen will das Schiedsgericht bis zu zehn Parlamentarier ausschliessen, die ihre Pflichtbeiträge nicht bezahlt haben. In der Bewegung der selbsternannten Weltverbesserer zeigen sich wachsende Animositäten und bedrohliche Risse. Nicht nur in der Basis, sondern auch an der Spitze. Davide Casaleggio, Sohn des Mitbegründers, nimmt Alessandro Di Battista in Schutz, der sich um die Führung der Bewegung beworben hatte und von Beppe Grillo abgekanzelt worden war.  Während Casaleggio  Di Battista zum alleinigen Vorsitzenden der Bewegung machen will, schlägt sich Beppe Grillo für ein Team - eine Art Politbüro.
 
Im Partito Democratico beobachtet man den Streit mit wachsender Sorge. Dort wächst die Besorgnis darüber, dass die Bewegung bei den bevorstehenden Regional- und Gemeindewahlen ein Bündnis mit dem PD verweigert. Parteichef Zingaretti: "Rischiamo di regalare mezza Italia a Salvini." In Ligurien, wo schon lange an einer Allianz gebastelt wird, tritt man auf der Stelle. In Venetien, Ligurien, Apulien und in den Marken liegt das Rechtsbündnis in Umfragen klar vorne. 
Der Streit an der Spitze belastet das Klima in der Bewegung zusehends. Eine Einigung zwischen den Fronten ist nicht in Sicht. In der Regierungskoalition wächst gleichzeitig auch die Kritik an Premier Conte: zu viele Ankündigungen, zu wenig konkrete Taten.

 

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Karl Trojer Do., 25.06.2020 - 10:00

Meines Erachtens wäre es höchst an der Zeit, den Parlamentarien den Partei- bzw. Fraktionswechsel während einer Legislaturperiode zu verbieten. Schließlich betrügen sie mit ihrem Wechsel ihre Wähler und sie tragen wesentlich zur Instabilität des Staates bei.

Do., 25.06.2020 - 10:00 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.06.2020 - 10:08

Antwort auf von Karl Trojer

Dem stimme ich zu; derselbe Gedanke ist mir beim Lesen auch gekommen: ich gebe jemandem meine Stimme, und der wechselt dann mit MEINER Stimme zur Lega: das ist Betrug am Wählerwillen.
Zudem verführt die Möglichkeit des Parteiwechsels eines gewählten Mandatars zum (politischen) Kauf von Personen - wie beim Fussball.

Do., 25.06.2020 - 10:08 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 13:14

Antwort auf von Peter Gasser

Laut art. 67 der italienischen Verfassung vertritt der Parlamentarier die Allgemeinheit (la Nazione) und nicht jene die ihn gewählt haben oder die Fraktion oder Liste die er (anfänglich) angehört hat. Somit ist das freie Mandat quasi das Kernstück einer parlamentarischen Demokratie.

Do., 25.06.2020 - 13:14 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.06.2020 - 13:20

Antwort auf von gorgias

... die “italienischen Parlamentarier vertreten die Allgemeinheit”, und er sei “nur an sein Gewissen gebunden”?
.
Gorgias, heute ist nicht der 1. April, also verzichten Sie aufs Scherzen.
.
oder: an wen ist er denn gebunden, wenn er nun aber KEIN Gewissen (wie die meisten) habe?

Do., 25.06.2020 - 13:20 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 14:50

Antwort auf von Peter Gasser

Es tut mir leid wenn Sie nur Hohn für die italienische Verfassung übrig haben, aber wir leben in einem Rechtsstaat und nur weil einige meinen mit ihren moralischen Urteilen gewählten Personen die demokratische Legitimation abzusprechen zu können, wird man für sie nicht die Grundsätze der freiheiltich demokratischen Rechtsordnung über Bord werfen.

Und nein, es ist nicht der 1. April, obwohl mir bei Ihnen manchnal vorkommt, dass die fünfte Jahreszeit nicht klar abgegrenzt ist.

Do., 25.06.2020 - 14:50 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 17:17

Antwort auf von Peter Gasser

Ist das jetzt Ihr verspäteter Aprilscherz oder wollen Sie mal mit sachlichen Argumenten kommen anstatt in der zweiten Runde über ad personam zu plärren?

Und wenn Sie art. 67 der italienischen Verfassung nicht ernst nehmen oder verstehen wollen ist das eine Sache aber dann nicht auch noch behaupten Sie sprechen nicht über die italienische Verfassung kann ich nicht mehr ernst nehmen.

Do., 25.06.2020 - 17:17 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.06.2020 - 17:28

Antwort auf von gorgias

Nachfrage: wo und wann habe ich mich zur italienischen Verfassung geäußert?
Bitte seien Sie konkret, nennen Sie Ort und Zeit des Kommentars und zitieren Sie mich (und verzichten auf alles andere ablenkende Beiwerk).
Andernfalls lassen Sie es einfach gut sein.
Also: bitte konkret das Zitat, wo und wann ich mich zur italienischen Verfassung geäußert habe. Und kein Drum-Herumgerede.
Diesen langweiligen Refrain, den Sie in JEDER Diskussion verwenden (“... oder wollen Sie mal mit sachlichen Argumenten kommen anstatt in der zweiten Runde über ad personam zu plärren”) können Sie doch bitte im Bad beim Rasieren singen... das ist doch öde, warum JEDESMAL dieses längst angeprangerte Spiel, das hier keiner mag:

https://www.salto.bz/de/article/13062020/baerendienste-und-der-biederme…

Do., 25.06.2020 - 17:28 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 19:10

Antwort auf von Peter Gasser

>... die “italienischen Parlamentarier vertreten die Allgemeinheit”, [...]
.
Gorgias, heute ist nicht der 1. April, also verzichten Sie aufs Scherzen.<

das haben Sie geantwortet auf:
>Laut art. 67 der italienischen Verfassung vertritt der Parlamentarier die Allgemeinheit (la Nazione)<

Do., 25.06.2020 - 19:10 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.06.2020 - 19:36

Antwort auf von gorgias

In der Theorie und auf dem Papier, ja, schön.
Nur ist es in der Praxis eben nicht so: siehe den neschämenden gelebten italienischen Politikbetrieb.
Die Aussage ist, nicht bezogen auf die geschriebene Verfassung, sondern auf das, was der wirkliche Politikbetrieb daraus macht, ein Scherz.
Sie müssen dem ja nicht beistimmen und dürfen die italienische Politik als das Bestmögliche halten, das sei Ihnen ja unbenommen.
Wer das so sieht, sagt ja auch viel über sich selbst aus - fast möchte man meinen, Sie verteidigen sich hier selbst...

Do., 25.06.2020 - 19:36 Permalink
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gorgias Fr., 26.06.2020 - 02:32

Antwort auf von Peter Gasser

>In der Theorie und auf dem Papier, ja, schön.<
Das ist das Prinzip und die Natur des Amtes und alles was für das Argument zählt, dass es für Mandatare legitim ist, die Fraktion zu wechseln, weil Sie sich eben nicht an einem vermeintlichen Wählerwillen zu richten haben, da Sie nicht die Vertretung jener sind von denen Sie gewählt wurden oder auf welchen Liste kandidiert wurde oder der Fraktion der man sich anfangs entschieden hatte beizutreten, sondern von der Allgemeinheit.

Fr., 26.06.2020 - 02:32 Permalink
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gorgias Fr., 26.06.2020 - 17:40

Antwort auf von Peter Gasser

Der Diskurs ist als eine Antowort
auf Karl Trojer 25.06.2020, 10:00 und ihre Zustimmung in Peter Gasser 25.06.2020, 10:08 gestartet in dem Sie zustimmen, dass der Fraktionswechsel verboten werden sollte, da er Verrat am Wählerwillen sei.

Ich möchte nochmals dazu anfügen, dass dies nichts mit dem politischen Auftrag zu tun hat, dass ein Parlamentarier ein freies Mandat erhält mit dem er die Allgemeinheit vertritt.

Was Sie hier als Praxis bezeichnen ist für diese Prinzip irrelevant. Und weiter vertehe auch nicht, was sich am Verhalten des On. Sgarbi bessern würde, wenn er Formal zu der Fraktion noch gehören würde mit der er für die Wahlen angetreten ist.

Fr., 26.06.2020 - 17:40 Permalink
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Manfred Gasser Do., 25.06.2020 - 10:37

Antwort auf von Karl Trojer

Genau, und wenn sich ein/e Parlamentarier/in sich nicht mehr mit der Richtung der Partei/Bewegung, mit der er/sie gewählt wurde, identifizieren kann, einfach zurücktreten. Und sollte Sympathien für eine andere Fraktion im Parlament da sein, bei der nächsten Wahl bei dieser kandidieren, dauert erfahrungsgemäß in Italien eh nie so lange.

Do., 25.06.2020 - 10:37 Permalink
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Manfred Gasser Do., 25.06.2020 - 15:32

Antwort auf von gorgias

Genau das ist Teil des Problems, ich darf sie mit bestem Gewissen wählen, und die können ihr Gewissen im Klo runterspülen, einmal Wasser ziehen, und weiter geht's, vollkommen gewissenlos. Und ich sitze zu Hause mit meiner Entscheidung in bestem Gewissen, und könnte kotzen.

Do., 25.06.2020 - 15:32 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 17:25

Antwort auf von Manfred Gasser

Sie geben mir den Eindruck als ob Ihre Stimme die demokratische Legitimierung konstituiert und nicht die Gesamtheit der Wählerstimmen. Sie können für sich aber nicht für alle andere sprechen.
Dass man als Wähler enttäuscht sein kann ist möglich, aber wie gut haben Sie sich auf die Wahl vorbereitet und wie gut ist die Kenntnis des politischen Systems dass Sie dermaßen enttäuscht sein konnten?

Do., 25.06.2020 - 17:25 Permalink
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Manfred Gasser Do., 25.06.2020 - 19:09

Antwort auf von gorgias

Ich spreche nur für mich! Nicht für Sie und nicht für eine politische Partei. Und ich bin nicht vom politischen System an sich enttäuscht, sondern was die italienische Politik daraus gemacht hat, von den politischen Parteien, und deren Interpreten. Denn das politische System ist sicher nicht der Grund, dass in Italien in einem Monat mehr Parlamentarier die Fraktion wechseln, als in der BRD seit dessen Gründung. Da kommt es auf die Interpreten an, und deren moralischen und ethischen Grundeinstellung zur repräsentativen Demokratie.
Ach, noch was, man muss sich auf Wahlen nicht vorbereiten, es reicht zwischen den Wahlen mit offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen. So vermindert man auch das Risiko der Wahlkampfmanipulation

Do., 25.06.2020 - 19:09 Permalink
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gorgias Fr., 26.06.2020 - 02:38

Antwort auf von Manfred Gasser

>Denn das politische System ist sicher nicht der Grund, dass in Italien in einem Monat mehr Parlamentarier die Fraktion wechseln, als in der BRD seit dessen Gründung. Da kommt es auf die Interpreten an, und deren moralischen und ethischen Grundeinstellung zur repräsentativen Demokratie.<

Hier wird als gegeben hingenommen, dass die Häufigkeit des Fraktionswechsels ein Kriterium für die "moralische und ethische Grundeinstellung zur repräsentativen Demokratie" sein soll.

Fr., 26.06.2020 - 02:38 Permalink
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Peter Gasser Fr., 26.06.2020 - 09:01

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Wie schön Sie konkreten Fragen stets ausweichen bzw. diese unbeantwortet lassen. Sind Sie etwa selbst Politiker?
Was denken Sie also(nicht “raten”, Ihr Denken bzw. Ihre Ansicht dazu waren gefragt), warum das so ist?
Das ist jetzt wichtig.

Fr., 26.06.2020 - 09:01 Permalink
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Manfred Gasser Fr., 26.06.2020 - 09:12

Antwort auf von gorgias

@gorgias
Sie sollen nicht raten, sondern Ihre Meinung zum häufigen Fraktionswechsel im italienischen Parlament darlegen. Für mich ist es einfach das Spiegelbild der italienischen Gesellschaft.
@Peter Gasser
Ich würde Sie bitten dieses Reingegrätsche zu unterlassen, ich versuche gerade eine halbwegs normale Diskussion zu führen, was Ihnen mit Gorgias bekannterweise nicht leichtfällt. Danke

Fr., 26.06.2020 - 09:12 Permalink
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gorgias Fr., 26.06.2020 - 18:06

Antwort auf von Manfred Gasser

Es ist den Umständen der Parteienlandschaft geschuldet. In Deutschland hat sich bald ein 2 1/2 Parteiensystem entwickelt, das die längste Zeit der bundesrepublikanischen Geschichte bestanden hat. Und zwar der 5%-Hürde.
Parteien waren also immer entscheidend, ob man die Möglichkeit hatte sich wiederzukandidieren. In Italien ist das relativ einfach sich abzuspalten und eine realistische Chance zu haben neu Kandidieren zu können.
Seit der Konsolidierung auf das 21/2-Parteinsystem haben nur drei Parteien in Deutschland geschaft die 5%-Hürde zu knacken. Alle anderen sind relativ Bedeutungslos.

Da es in Deutschland ein Wahlrecht gab, das Kleinstparteien und Absplitterung bestrafte, waren Parlamentarier mehr dazu gedacht sich ihre Position intern zu verbessern. Parteien die schon länger bestehen entwickeln langfristige Strukturen in denen man sich hocharbeiten muss und Quereinsteiger und Überläufer werden in der Regel nicht gerade mit offenen Aufgenommen. Das führt zu weiteren Stabilisierung des Systems, da eine Partei eine gewisse Garantie geben kann, dass man als aktives Mitglied sich hocharbeiten kann und früher oder später auch aufgestellt werden kann. In Italien ist das nicht so, da es keine stabilen Parteien gibt und diese in so einem System zu bilden ist schwer. In Italien sind somit Parteien und oft auch mehr Listen, denn um Italien zu Kandidieren braucht es keine Partei sondern genügt eine Liste zu Stellen und das führt zu mehr oder weniger kurzfristige Wahlzweckbündnisse.

Fr., 26.06.2020 - 18:06 Permalink
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Manfred Gasser Sa., 27.06.2020 - 11:27

Antwort auf von gorgias

Sehr gute Argumentation. Aber auch hier stellt sich wieder die Frage, warum das so ist. Und hier kommen für mich wieder die Gesellschaft und die Parteien ins Spiel. Wir, die Gesellschaft, und wir, die politischen Akteure, haben es in Italien die letzten 70 Jahre nicht geschafft, die repräsentative Demokratie auf solide Beine zu stellen, und die Resultate sieht man im politischen Alltag des Stiefelstaates.

Sa., 27.06.2020 - 11:27 Permalink
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gorgias Sa., 27.06.2020 - 12:10

Antwort auf von Manfred Gasser

Oft werden bestimmte Entscheidungen am Anfang getroffen, die sich dann schwer rückgängig machen lassen. So versucht man in Deutschland und Österreich seit mindestens 20 Jahren eine Föderalismusreform durchzuführen, doch es scheitert daran, dass die Länder ihre Kompetenzen nicht abgeben wollen. So braucht es in beiden Ländern für viele Bereiche in denen der Bund besser entscheiden könnte entweder eine Einheitsentscheidung der Bundesländer oder es kommt zu einer Fleckerlteppichlösung (wie man das gerne auf der anderen Seite des Brenners bezeichnet). In Östereich gibt es eine zweite fast unbedeutende Kammer, den Bundesrat von der man nie was hört, sich aber irgendwie nicht abschaffen lässt. Und wir sind Teil einer Region, die man hätte schon vor 30 Jahren abschaffen können, weil deren Kompetenzen so dünn sind.

So hat sich in Italien eine bestimmte politische Kultur etwabliert, weil eben diese vom Wahlgesetz begünstigt wurde im Gegensatz zu anderen Ländern, wo eben es sich anders konsolidiert hat und nur, wenn überhaupt über längere Zeit sich ändert.

Sa., 27.06.2020 - 12:10 Permalink
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gorgias Sa., 27.06.2020 - 17:52

Antwort auf von Manfred Gasser

Das politische System Italiens ist nur bedingt Spiegel der Gesellschaft, da ein politisches System eine Eigendynamik besitzt. Ein konsolidiertes Pareiensystem ist zu bevorzugen, da es zu mehr Stabilität, Klarheit und Kontinuität verhilft.
Das Fehlen dieses schafft für den Bürger, der sich in der Kakophonie des politischen Diskurs schwer zurecht findet, Desorientierung und Frust, und zur Folge ist offener für Protest und Experimente in der Hoffnung nach einem Ausweg.
Dass sich das Phänomen des trasformismo besonders deutlich bei einer Bewegung wie dem M5S auftritt das sich ihr politsiches Personal quasi von der Straße rekrutiert, ist für mich erwartbar gewesen und stellt in keinster Weise eine Entäuschung in diesem Sinne dar.

Sa., 27.06.2020 - 17:52 Permalink
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Peter Gasser Sa., 27.06.2020 - 18:00

Antwort auf von gorgias

Meinerseits sehe ich, dass sich der Bürger in “der Kakophonie des politischen Diskurses” sehr wohl und gut zurechtfindet; es sind die Selbstdarstellung, die Selbstbedienung, teils die Unvernunft und die Ergebnislosigkeit im Diskurs der politischen Akteure, welche Frust erzeugen.

Sa., 27.06.2020 - 18:00 Permalink
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Manfred Gasser Sa., 27.06.2020 - 18:47

Antwort auf von gorgias

Ich muss Ihnen im Punkt des konsolidieren Parteiensystem recht geben, und auch was die "Kakophonie" betrifft, ist es schwer zu widersprechen. Aber was den sogenannten "trasformiso" betrifft, bin ich nicht ganz Ihrer Meinung. Natürlich war es beim M5S absehbar, aber nicht so sehr wegen der Strassenrekrutierung, eher wegen der nicht realistischen "contro tutto e tutti"-Grundausrichtung dieser Bewegung. Das so keine politische Arbeit möglich ist, hätte sogar Grillo e compagnia bella verstehen müssen. Aber das Problem liegt doch tiefer, viel tiefer. Meiner Meinung nach ist grundsätzlich ein italienischer Politiker offener, sich aus Machtgier - oder Hunger zu transformieren, als in anderen Parlamenten in Europa. Aber warum ist das so? Einfach nur weil es in Italien auf Grund der von Ihnen genannten Listen und Abspaltunen seit Jahrzehnten leichter fällt, oder gibt es ein grundsätzliches demokratie-politisches Problem im italienischen Politikbetrieb?
P. S. Noch eine Bitte hätte ich.
Ich vermisse in den meisten Ihrer Kommentare Ihre eigene Meinung, oder besser Ihren persönlichen Punkt der Dinge. Solange Sie schreiben " ist zu bevorzugen", und ähnliches, erinnern Sie mich irgendwie an meinen früheren Professor, der es sehr gut verstand, sich zu artikulieren, aber grosse Probleme hatte, sich zu positionieren. Danke

Sa., 27.06.2020 - 18:47 Permalink
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gorgias So., 28.06.2020 - 00:35

Antwort auf von Manfred Gasser

Als erstes möchte ich darauf hinweisen, dass der Begriff Machtgier nicht sinnvoll ist, da er eine moralische Bewertung miteinschließt, die a priori den Politikbetrieb aburteilt. Ohne Machtwillen oder Machtorientierung hat jemand nicht die Mittel politisch zu gestalten und bleibt wirklungslos. Ohne Macht funktioniert Politik nicht.
Dass diese Machtorientierung bei italienischen Parlamentarien größer ausgebildet sei als vergleichweise in Deutschland oder Österreich stelle ich entschieden in Frage. Und auch dass das eindimensional angeführte Kriterium des häufigeren Fraktionswechsels als Beleg dafür herhalten soll. Dafür möchte ich als Beispiel auf dem Fall hinweisen, dass in Deutschland sich die Grünen als dezidiert pazifistische Partei für Kriegseinsätze ausgesprochen haben zu gunsten der Staats- und Parteiräson und um die rotgrüne Regierungskoalition zu retten. In Italien wären viele einfach aus der Partei ausgetreten und entweder anderen linkspazifistischen Fraktionen beigetreten bzw. hätten eine neue Partei gegründet mit der sie aussichtsreich an den nächsten Wahlen teilgenommen hätten. In Deutschland wäre so eine Aktion sehr wahrscheinlich das Ende der politischen Karriere für jene gewesen. Da das etablieren einer neuen Parlamentsfraktion quasi als historisches Ereignis der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte zu betrachten ist. Zu Behaupten, dass die Grünen in Deutschland "machthungriger" wären als jene in Italien würde ich zurückweisen, denn die politischen Kosten eines Parteiaustritt sind sowohl im Guten als auch im Schlechten in Italien geringer und deswegen häufiger. Für das Austreten der Grünen aus der Kolation wären diese für unabsehbare Zeit als regierungsunfähig abgestempelt worden. - Stabilität hat somit auch seinen Preis.

P.S.
Sie haben mich nach dem häufigen Fraktionswechsel gefragt und ich habe Ihnen dafür die Gründe genannt und Zusammenhänge aufgezeigt, die ich für relevant halte. Ich stelle Ihre Aussagen wie:
>Für mich ist es einfach das Spiegelbild der italienischen Gesellschaft.<
>Denn das politische System ist sicher nicht der Grund, dass in Italien in einem Monat mehr Parlamentarier die Fraktion wechseln, als in der BRD seit dessen Gründung. Da kommt es auf die Interpreten an, und deren moralischen und ethischen Grundeinstellung zur repräsentativen Demokratie.<
grundsätzlich in Frage, solange Sie diese nicht versuchen zu belegen.
Ich habe meines Erachtens meine Position schon in der vorhergehenden Posts klar dargestellt und wenn Sie meine Meinung nicht erkennen können, kann ich Ihnen ab spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr weiter helfen.

So., 28.06.2020 - 00:35 Permalink
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Manfred Gasser So., 28.06.2020 - 21:34

Antwort auf von gorgias

"Als erstes möchte ich darauf hinweisen, dass der Begriff Machtgier nicht sinnvoll ist, da er eine moralische Bewertung miteinschließt, die a priori den Politikbetrieb aburteilt". Genau das war meine Intention.
"Ohne Machtwillen oder Machtorientierung hat jemand nicht die Mittel politisch zu gestalten und bleibt wirklungslos. Ohne Macht funktioniert Politik nicht." Da bin ich ganz anderer Meinung. Wenn jemand mit der Prämisse von "Macht ist geil" Politiker wird, ist das der perfekte Start in ein korruptes System, wie man es leider immer öfter zu finden scheint. Für mich sollte ein Politiker Lust am mitgestalten mitbringen, nicht Lust auf Macht.
Was die Grünen in Deutschland betrifft,denke ich persönlich, dass die Zustimmung zu Kriegseinsätzen ein historischer Fehler war. Nach der knappen Abstimmung der Grünen dafür, hätte ich eine Abspaltung gut verstanden. Und wie Sie richtig schreiben, wäre das wahrscheinlich das politische Ende für die Abspalter gewesen.
Aber zurück zum Thema. In Italien wäre jede Partei daran zerbrochen, da es eben politisch viel leichter ist, und vom Wähler besser aufgenommen wird, eine neue Liste/Fraktion zu bilden. Und natürlich hat Stabilität seinen Preis, und genau den wollen, oder müssen italienische Parlamentarier nicht bezahlen, da sie bei wichtigen und richtungsweisenden Entscheidungen lieber ihre Partei verraten, als ihre Klientel.

P. S. Eine persönliche Meinung muss man nicht belegen. Ich stelle keine Thesen, keine unumwändliche Dogmen auf, ich schreibe einfach was für mich wichtig und richtig ist, und wenn mich jemand vom Gegenteil überzeugen kann, mir neues vermitteln kann, werde ich dankend annehmen. Und ich muss sagen, Ihre Darstellungen haben mich zum Denken gebracht, und genau deshalb bin ich hier.
Ich habe die Position verstanden, die Sie hier vertreten, aber ist das auch Ihre persönliche Meinung?

So., 28.06.2020 - 21:34 Permalink
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gorgias Mi., 01.07.2020 - 22:16

Antwort auf von Manfred Gasser

Ich habe auch nicht von Machtgier oder Machtlust gesprochen sondern von Machtorientierung und Machtwillen. Dass die Lust am Gestalten notwendig ist und Macht kein Selbstzweck sein sollte, sollte eigentlich aus dem vorhergehenden Zeilen herausgenommen werden.
Machtwille bedeutet, dass jemand nicht scheut Macht zu erlangen und Machtinstinkt, dass er weiss wie weit er gehen kann ohne dass er sein politisches Kapital verspielt. Ohne diese Eigenschaften hat jemand vieleicht das Zeug zum Märtyrer oder zum Gutmenschen (Im Sinne von Gut gemeint ist das Gegenteil von Gut) aber viel positives wird er im Politikbetrieb nicht erreichen. Macht sollte auch Verantwortung nicht ausschließen und Macht soll kein Selbstzweck sein.

Übrigens war das knappe Abstimmungsergebnis der Grünen eine Inszenierung. Man hatte sich Fraktionsintern entschieden für den Einsatz abzustimmen aber ausgelost wer dann offiziell für den Einsatz stimmen musste. Nur eine Person hat sich dagegen geweigert und kategorisch dagegen abgestimmt.

Meine Meinung ist, dass ich von Anti-Politik alla Grillini nichts halte. Dass eine pauschale Ablehnung des Politikbetriebs und die Phrase dass alle Politiker gleich seien nichts produktives beiträgt und dass Schwarzweissdenken höchstens einen selbst besser fühlen lässt aber sonst zu nichts gut ist.

Dass Deutschland und Österreich zwar ein weniger dysfunktionales politisches System haben, aber der Einzelne sicher nicht besser ist als in Italien. Wenn ich an Gerd Schörder denke der Putin bescheinigt hat ein lupenreiner Demokrat zu sein und dann eine Stelle bei GasProm erhalten hat und an Eva Glawischnig die be Novomatik eingestiegen ist. Und Kretschman der als Grüner einen felsenfesten Glauben an den sauberen Diesel hat. Wie Deutschland alles für seine Industrie tut die eigenen Bürger und Konsumenten verarscht und die EU-Partner mit einer rücksichtslosen Exportpolitik in wirtschaftlicher Enge bringt, dann sehe ich wirkliche keinen Unterschied.

Mi., 01.07.2020 - 22:16 Permalink
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gorgias Do., 25.06.2020 - 13:03

Ach gerieren Sie sich nicht so. Das gibt es doch auch in Österreich. Von Karl Heinz Gasser und Filippa Strache müssten Sie wohl auch mal was gehört haben.

Do., 25.06.2020 - 13:03 Permalink
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Karl Trojer Fr., 26.06.2020 - 09:49

Die parlamentarische Demokratie beruht auf Parteien, die Programme vertreten, an Hand welcher sie von den Bürgern gewählt werden. Ein Parlament ist ein Ort, in dem Inhalte, nicht Personen sich vergleichen und entscheiden. Deshalb, so meine ich, hat nicht das Gewissen des einzelnen Parölamentariers Vorrang sondern der Wille der Wähler; wer mit einer Entscheidung seiner Fraktion nicht einverstanden ist kann, kann sich der Stimme enthalten oder sein Mandat niederlegen. Anders wäre es bei einer reinen Direkt-Demokratie: diese basiert auf der Wahl von Persönlichkeiten und diese können ihre Stimme, frei nach ihrem Gewissen abgeben.

Fr., 26.06.2020 - 09:49 Permalink
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Klaus Griesser Fr., 26.06.2020 - 17:08

Antwort auf von Karl Trojer

Von einschlägigen Gerichtsurteilen her ist der parlamentarische Politiker nur seinem Gewissen verpflichtet, er darf daher Parteien wechseln, wenn ihm sein Gewissen das erlaubt. Klar dass Gewissen auch erkauft und erhandelt werden kann und auch oft wird. Demnach verpflichten die Parteiprogramme die Politiker nicht zu ihrer Einhaltung, abgesehen davon dass die sowieso unterschiedlich ausgelegt werden können und nur dem Wählerfang dienen. Leider erleben wir das auch mit dem M5S und der gute Conte steckt jetzt mit dem Umsetzen des vereinbarten Regierungsprogramms im Morast.

Fr., 26.06.2020 - 17:08 Permalink